Wandel
Hundemensch.
Ich ließ mir Zeit beim Essen. Dann bezahlte ich.
„Danke“, sagte ich.
Er nickte. „Glück.“
Ich stand auf, verließ die Kneipe und ging zurück zum Käfer, Mouse immer dicht neben mir, den Kopf erhoben, die Augen fest auf mein Gesicht gerichtet, damit ihm auch nichts von dem, was ich vorhatte, entging.
Ich erteilte meinen Gedanken strenge Anweisungen in Bezug auf die Richtung, die sie zu nehmen hatten. Ich musste mich in Acht nehmen, immer auf der Hut sein. Das Unwetter, das sich in meinem Inneren zusammenbraute, durfte auf keinen Fall losbrechen. Denn wenn ich eines ganz sicher wusste, dann das: Irgendwer, vielleicht Susan, vielleicht aber auch einer meiner Feinde, versuchte, mich zu manipulieren.
So oder so, Mac hatte recht.
Ich war auf dem Weg ins Ödland.
2. Kapitel
S usan kam gegen ein Uhr morgens.
Ich war von der Bar aus heimgefahren. Dort hatte ich mich auf direktem Wege in den Keller unter meiner Souterrainwohnung begeben, um mich der Zauberkunst zu widmen. Die hat nämlich zur Voraussetzung, dass man sich ganz und gar auf die Aufgabe konzentriert, die man sich gestellt hat. Also konzentrierte ich mich ein paar Stunden lang ganz und gar auf die Herstellung verschiedener Dinge, die mir in naher Zukunft vielleicht nützlich sein konnten. Als Nächstes kletterte ich die Leiter zu meiner Wohnung wieder hinauf und streifte meine Kampfringe über, von denen jeder aus drei ineinander verschlungenen Reifen bestand und die ich so verzaubert hatte, dass sie jedes Mal, wenn ich den Arm bewegte, ein klein wenig kinetische Energie speicherten. Eigentlich waren sie gut aufgeladen, aber da es nie schaden konnte, noch nachzulegen, drosch ich eine gute halbe Stunde lang heftig auf den Sandsack ein, der bei mir im Wohnzimmer in einer Ecke hing.
Ich duschte, putzte das Bad, bereitete mir eine Mahlzeit und hörte generell keine Sekunde lang auf, mich zu bewegen. Denn mit der Ruhe wären bestimmt die Gedanken gekommen, um sich in meinem Kopf einzunisten, und ich wusste nicht, wie ich mit ihnen umgehen sollte.
An Schlaf war nicht zu denken, das konnte ich mir gleich abschminken.
Also sorgte ich, wie gesagt, dafür, dass ich in Bewegung blieb. Ich räumte die Küche auf und putzte sie gründlich, ich badete Mouse und kämmte sein Fell aus. Ich räumte Wohnzimmer, Schlafzimmer und Bad auf, ich wechselte die Katzenstreu im Katzenklo meines Katers Mister. Ich kehrte den Kamin aus und ordnete die Sachen, die auf dem Kaminsims standen. Ich verteilte neue Kerzen zur Beleuchtung der Wohnung.
Erst nachdem ich ein paar Stunden lang so vor mich hingewirbelt hatte, wurde mir klar, was ich da tat: Ich wollte die Wohnung hübsch aussehen lassen, weil Susan kam. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.
Ich erwog gerade, auch Mister, der wie immer hoch oben auf meinem Lieblingsbücherregal thronte, noch ein Bad angedeihen zu lassen (die Überlegung allein trug mir einen starren Blick aus zusammengekniffenen Katzenaugen ein), als es höflich an der Tür klopfte.
Woraufhin mein Herz gleich höher schlug.
Als ich die Tür öffnete, stand Susan vor mir.
Sie war mittelgroß, also gut dreißig Zentimeter kleiner als ich. Sie hatte ein schmales Gesicht, das mit Ausnahme des Mundes fast kantig wirkte. Ihr Haar war dunkel und glatt, die Augen womöglich noch dunkler, und ihre Haut schimmerte tief gebräunt und kupfern, viel dunkler, als ich sie in Erinnerung hatte. Allem Anschein nach hatte sie abgenommen. Ich konnte die Sehnen und Muskeln unter der Haut an ihrem Hals erkennen, und ihre Wangenknochen traten noch deutlicher hervor als früher. Sie trug eine schwarze Lederhose, eine dazu passende Lederjacke und darunter ein schwarzes T-Shirt.
Sie schien keinen Tag gealtert zu sein.
Unsere letzte Begegnung lag inzwischen fast zehn Jahre zurück – in einem solchen Zeitraum veränderte sich ein Mensch doch. Vielleicht nicht immer drastisch, aber ein bisschen veränderte sich jeder, oder? Ein paar Pfund mehr hier und da, ein paar Falten, das eine oder andere graue Haar. Aber Susan hatte sich nicht verändert, keinen Deut.
Das gehörte dann wohl zu den netteren Nebenwirkungen, wenn man halb gewandelte Vampirin des Roten Hofs war.
„Hallo“, begrüßte sie mich leise.
„Hallo.“ Ich konnte ihr in die Augen sehen, ohne dass es einen Seelenblick ausgelöst hätte. Susan und ich hatten einander schon gesehen .
Sie senkte den Blick und schob die Hände in die Taschen ihrer Lederjacke. „Kann ich reinkommen, Harry?“
Ich
Weitere Kostenlose Bücher