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Wandernde Welten

Titel: Wandernde Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Holland
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zerbrechen.«

    »Ich meine doch nur, daß diese Leute...«
    »Von denen spreche ich doch gar nicht. Ich meinte, du bist zu alt, um nach dem Sinn des Lebens zu suchen.«
    Sie lag still, den Kopf auf den Armen. Bunker langte über seinen Kopf hinweg nach dem Wassereimer und füllte sich eine Tasse.
    Er konnte es nicht trinken. Er spülte sich nur den Mund damit und spuckte es wieder aus.
    »Irgend etwas muß es geben«, sagte sie.
    Er machte ein Geräusch, daß wie ein unterdrücktes Lachen klang.
    »Warum warst du dann beim Komitee?« fragte sie. »Doch nur, um anderen zu helfen.«
    »Nein. Ich beobachte gerne Menschen.«
    »Ein Zuschauer des Lebens? Für einen Zuschauer bist du aber auf jeden Fall recht aktiv.«
    »Kein Zuschauer«, sagte er, »ein Zeuge.«
    Sie begriff den Unterschied nicht. Sie lag still und achtete auf die Geräusche um sie herum. Irgendein kleines Tier huschte durch das dichte Gebüsch. Wahrscheinlich eine Maus. Schade, daß sie sie nicht fangen konnte. Sie hatte schon einige Male Mäuse gegessen. Irgendwo heulte ein Hund. Wahrscheinlich war es das Tier, das um ihr Versteck herumgeschnüffelt und Bunker aufgeweckt hatte. Sie fragte sich, ob er Angst gehabt hatte.
    Ein Zeuge. Das Wort mußte eine bestimmte Bedeutung für ihn haben. Ein Begriff aus seinem privaten Sprachbereich. Sie hatte nun so lange eng mit ihm zusammengelebt und wußte im Grunde genommen überhaupt nichts von ihm, er war ihr so vage und undeutlich geblieben, als ob sie ihn im Dunkeln sähe. Es gab keine Verbindung zwischen ihnen. Es gab keine Schuld. Nur das Verlangen nachbeidem, nach irgend etwas Gemeinsamem, einem gemeinsamen Verständnis. Alles war Lüge, wie Liebe, Glaube und Hoffnung. Sie füllte sich die Tasse mit Wasser.
    Am späten Nachmittag ging sie zu der übriggebliebenen Ulme, kletterte in das Geäst und ließ den Sack mit den Nahrungsmitteln herab, den sie dort oben in einer Astgabel befestigt hatte. Während sie ein Stück Brot und den Rest des angefaulten Fleisches aß, hielt sie nach allen Seiten Ausschau. Vier Menschen standen in der Mitte des ausgetrockneten Sees. Ein Mann grub den trockenen Boden mit einem Spaten auf. Paula kannte sie alle. Sie lebten in einer Höhle, etwa eine halbe Meile von ihrem Dickicht entfernt.
    Weiter hinten konnte sie den Maschendrahtzaun des nächstgelegenen marsianischen Gebäudekomplexes in der untergehenden Sonne schimmern sehen. Das angefaulte Fleisch drehte ihr fast den Magen um. Sie band den Sack wieder fest und schlug einen weiten Bogen um ihr Versteck, um nach Spuren von Han Ra und seinen Männern zu suchen. In einem Graben fand sie Willie Luhan. Er war tot.
    Sie ging nicht nahe an ihn heran. Sein Gesicht und die Arme waren von wildernden Hunden angefressen und zerfetzt. Ein ekelerregender, süßlicher Geruch hing in der Luft. Sie fragte sich, was ihn getötet hatte. Oder wer. Seine Jacke war verschwunden, ebenso die Schuhe. In den Beinen seiner zerfetzten Hose krochen Maden herum. Ein Schwärm von Fliegen umschwirrte die Leiche.
    Sie ging zurück zum Dornengebüsch. In dieser Nacht bombardierten die Stythen den Dom von Sonnenuntergang bis zum Morgengrauen.
    Sie ging zu der marsianischen Siedlung. Sie erwischte einen kleinen, fetten Hund und erwürgte ihn. Sie fand auch ein Exemplar des Stündlichen Nachrichtendienstes.
    OPERATION DÜNKIRCHEN
    Bei der größten Massenumsiedlung, die jemals unternommen wurde, begannen die kombinierten Streitkräfte heute mit der Evakuierung der Bevölkerung aus den durch die stythischen Angriffe bedrohten Sektoren.
    Zu ihrer Überraschung lachte Bunker, als sie zurückkam. Er lag auf dem Rücken, einen Arm unter dem Kopf. »Steck es doch in den Topf, Junior«, sagte er, »vielleicht gibt es dem Hund ein wenig Geschmack.« Er hielt die andere Hand vor sein Gesicht. Eine kleine Spinne kletterte an seinem Daumen empor. Als sie die Kuppe erreichte, blieb sie verwirrt sitzen.
    »Sie laufen weg«, sagte Paula bitter. »Sie laufen einfach weg und überlassen uns unserem Schicksal. Wie kannst du nur diese Spinne über deine Hand laufen lassen?« Die Spinne überlegte sich noch immer, an welcher Stelle sie wieder den Daumen hinabklettern sollte.
    »Ich kenne alle Insekten in diesem Gebüsch. Deine Schuld.
    Warum hast du mich hergebracht?«
    Sie saß unter der Ulme und blickte nach Norden. Es dämmerte im Osten. Im Norden sah sie den Widerschein von zwei Feuern: Das Camp von Han Ras Männern. Wenn die Marsianer fortgingen, würden sie ihre Hunde

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