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Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Susans Kopf, die Gesichtszüge schlaff, als schliefe sie tief oder sei bewusstlos. Die Haare hingen ihr matt ins Gesicht. Bei dem Kokon oben an der Decke konnte ich nur Mund und Kinn eines Mannes sehen, war aber ziemlich sicher, Martin zu erkennen. Die beiden waren in meine Wohnung gekommen – wahrscheinlich nach Abzug des FBI – und dort gefangengenommen worden.
    „Mouse“, murmelte ich. „Riechst du Kordit?“
    Der Hund schüttelte den Kopf, als wollte er Wasser abschütteln, und seine Steuermarken klingelten.
    „Ich auch nicht.“ Also … was immer den beiden widerfahren sein mochte, es hatte sie schnell ereilt, noch ehe die extrem flinke Susan oder der extrem paranoide Martin zu den Waffen hatten greifen können.
    Einer meiner alten Lehnsessel stand mit dem Rücken zur Tür. Als ich die Schwelle überschritt, drehte er sich – obwohl er beileibe kein Drehstuhl war und seine vier Beine mitnichten auf einer Vorrichtung ruhten, die ein Drehen ermöglicht hätte. Das schien dem Sessel oder besser der Gestalt darin egal. Im Wechselspiel von Feuerschein und Schatten sah ich einen Eindringling und meinen Kater.
    Der Eindringling war eine Sie – groß und mehr als schön. Wie die meisten Sidhe. Helle, makellose Haut, große, leicht schräggestellte smaragdgrüne Augen, die fast aufs Haar denen Misters glichen, der majestätisch auf dem Schoß unserer Besucherin thronte. Deren Lippen waren voll und sehr kirschrot, und ihr langes, ebenfalls rotes Haar ergoss sich, von einigen weißen Strähnen durchsetzt, die das Rot nur noch heller leuchten ließen, in seidigen Locken und Wellen bis weit hinunter auf das smaragdgrüne Kleid.
    Bei meinem Anblick ließ sie freudig lächelnd weiße, spitze Zähne aufblitzen, zierliche Zähne, die dennoch an ein Raubtier erinnerten. „Ah“, begrüßte sie mich warmherzig. „Wie lange haben wir uns nicht gesehen, Harry.“
    Mir wurde langsam alles etwas zu viel, ich zitterte. Dennoch hielt ich weiter meinen Sprengstock auf die Sidhe gerichtet. Sie war eine Fee, und das Volk der Feen, mochten sie nun der Sommer- oder der Winterkönigin unterstehen, durfte man nicht unterschätzen. Das wusste ich aus bitterer Erfahrung. Einer Fee trauten nur Narren – und nur Wahnsinnige wagten es, sie zu beleidigen. Feen legten Wert auf Höflichkeit und Etikette, auf das richtige Verhalten eines Gastgebers dem Gast gegenüber. Vergriff man sich im Ton, verstieß man gegen die Regeln des kultivierten Umgangs, so riskierte man einiges. Gerade von den Sidhe durfte man sich in einem solchen Fall auf extreme Reaktionen gefasst machen.
    Statt also umgehend das Feuer zu eröffnen und zu hoffen, damit viel gewonnen zu haben, senkte ich meinen Sprengstock, verneigte mich – nicht allzu tief und ohne meine Besucherin dabei aus den Augen zu lassen – und sagte: „In der Tat, es ist eine Weile her, Patin.“

15. Kapitel
    Z ufrieden?“ Die Leanansidhe wies mit der manikürten Rechten auf die beiden Kokons, während ihre Linke weiterhin Mister kraulte. „Ich stolperte über diese beiden Straßenräuber, als sie gerade deine kleine Höhle durchstöberten, und habe sie … wie lautet das Wort noch?“ Ihr Lächeln wurde breiter. „Ich habe sie ergriffen.“
    „Verstehe“, sagte ich.
    „Wenn ich die Gesetze der Sterblichen richtig verstanden habe, kommt als Nächstes der Prozess, gefolgt von … welchen Begriff verwendet man in der Justiz der Sterblichen noch mal für Mord? Richtig: Todesstrafe.“ Sie runzelte die Stirn, rotgoldene Brauen rückten dichter zusammen. „Oder kommt erst die Todesstrafe und dann der Prozess?“ Sie zuckte die Achseln. „Pah! Ist sowieso eine Frage der Semantik. Harry? Wärst du lieber der Richter, die Geschworenen oder der Henker?“
    Ich … konnte sie nur wortlos anstarren.
    Als ich meine Feenpatin zum letzten Mal gesehen hatte, hatte sie in einem Eisklumpen im Herzen des Winterhofs festgesteckt und halb unter dem Eis begraben mit zwei unterschiedlichen Stimmen, die eindeutig verschiedene Persönlichkeiten repräsentierten, Zeter und Mordio geschrien. Sonst hatte sie mich seit meinem sechzehnten Lebensjahr gnadenlos verfolgt, sobald ich einen Fuß ins Niemalsland setzte – offenbar wild entschlossen, mich in einen ihrer Jagdhunde zu verwandeln.
    Himmel, Arsch und Wolkenbruch. Jetzt saß sie da, als könne sie kein Wässerchen trüben, auf einmal ganz kokettes Kichern und liebliches Lächeln? Behütete meine Wohnung? Wollte Gericht mit mir spielen, als wäre ich ein Kind

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