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Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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jedes Mal ein anderer, aber angenehm war er nie.
    Der Gedanke machte mir Angst.
    Wahrscheinlich hatten all diese Wesen genau auf diesen Moment gewartet, hatten gewartet, bis meine Not so groß war, dass ich mich mit so gut wie allem einverstanden erklärte, wenn es half, mein Kind zu retten. Für Maggie würde ich mich auf Absprachen einigen, über die ich ansonsten noch nicht einmal nachzudenken bereit wäre.
    Andererseits gab es da einige, die ich rufen könnte und die bestimmt helfen würden. Sogar …
    Den Namen der Königin der Luft und der Dunkelheit mochte ich noch nicht einmal denken, aus Angst, sie könnte dies irgendwie mitbekommen und entsprechend handeln. Seit Jahren schon galt ihr Angebot, seit Jahren versuchte sie, allerdings sehr geduldig und passiv, mich in Versuchung zu führen. Ich hatte mich schon oft gefragt, warum sie keine größeren Anstrengungen unternahm, mir das Angebot schmackhafter zu machen. Was sie ganz sicherlich hätte tun können, wäre ihr danach gewesen.
    Jetzt erst verstand ich ihr Verhalten so langsam. Sie hatte gewusst, früher oder später würde der Moment kommen, wo meine Not größer war als meine Vorsicht. Sie hatte es nicht nötig, sich anzustrengen, mich mit süßen Verlockungen zu umgarnen, mich trickreich einzufangen. Sie musste nur ein bisschen warten. Ein kaltes, logisches Vorgehen und somit genau ihr Stil.
    Auf den grünen lag noch ein hellblauer Ordner mit Infos über andere Wesen, die ich befragen konnte. Kreaturen mit weniger Macht und entsprechend niedrigeren Preisen. Zwar schien es mir eher unwahrscheinlich, aus ihnen Genaueres herausbekommen zu können, aber man wusste ja nie.
    Seufzend stand ich auf, langte nach dem blauen Ordner und fing an, Wesen in mein Labor zu rufen, um ihnen Fragen zu stellen und hoffentlich die eine oder andere Antwort zu bekommen.
    ***
    Drei Stunden und verschiedene Anrufungen später hatte ich genau gar nichts herausgefunden. Weder bei meinen Unterhaltungen mit Naturgeistern (in diesem Fall mit einem Trio kleiner Schreieulen) noch in den Gesprächen mit Botengeistern, die als Kuriere zwischen den verschiedenen Reichen des Niemalslands fungierten. Keiner von ihnen wusste etwas. Ich hatte ein paar besonders neugierige Geister aus der Geisterwelt gepflückt, die in der Gegend von Chicago ansässig waren, ich rief Diener der Tylwyth Teg herbei, mit deren König ich auf gutem Fuß stand, ich fragte Wassergeister, ob sie und ihresgleichen irgendetwas gesehen oder gehört hätten, was mit Maggie zu tun hatte, und starrte in die flackernden Lichter vernunftbegabter Flammen, deren Gedanken sich in den Bildern offenbarten, die in den Flammen zitterten.
    Einer der Feuergeister zeigte mir ein Bild, das nicht länger anhielt als drei oder vier Sekunden – das Bild des kleinen Mädchens auf Susans Foto, blass und ein wenig schmutzig, zitternd vor Angst oder Kälte, die Hände über einer flackernden Flamme ausgestreckt, um sie zu wärmen. Im Profil betrachtet sah sie ihrer Mutter ähnlich, mit ihren riesigen dunklen Augen und der schmalen Nase. Aber sie hatte ein wenig von meiner Kinnlinie abbekommen, fand ich, was ihrem Gesichtchen einen Anflug von Stärke oder Dickköpfigkeit verlieh. Außerdem war sie viel blasser als Susan, kam in dieser Hinsicht eher auf ihren Vater als auf ihre Mutter heraus.
    Aber dann war das Bild verschwunden, und näher kam ich nicht an sie heran.
    Nach drei Stunden Arbeit setzte ich mich erschöpft auf meinen Hocker, entkräfteter, als ich mich seit Langem gefühlt hatte. Ich hatte nichts herausgefunden, was mir sagte, wo sie war, nichts, was mir verriet, was ihr drohen mochte. Bis auf dieses kurze, flackernde Bild in den Flammen, dem ich zumindest entnehmen durfte, dass sie noch lebte, hatte ich nichts erfahren.
    Aber vielleicht reichte das. Sie atmete noch.
    „Halte durch, Kleines“, dachte ich. „Papa kommt.“
    ***
    Einen Augenblick lag hockte ich erschöpft auf meinem Hocker. Dann holte ich mir ein Stück Papier und einen alten Bleistift und schrieb:
    Ivy,
    ich brauche Hilfe. Es geht um ein kleines Mädchen, das böse Menschen gefangenhalten.
    Bitte melde dich.
    Harry Dresd
    Ich hatte meinen Namen noch nicht ganz geschrieben, als auch schon das Telefon klingelte.
    Mit dem Brief hatte ich Kontakt zum Archiv aufgenommen, in dem sich magisch katalogisiert das gesamte Wissen befindet, das die Menschheit je aufgeschrieben hat. Dieser Katalog residierte im Kopf eines Teenagers – die Summe menschlicher Gelehrsamkeit

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