Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
in den Händen eines Mädchens, das normalerweise gerade in die neunte Klasse gehen müsste.
    Wissen war Macht, wie das Archiv vor ein paar Jahren wieder einmal bewiesen hatte: Ein Kind, nicht viel älter als Maggie jetzt, war gegen Wesen angetreten, die über jahrhundertelange Erfahrung verfügten, hatte seine Magie an deren Fertigkeit gemessen und war aus den meisten Fragen als Sieger hervorgegangen. Das fragliche Mädchen war auf eine kranke Art sehr, sehr mächtig, und obwohl es sich, seit ich es kannte, mit der Ernsthaftigkeit einer Frau von vierzig Jahren benahm, hatte ich doch auch manchmal das Kind in seinen Augen aufblitzen sehen. Ein Kind, auf dem die Wahnsinnlast des Archivs ruhte. Wenn die Kleine je beschloss, selbst zu entscheiden, wie sie das Archiv verwalten wollte, dann gnade uns Gott – ich erinnere nur an die eine Folge von Geschichten aus der Gruft mit dem Monsterkleinkind mit den Superkräften.
    Das Telefon klingelte bereits zum zweiten Mal. Meine Hand zitterte, als ich abnahm. Wir hatten ein langes Kabel hinunter ins Labor gelegt, und mein altes Telefon mit der Drehwählscheibe thronte auf dem einzig ordentlichen Fleckchen im Raum, der Schreibunterlage auf Mollys Schreibtisch. „Hallo?“
    „Kincaid“, meldete sich ein tiefer Bariton. Kincaid fungierte als Ivys Chauffeur, Koch, Leibwächter und Teddybär. Er war der tödlichste Schütze, dem ich je hatte zusehen müssen (eine furchtbare Erfahrung), und einer der wenigen Menschen, denen ich vertraute, obwohl ich sie nicht leiden konnte. Er hatte mir einmal detailliert beschrieben, wie er mich umbringen würde, sollte das notwendig werden, und ich musste zugeben, dass seine Chancen auf Erfolg nicht schlecht standen. Kincaid war unverwüstlich, schlau, ungeheuer bewandert und besaß das Ehrgefühl eines Söldners: Zuständig fühlte er sich allein für den, mit dem er einen Vertrag abgeschlossen hatte, und ein einmal unterschriebener Vertrag wurde von ihm nie aufgelöst.
    „Dresden“, sagte ich. „Die Telefonverbindung dürfte nicht sicher sein.“
    „Ich weiß“, sagte Kincaid. „Was wollen Sie?“
    „Ich muss ein Kind finden. Die Kleine ist vor ein paar Tagen vom Roten Hof entführt worden. Wir glauben, dass sie sich irgendwo in Mexiko aufhält.“
    „Irgendwo in Mexiko?“ Ich meinte das Grinsen in Kincaids Stimme förmlich zu hören. „Waren Sie schon unten und haben ganz laut nach ihr gerufen?“
    „Dazu wird es schon noch kommen.“ Ich ließ mich nicht ärgern. „Weiß sie irgendetwas oder nicht?“
    Kincaid legte etwas über die Sprechmuschel seines Telefons, jedenfalls hörte ich einen Augenblick lang noch seine tiefe, sonore Stimme eine Frage stellen, verstand aber die einzelnen Worte nicht mehr. Vielleicht hörte ich auch eine helle Sopranstimme antworten – oder ich bildete mir das nur ein.
    „Ivy sagt, sie kann dazu nichts sagen“, gab Kincaid nach einer Weile weiter. „Sagt, Sie haben es da mit einer todbringenden Sache zu tun. Sie wagt nicht, sich da einzumischen und das Gleichgewicht der Kräfte zu stören. Sie hat Angst, es könnte sonst einen anderen Ausgang nehmen.“
    Ich schlug mit der Faust auf den Tisch. „Verdammt, Kincaid, sie schuldet mir was! Wer ist denn gekommen und hat sie von den durchgeknallten Denariern weggeholt? Erinnern Sie sie daran!“
    Kincaids Stimme wurde leiser, ernster. „Glauben Sie mir, das hat sie nicht vergessen. Aber es steht ihr nicht frei, Wissen weiterzugeben, wie es Ihnen oder mir freisteht. Wenn sie sagt, sie kann es Ihnen nicht sagen, dann ist das wörtlich zu nehmen. Sie schafft es rein körperlich nicht, solches Wissen verlässt ihren Kopf nicht.“
    Ich donnerte den Handballen gegen die Wand, stützte mich dagegen, schloss die Augen. „Sagen Sie ihr, ich muss diese Information haben . Wenn sie mir nicht helfen kann, bringe ich das Thema anderen Quellen gegenüber zur Sprache. Denen in meinem grünen Notizbuch.“
    Erneut unterhielt sich Kincaid mit jemandem, und diesmal hörte ich eindeutig Ivys Stimme antworten.
    „Sie kann Ihnen nicht sagen, wo sich das Mädchen befindet“, sagte Kincaid mit einem Hauch Stahl in der Stimme – ich sollte es auf keinen Fall übertreiben, keinen zu starken Druck ausüben. „Aber sie sagt, sie kann Ihnen jemanden nennen, der es Ihnen möglicherweise sagen kann.“
    „Ich wäre sehr dankbar. Für jede Hilfe.“ Ich hielt die Luft an.
    „Sie sagt, ich soll Ihnen sagen, es gibt jemanden, den Sie in Betracht ziehen könnten, ehe Sie das

Weitere Kostenlose Bücher