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Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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hätte ich mich ja die Treppe hinunter in die Reportermenge rollen lassen können, die ein gewisses Maß an Schutz bot, aber wusste ich denn, wie wild entschlossen der Schütze war? Vielleicht wollten die mich so dringend ausschalten, dass ihnen egal war, wen sie sonst noch erwischten. Also rollte ich mich blitzschnell zu einem Ball zusammen und bekam noch zwei weitere heftige Schläge ab: Der erste traf meine Rippen, der zweite den linken Arm, mit dem ich meinen Kopf schützte.
    Von unten her drangen erschrockene Rufe zu mir hoch. Bald beugten sich mehrere Menschen über mich.
    „He, Kumpel!“ Ein schmerbäuchiger Kameramann in Jägerweste streckte mir die Hand hin, um mir aufzuhelfen. „Das war ja ein heftiger Sturz. Alles noch heil?“
    Ich konnte ihn eine Sekunde lang nur hilflos anstarren. Adrenalin brauste wie verrückt durch meine Adern. Aber dann wurde mir klar, dass weder dieser nette Kameramann noch überhaupt wer von der Reportermeute mitbekommen hatte, was genau gerade passiert war.
    Was auf fast schon gespenstische Art nur logisch war: Ich hatte nichts gehört, es war also ein Schalldämpfer im Spiel gewesen. Nirgendwo hatte Metall aufgeblitzt, also war der Schütze ganz clever vorgegangen, indem er zwar durch das Wagenfenster hindurch auf mich gezielt, aber so weit vom Fenster entfernt gesessen hatte, dass der Lauf seiner Waffe zu keiner Zeit verdächtig weit herausgeragt war. Auch er selbst hatte so nie ein gut sichtbares Ziel abgegeben. Ich wiederum trug auch einen Teil zur Scharade bei, lag ich doch mitnichten als eindeutige Leiche am Boden, mit kleinen Löchern vorn im Leib und großen hinten am Rücken. Nichts zu hören, nichts zu sehen und kein Opfer: Wer dachte da schon an einen Mordversuch?
    „Weg mit euch!“ Stöhnend zog ich mich an der stählernen Kameramannpranke hoch, wollte aber gern noch ein bisschen höher hinaus, um über die Menge hinweg nach dem Nummernschild des schwarzen PKWs Ausschau halten zu können. Dazu musste ich ein paar Leute umrunden und mich auf die Zehenspitzen stellen, aber dann hatte ich das Auto des Schützen im Blick, das seelenruhig davonrauschte, immer noch ohne wild aufheulenden Motor, ohne Kollision mit Bordsteinkanten und ohne eine einzige rote Ampel zu überfahren. Der PKW verschwand ungestört im Verkehrsstrom wie ein Hai, der in die Tiefen des Meeres zurückkehrt. Sein Nummernschild bekam ich nie deutlich genug zu Gesicht.
    „Verdammt!“, knurrte ich. Langsam meldeten sich Schmerzen, hauptsächlich im Arm. Die Schutzzauber, die ich in meinen Ledermantel gewoben hatte, hatten den Kugeln standgehalten, aber das Leder lag ziemlich eng an meiner Haut an, weswegen sich mein Unterarm anfühlte wie mit einem Baseballschläger bearbeitet. In der linken Hand prickelte es, und die Finger verweigerten bis auf leichtes Zucken ihren Dienst. Ähnlich fühlte es sich auch unter den anderen getroffenen Stellen an, weshalb ich einmal rasch mit der Hand über den Mantel fuhr, um sicher sein zu können, dass keine der Kugeln, ohne dass ich es mitbekommen hätte, durch das Leder gedrungen war.
    Eine Kugel steckte im linken Mantelärmel. Sie war vielleicht einen halben Zentimeter eingedrungen und hatte sich, durch den Aufprall verformt, im Leder verfangen. Rasch zog ich ein Taschentuch aus der Manteltasche, wickelte die Kugel hinein, steckte beides wieder in die Tasche und war insgesamt stolz, das alles unter den neugierig starrenden Blicken von einem Dutzend Medienvertretern fertiggebracht zu haben, die mich allem Anschein nach für verrückt hielten.
    Eine heiser keuchende Hupe unten auf der Straße lenkte meinen Blick auf den alten blauen Käfer, der gerade vor dem FBI-Gebäude vorgefahren war. Mein Käfer, mit einer heftig winkenden Molly am Steuer.
    Ich eilte hinunter zur Straße und stieg ein, bevor die doch recht eigenwillige Farbgebung meines Autos dem größtenteils unter neurotischen Zwangsstörungen leidenden Personal im FBI-Gebäude den einen oder anderen hysterischen Anfall bescheren konnte. Während Molly sich in den Verkehr einfädelte, schnallte ich mich an und bekam von Mouse einen dicken Kuss. Mein Hund thronte auf dem Rücksitz und verkündete seine Freude über unser Wiedersehen durch rhythmisches Schwanzwedeln, das die Fahrersitzlehne erzittern ließ.
    „Igitt!“, stöhnte ich. „Der Hund hat mich geküsst, ich sterbe. Holt Jod und heißes Wasser!“
    Mouse wedelte noch begeisterter und drückte mir rasch einen weiteren feuchten Schmatz auf die

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