Walzer der Liebe
Missbilligung, derweil wir die Treppe hinaufgingen.
„Zweifellos wird es dir Freude machen, das Gelände zu erkunden, Cousinchen. Ich hingegen werde keinen Augenblick darauf vergeuden. Mich interessieren nur die Menschen", verkündete sie überheblich. „Oh, Mr. Carlyle! Ich habe nicht erwartet, Sie hier zu sehen", rief sie, als wir die Halle betraten.
„Miss Langley", erwiderte er. Seine Stimme hatte so ausdruckslos geklungen, wie ihre begeistert gewesen war. „Lady Moreston und ... hm ... und so weiter."
Sein gleichgültiger Blick und der unüberhörbar gelangweilte Tonfall, als er „und so weiter" sagte, was gewiss auf Miss Mason und mich gemünzt war, amüsierten mich. Ich konnte keine Entrüstung über einen der berüchtigtsten Gentlemen des ton aufbringen. Im Gegenteil, ich bemitleidete ihn, da es bestimmt schwierig und zeitraubend war, sich unablässig Methoden auszudenken, wie man Gleichgestellte kränken konnte, nur um sich unbedingt den höchst fragwürdigen Ruf zu sichern, ein unerhörteres Verhalten als jeder andere an den Tag zu legen.
Mr. Carlyle begleitete uns in den Salon, wo wir Lady Beech gemeldet wurden. Ich erwärmte mich sofort für sie. Sie war sehr zierlich, hatte blonde Locken, die runden blauen Augen eines Kindes und ein Lächeln, das anzudeuten schien, sie habe den ganzen Tag nur darauf gewartet, uns zu sehen. Ich fand sie charmant, und mir fiel auf, dass selbst der hochmütige Mr. Carlyle ein Lächeln für sie übrig hatte.
„Verdammt, er ist nicht da!" murmelte Louisa nicht gerade leise, während sie sich in dem überfüllten Salon umschaute. Eine in der Nähe sitzende ältere Witwe drehte sich leicht zu ihr hin und hob nicht nur die Brauen, sondern auch den Kneifer an die Augen. Louisa ignorierte sie, gestattete mir jedoch, sie beim Arm zu nehmen und sie ein Stück beiseite zu führen.
„Wer ist nicht da?" fragte ich.
„Paul natürlich, du dumme Gans! Habe ich nicht erzählt, dass ich die Absicht habe, ihm den Kopf zu waschen, weil er uns die ganze Saison hindurch im Stich gelassen hat?"
Der Salon war mit der Londoner Elite angefüllt. Alle Gäste standen in verschiedenen Posen da, durch die sie ihre teure Kleidung am besten zur Geltung brachten. Inzwischen kannte ich die meisten von ihnen. Der geheimnisvolle Lord Bryce war indes nirgendwo zu entdecken.
„Vielleicht kommt er später", .erwiderte ich beschwichtigend und bemerkte, dass Louisa schmollend den Mund verzog und ihre Augen gefährlich aufblitzten. „Vergiss nicht, dass wir erst zum Nachmittag hergebeten wurden."
„Ich will Paul jetzt sehen!" entgegnete sie störrisch.
Am liebsten hätte ich sie geschüttelt. Und zwar heftig.
„Oh, da ist Cameron! Was in aller Welt... ? Ich dachte nicht, dass er hier sein würde. Hast du das gewusst? Ich wundere mich, dass er nicht mit uns hergefahren ist."
Ohne ein weiteres Wort ließ Louisa mich stehen und eilte zu ihrem Bruder. Ich schlenderte von einer Gruppe zur anderen und tauschte die üblichen Höflichkeitsfloskeln aus. Dabei drängte sich mir unwillkürlich die Frage auf, ob mein geheimnisvoller Briefeschreiber im Raum sei und mich vielleicht beobachte, um herauszufinden, ob ich ein Anzeichen der Beunruhigung oder des Unbehagens erkennen ließ. Insgeheim fragte ich Mrs. Boothby-Locke: Waren Sie das, Madam ? Oder vielleicht Sie, Mylady ? Oder Ihre Tochter, die mit mir in Gesellschaft debütiert hat und genau in diesem Augenblick missbilligend auf mein Kleid starrt?
Ich bewegte mich weiter und sah mich plötzlich einem jungen Gentleman gegenüber, der zwei Abende zuvor mit mir getanzt hatte. Eigenartig, dass er sich nicht an meinen Namen zu erinnern schien, auch nicht an den Anlass unserer Begegnung, und die nächsten Minuten damit verbrachte, mit mir zu plaudern, während er mir in dem verzweifelten Bemühen, jemanden - irgendjemanden - zu finden, der bedeutsamer war als ich, über die linke Schulter starrte. Ich entschuldigte mich, sobald mir das möglich war.
Ich war schon auf dem Weg zu den auf eine breite Terrasse führenden Türen, als jemand hinter mir etwas sagte. Ich schnappte nach Luft.
„Habe ich Sie erschreckt?" erkundigte Hugh Carlyle sich.
Ich drehte mich um, nicht sicher, ob er mit mir redete. Er war mir sehr nah und blickte mich von oben herab an. Ich überlegte, was er wolle, warum er sich die Mühe gemacht hatte, mich anzusprechen, und beschloss, meine Antwort sorgsam abzuwägen.
„Es kann Sie doch gewiss nicht überraschen, dass ich mich
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