Walzer der Liebe
Ständig hören zu müssen, dass ich nur meiner Mitgift wegen begehrenswert war, hob meine Stimmung nicht besonders, das kann ich Ihnen versichern.
„Aber du bist sehr wohlhabend. Du kannst jedoch beruhigt sein. Mir liegt nichts daran, weil ich selbst ein hübsches Vermögen besitze. Du kannst deines dazu verwenden, unseren Töchtern eine Mitgift zu geben."
„Was genau machen wir jetzt, und wann, mein Lieber?" wollte ich wissen. „Jetzt ist es für mich in Moreston House nicht sehr angenehm. Ich bin sicher, jedermann wird sich fragen, warum ich nicht abreise. Ich habe das schon vor einer Woche verlauten lassen."
„Du wirst nach Haus fahren. Bald. Ich bin nämlich aus Fleisch und Blut. Wahrscheinlich werden wir schon morgen imstande sein, alle in Moreston House zu versammeln. Es gibt noch das eine oder andere kleine Detail, mit dem ich mich erst befassen will. Wenn du es doch fertig gebracht hättest, dir von Louisa eine Handschriftenprobe zu beschaffen ..."
„Bist du so sicher, dass es sich bei dem Briefeschreiber um jemanden handelt, der in Moreston House lebt?"
„Es muss einer von den Bewohnern sein", antwortete Hugh. „Und ich möchte, dass du dieses Haus so schnell wie möglich verlässt. Und nun hör mir gut zu: Ich setze dich bald vor Moreston House ab, und du wirst nichts über die Ereignisse von heute Vormittag sagen. Steck den Ring an deine andere Hand, ehe jemandem auffällt, dass du ihn nicht mehr dort trägst. Ich werde mich bemühen, dich heute Abend bei Lord Marshalls Empfang zu treffen. Warum machst du ein so nachdenkliches Gesicht, Liebste?"
„Weil es mir Leid tut, dass wir heute Nacht getrennt sind", antwortete ich ehrlich.
„Mir auch", erwiderte Hugh und wandte sich mir zu. Der Aus druck in seinen Augen ließ mir den Atem stocken. Er war so eindringlich, dass ich das Gefühl hatte, Hugh habe die Hand auf meine gelegt. „Wir werden nicht wieder getrennt sein", versprach er. „Verlass dich darauf, dass ich dafür sorgen werde."
„Ich vertraue dir, Hugh, in allem", sagte ich, und meine Stimme hatte nur leicht gezittert. „Schließlich habe ich dich geheiratet, nicht wahr?"
Kurze Zeit später verließen wir den Park. Ich wunderte mich darüber, dass Hugh mich, abgesehen von dem zarten Kuss in der Kirche, nicht geküsst hatte. Als ich ihn schüchtern nach dem Grund fragte, verzog er das Gesicht.
„Wenn ich dich küsse, werde ich nicht damit aufhören können. Ich glaube, du hast mich verzaubert, Constance. In deiner Nähe traue ich mir nicht mehr. Im Gegenteil, ich fühle mich so unsicher wie ein Jüngling. Wer hätte je gedacht, dass eine aus dem Norden stammende Schönheit mit tizianrotem Haar imstande war, mich in einen Hasenfuß zu verwandeln? Ich bin nicht sicher, ob mir das gefällt."
„Oh! Ich habe nichts dagegen", erwiderte ich und streichelte Hughs Arm.
15. KAPITEL
Hugh und ich trafen vor Moreston House ein, als Cameron aus einer Droschke stieg. Er wirkte irgendwie verstört und bestand darauf, dass ich sofort mit ihm ins Haus ging. Hugh begleitete mich. Wir begaben uns in den Salon, und ich war überrascht, als ich meine Tante dort sah. Sie lag halb auf einem Sofa. Henrietta Mason wedelte einen Fächer vor dem Gesicht meiner Tante hin und her und hielt ein Riechfläschchen parat. Meine Tante stöhnte auf, als sie mich bemerkte, und schloss fest die Augen, sobald sie Hugh Carlyle neben mir entdeckt hatte.
„Weshalb hast du mich aus meinem Club herholen lassen?" fragte Lord Moreston.
„Es geht um Louisa, Cameron", lautete die matte Antwort. „Sie ist verschwunden!"
„Wohin ist sie verschwunden?" wollte er wissen.
„Ich habe keine Ahnung. Ihr Bett war unbenutzt. Auf diese Weise haben wir festgestellt, dass sie verschwunden ist."
„Wo ist ihre Zofe? Sie wird wissen, was das alles zu bedeuten hat."
Die betagte Zofe wurde gerufen, und meine Tante begann einen trübseligen Monolog. Ihr habe stets vor dem Tag gegraust, an dem Louisa etwas wirklich Unerhörtes tun und Schande über die Familie bringen würde. Warum hatte Gott sie mit einer so aufsässigen Stieftochter gestraft? Sie sei sicher, sich nie wieder in Gesellschaft blicken lassen zu können. Ihr Leben sei zu Ende, und sie wünsche sich, tot zu sein ...
Niemand wagte, diese Klage zu unterbrechen, doch mir fiel auf, dass meine Tante kein einziges Mal Besorgnis um Louisas Wohlergehen bekundete. Nein, ihre ganze Aufmerksamkeit galt allein ihr selbst. Bisher hatte ich nicht gemerkt, welch eigensüchtige
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