Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen
lächelnd.
„Was ist das? Ihr kennt euch?“, fragte Viscount Yalding verwirrt. „Warum hast du mir das nicht gesagt?“
„Nun, ganz klar, Fletcher, ich war selbst nicht drauf gekommen.“ Lucas streckte dem Duke die Rechte entgegen. „Rafe Daughtry! Mein Gott, wie lange ist das schon her? Als wir uns zuletzt sahen, marschiertet ihr gerade aus Paris ab, du und dein irischer Freund. Wie hieß er doch gleich? Ah, ja, Fitzgerald! Ein Haudegen! Kannte keine Angst! Es geht ihm gut?“
Langsam schüttelte Rafe den Kopf und schaute an dem Marquis vorbei zu den Damen, die gerade eintraten. „Wir haben ihn verloren. Er stand kurz vor der Verlobung mit meiner Schwester Lydia“, erklärte er gedämpft.
Lucas war es, als hätte man ihm einen Schlag versetzt, wie immer, wenn er vom Tod eines weiteren tapferen Soldaten erfuhr. Selbst ein Jahr nach dem Ende des Krieges kamen diese Schläge noch viel zu häufig. „Mein tiefstes Mitgefühl, Rafe. Mehr will ich nicht sagen.“ Er beeilte sich, seinen Freund Fletcher vorzustellen, ehe sie sich den drei Damen zuwandten.
Die drei, das waren Lady Lydia, Rafes junge Gattin Charlotte, die offensichtlich guter Hoffnung war, und natürlich Lady Nicole. Lucas neigte sich über die Hand der jungen Herzogin, dann schenkte er den jüngeren Damen ein strahlendes Lächeln. Zumindest hoffte er, dass er beide meinte, denn im Grunde hatte er nur Augen für Lady Nicole.
War sie am Nachmittag überaus reizvoll gewesen, so wirkte sie nun geradezu berückend. Er hatte ihr wunderbares Haar unbedeckt sehen wollen, doch auf die Wirkung dieser dichten, im neusten, sehr schlichten französischen Stil frisierten Pracht war er nicht gefasst gewesen. Wie ein Rahmen aus Ebenholz umgaben sie dieses perfekte Gesicht und betonten das tiefe Veilchenblau der Augen.
Ebenfalls schlicht war ihr pfirsichfarbenes Kleid, was man jedoch von dem Körper, den es umhüllte, keineswegs behaupten konnte. Über der hoch angesetzten, mit einer seidenen Schärpe gegürteten Taille zeichnete sich ein runder Busen unter der Seide ab, und die Schar der Sommersprossen oberhalb des züchtigen Dekolletés ließen ihn nur an eines noch denken – er wollte … musste unbedingt … würde irgendwann wissen, bis wohin sich diese zarten Male erstreckten.
Nachdem Wein für die Herren und Limonade für die Damen serviert worden, erzählte Rafe, wo und wie oft er und Lucas in Spanien einander begegnet waren. Er sprach leichthin und erwähnte nur heitere Episoden, wie etwa die Entführung eines Lebensmitteltransportes, der für den Feind bestimmt gewesen war. „Und Lucas hier“, betonte er lachend, „hat diesen Meisterstreich geplant und hat sogar deren Koch entführt. So gut haben wir da unten selten gegessen.“
„Wenn ich mich recht erinnere, hielten wir den Burschen damals den ganzen Sommer über fest“, sagte Lucas, „bis ich herausbekam, dass in einem Dorf in der Nähe seine Frau samt einem Dutzend Sprösslingen lebte. Da ließ ich ihn gehen. Aber ich habe seitdem nie wieder so gute Brathühnchen gegessen.“
Als der Butler schließlich verkündete, dass serviert sei, hatte die kleine Gesellschaft längst von jeder Förmlichkeit abgesehen, und so schritt man in außerordentlich heiterer Stimmung zu Tisch.
Während eine heiße, klare Suppe serviert wurde, sagte Nicole, den Löffel nehmend, bedeutungsvoll: „Auch Huhn! Tut euch keinen Zwang an. Lasst euch ruhig weiterhin nostalgisch über euren spanischen Koch aus.“
Fragend sah Lucas sie an. „Machen Ihnen diese kleinen Episoden keinen Spaß?“
„Doch“, erwiderte sie leise. „Nur wundere ich mich, dass Captain Fitzgerald dabei überhaupt nicht vorkommt.“
„Ihr Bruder war so freundlich, uns zu warnen“, erklärte er mit einem kurzen Blick zu Lydia, die sich an der anderen Seite der Tafel angeregt mit Viscount Yalding unterhielt.
„Ich finde, mein Bruder ist zu eifrig bemüht, Lydia zu schützen. Wie kann sie den Schmerz verarbeiten, wenn jedermann sie in Watte packt und ihr alles, was an Captain Fitzgerald erinnert, vorenthält? Ihn auf ein Podest zu erheben, ihn quasi zum Heiligen zu stempeln, wird weder ihr noch dem Captain gerecht. Er war aus Fleisch und Blut und sehr erdverhaftet. Und so, wie er war, wird sie ihn immer lieben, ihn nie vergessen, aber es ist an der Zeit, dass sie lächelt, wenn man von ihm spricht. Sie sollte ihn endlich nicht mehr nur als ihren Traumgeliebten sehen.“
Ein wenig verwundert sah Lucas sie an. Offensichtlich würde
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