Wandel
Schlag, rief Wasser aus der Luft, das sich zu wogenden Kugeln verdichtete, die meine Blitze auffingen und in heißen, explodierenden Dampf verwandelten. Nach dem fünften oder sechsten Blitz konnte ich Arianna mit bloßen Augen nicht mehr sehen. Wohl aber sah ich hinter dem Dampf Energie in Bewegung. Arianna zog sich wieder hinter einen Schleier zurück und sprintete schnell wie ein Panther los, um mich erneut von hinten anzugreifen.
Was denn? Sie wollte es doch nicht wirklich zweimal mit demselben Trick versuchen?
Bei Duellen zwischen Magiern ging es nicht nur darum, mit verschiedenen Formen von Energie aufeinander einzuprügeln. Genauso wenig wie es bei einem Boxkampf ausschließlich darum ging, möglichst gezielt möglichst harte Schläge zu landen. Zu solchen Wettkämpfen gehört eine gewisse Kunst, ja Wissenschaft: Man versuchte, die Handlungen des Gegners vorauszusehen und entsprechend effe ktiv zu kontern. Noch ehe der Gegner zuschlug, musste man wissen, wie man auf welchen Angriff zu reagieren hatte, und in der Lage sein, im Bruchteil einer Sekunde zu reagieren und zurückzuschlagen. Ähnlich musste man auch die Verteidigung des Gegners analysieren und wissen, wie man sie durchbrechen konnte. Duelle unter Magiern wurden fast ausschließlich durch die Fantasie und die rohe Macht der Beteiligten entschieden.
Arianna hatte sich offensichtlich auf den Umgang mit meiner Lieblingswaffe Feuer gut vorbereitet, was durchaus in Ordnung war und ihre Schlauheit bewies. Aber die Nummer mit dem Verschwinden, um in meinem Rücken wieder aufzutauchen und mich hinterrücks anzugreifen, hatte sie nun schon einmal abgezogen und sich höllisch dabei verbrannt. Ein Magier mit einer gewissen Erfahrung hätte das nicht noch einmal versucht, musste sie doch davon ausgehen, dass sich ihr Feind auf diese Taktik eingestellt hatte und seine Reaktion diesmal gezielter und von daher erfolgreicher ausfallen könnte.
Arianna war eine erfahrene Killerin, hatte sich aber noch nie sozusagen mit bloßen Händen duellieren müssen, mit nichts als ihrer Magie als Waffe. Sonst hatte sie sich im Notfall immer auf ihre außerordentliche Schnelligkeit und Stärke verlassen können, ein nettes Schutzpolster für alle Fälle. Wenn ich es recht bedachte, wäre das keine schlechte Art gewesen, mich zu töten: einfach unbeirrt immer weitergehen, meine Angriffe abstreifen und gelegentliche Treffer einstecken, Hauptsache, man kommt nahe genug ran, um alles beenden zu können.
Nur durfte sie das hier und heute nicht tun und es fiel ihr sichtlich schwer, sich auf dieses Handicap einzustellen. Wenn es um eine gewisse intellektuelle Flexibilität ging, stellten sich die uralten Monster dieser Welt nie besonders geschickt an.
Statt ihr nun den Gefallen zu tun und brav an einem Fleck zu verharren, wie sie es wohl erwartete, weil ich es beim letzten Mal so gehandhabt hatte, schoss ich vor, in die Randgebiete des immer noch alles verbergenden heißen Dampfs. Das tat weh, aber wann bekam man schon mal etwas geschenkt? Ich nahm die Verbrennungen als Preis hin, den ich bei diesem Geschäft zu zahlen hatte. Mit zusammengebissenen Zähnen konzentrierte ich mich am Schmerz vorbei, spürte mit Hilfe meiner Sicht Arianna auf und wartete auf den richtigen Augenblick zum Angriff. Blieb nur zu hoffen, dass sie nicht auch über magische Sicht verfügte.
Anscheinend war das nicht der Fall. Oder sie machte sich nicht die Mühe, diese Fähigkeit einzusetzen, sondern verließ sich auf ihre überlegenen Sinne. Jedenfalls stellte sie erst, nachdem sie Position bezogen hatte, fest, dass ich im Dampf verschwunden war. Sie näherte sich vorsichtig, sammelte weitere Blitze in den hohlen Händen. Den Augenblick, in dem sie meine Umrisse ausmachte, erkannte ich an der Art, wie sie Luft holte, um das Wort zu sprechen, das diese Blitze freisetzen sollte.
„Infringa!“, zischte ich und schleuderte meinen Willen mit beiden Händen. „Infringa forzare!“
Die gesamte Wolkenbank aus Dampf in der Luft um mich herum verfestigte sich zu nadelspitzenscharfen Eisspeeren, die auf Arianna zuflogen wie Gewehrkugeln.
Sie trafen sie, als sie ihren Blitzschlag freisetzte. Der zerschmetterte einen der Speere und riss etwa sechs Meter von mir entfernt einen gut einen halben Meter breiten Graben auf.
Einen Moment lang stand Arianna reglos da, den Blick der weit aufgerissenen schwarzen Augen auf die Eissplitter und -lan zen gerichtet, die sich ihr tief ins Fleisch gebohrt hatten. Dann sah sie
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