Wandel
mich an, öffnete den Mund …
... und erbrach einen Schwall dunkles Blut, das sich rasch über ihr Kinn ausbreitete. Sie bebte, schwankte, erschlaffte, fiel zu Boden.
Vom Spielfeldrand her hörte ich Lea einen Schrei des Triumphs und der Erregung voller Lachen und Hohn ausstoßen.
Arianna wand sich auf den Lanzen aus Eis, die sie dutzendfach getroffen hatten. Die schwerste Verletzung stammte von einem armdicken Eiszapfen, der ihren Bauch durchbohrt und das Blutreservoir des unter ihrer Fleischmaske verborgenen Monsters zum Platzen gebracht hatte. Durch das reine, kristallklare Eis konnte man wie durch ein Prisma hindurch ihre Eingeweide betrachten.
Während sie dalag und verblutete, keuchte sie immer wieder ein Wort, das ich kannte, obwohl ich nicht wusste, welcher Sprache sie sich bediente. Arianna rief: „ Nein. Nein. Nein. Nein.“
Einen Augenblick lang stand ich über ihr. Immer noch rang sie verzweifelt darum, mir irgendeine Magie an den Kopf zu schleudern, aber die gefrorenen Speere quälten sie in einem Maße, das sie nicht kannte. Gegen diese Schmerzen vermochte sie nicht anzugehen. Ich starrte hinunter auf das Wesen, das meine Tochter geraubt hatte, und spürte …
Ich spürte eine kalte, ruhige Zufriedenheit, schneidend wie ein Blizzard aus Schnee und Eis, der um den Gewittersturm in meinem Innern fegte.
Arianna starrte mich an, aus Augen, die nichts mehr sahen, die nichts mehr verstanden. Dunkles Blut verschmierte ihr den Mund. „Vieh. Du bist V-Vieh“, sagte sie.
„Muh“, sagte ich. Ich hob die rechte Hand.
Ariannas Augen wurden womöglich noch größer. Keuchend stieß sie ein mir unbekanntes Wort hervor.
Aus den Augenwinkeln heraus sah ich, wie sich der Rote König von seinem weit entfernten Thron erhob.
Ich ließ alles in meine Hand fließen, was von meinem Zorn noch übrig war. „Niemand fasst mein kleines Mädchen an“, zischte ich.
Die Explosion aus Willen und Feuer riss einen ein Meter tiefen Krater von zwei Metern Durchmesser in das Erdreich.
Darin lag, alle viere von sich gestreckt, Ariannas kopfloser Leichnam.
Über die Ruinen der alten Stadt senkte sich Schweigen.
Ich wandte mich dorthin, wo der Rote König saß. Dort, wo bei einem Footballfeld die Zehn-Yard-Linie gewesen wäre, blieb ich stehen, um ihn anzusehen. „Nun gib mir Maggie“, rief ich.
Er starrte mich an, so ausdruckslos und entrückt wie ein meilenweit entfernter Berg. Dann grinste er und sagte in perfektem Englisch: „Wohl kaum.“
„Wir hatten eine Abmachung!“ Ich knirschte mit den Zähnen.
Er musterte mich mit mitleidslosem Blick. „Ich habe nie das Wort an dich gerichtet. Ein Gott spricht nicht mit Menschenkindern, die ihm wie Vieh sind, noch verhandelt er mit ihnen. Er benutzt sie und entledigt sich ihrer, wie er es für richtig hält. Du hast deinen Zweck erfüllt, und ich habe keine weitere Verwendung für dich – oder das heulende Kind.“
Ich zischte: „Du hast versprochen, ihr geschähe kein Leid.“
„Bis nach dem Duell!“ Die umstehenden Blutsauger kicherten auf kriecherische Art. „Jetzt ist nach dem Duell.“ Er wandte sich an einen der Jaguar-Krieger in seinem Gefolge: „Geh und töte das Kind.“
Ich hätte den Roten König fast erwischt, als der den Kopf drehte, um mit seinem Diener zu sprechen, aber irgendein Instinkt musste ihn in letzter Sekunde gewarnt haben. Der für ihn bestimmte Flammenblitz traf stattdessen den Jaguar-Krieger, zu dem er gesprochen hatte, blies dem Mann den Unterkiefer vom Kopf und setzte ihn in Brand. Laut schreiend stolperte er rückwärts, seine Monstergestalt befreite sich aus der Fleischmaske.
Der Rote König fixierte mich wutentbrannt: Der Druck seiner schwarzen Augen lastete mit all dem vernichtenden Gewicht der Ewigkeit auf mir. Eine Decke aus reinem Willen zwang mich in die Knie – aber nicht nur der Wille drückte mich zu Boden, sondern vor allem auch Schmerz, furchtbarer Schmerz, der nicht in meinem Körper entstand, sondern in meinen Nerven, in meinem Kopf, und dem gegenüber ich völlig hilflos war, weil ich nicht wusste, wie ich ihm begegnen sollte.
Ich hörte jemanden „Harry!“ rufen, sah die Maskierten, die neben dem Roten König oben auf dem Tempel standen, vortreten. Ein Schuss löste sich. Jemand schrie. Etwas bellte, und als ich aufsah, hatten meine Freunde und meine Patin sich auf die maskierten Herren der äußeren Finsternis gestürzt – mit schrecklichen Folgen. Sanya stand reglos da, mit finsterer Miene, Esperacchius
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