Wandernde Welten
überzeugt hatte, daß er richtig voll war, begann sie ihn langsam emporzuziehen.
Das Seil war triefend naß und eisig. Auf halbem Weg schien der Eimer irgendwo festzuhängen. Aber dort unten gab es nichts, an dem er festhängen konnte. Sie riß hart an dem Seil. Irgend etwas riß in die andere Richtung, und es wurde ihr aus den Händen gezerrt. Sie sprang zurück und hetzte den Canyon entlang. An seinem Ende blieb sie stehen und wandte sich um. Der Anblick, der sich ihr bot, ließ ihr die Haare zu Berge stehen. Ein riesiger Mann zog sich durch den Riß über dem unterirdischen Fluß. Er trug einen schweren Helm auf dem Kopf. Seine Arme waren nackt und schwarz wie Teer. Sie warf sich herum und rannte fort.
Sie lief zum Seeufer hinab. Ihre Füße waren eisig und aufgeschunden, und sie begann zu hinken. Sie warf einen raschen Blick über die Schulter.
Eine ganze Horde Stythen kam aus dem Erdspalt gekrochen und verteilte sich im Canyon. Paulas Füße stampften auf den kalten Boden, ihr Atem ging in keuchenden Stößen. Nirgends gab es einen Platz, an dem sie sich verstecken konnte. Sie bog nach links ab und begann, über den ausgetrockneten See zu laufen. In dem Augenblick, als sie das andere Ufer erreichte, hörte sie das Krachen einer Explosion hinter sich. Die Stythen erweiterten ihre Eingangspforte zum Dom.
Sie lief über das felsige, zerklüftete Terrain zwischen dem See und dem Südrand des Doms und suchte nach Bunker. Als sie ihn nirgends entdecken konnte, lief sie nordwärts. Alle paar Minuten mußte sie ein Stück in normalem Schrittempo gehen, um wieder zu Atem zu kommen. In der Mitte des Doms, nahe den Ruinen des Campus, wurde sie von zwei Stythen ergriffen.
Sie war zu müde und zerschlagen, um noch Angst empfinden zu können. Sie hetzten sie weiter und lachten amüsiert, als sie zu Boden stürzte. Sie packten sie bei den Armen und schleppten sie auf die Plaza vor dem Regierungsgebäude, auf der schon Hunderte von Gefangenen zusammengetrieben worden waren. Sie ließ sich zu Boden fallen und verlor das Bewußtsein vor Erschöpfung.
Als sie wieder aufgewacht war, sah sie die anderen Gefangenen an. Die meisten von ihnen waren Marsianer. Sie hockten auf dem Boden oder standen aneinandergelehnt. Ihre bleichen Gesichter waren von Staub und Tränen verschmiert. Kleine Kinder schrien.
Bunker konnte sie nirgends entdecken. Sie ging ruhelos auf dem großen Platz hin und her, zu verängstigt, um still zu stehen oder sich hinzusetzen.
Rings um die Plaza standen Stythen, die sie bewachten. Sie erkannte keinen von ihnen. Ihre Füße schmerzten. Sie setzte sich auf den Boden, um sich auszuruhen, aber ihre Unruhe trieb sie wieder auf die Beine, und sie nahm erneut ihre ziellose Wanderung um die Plaza auf. Der Nachmittag verging unendlich langsam. Immer mehr Menschen wurden herangeschleppt, bis sie so dicht standen und saßen, daß man sich kaum noch bewegen konnte.
»Ihr werdet euch nun nach Geschlechtern getrennt aufstellen!«
rief eine Stythenstimme in der linqua franca. »Die Männer kommen hierher, die Frauen bleiben dort drüben.«
Die Menschen murmelten erregt. Irgendwo hörte Paula Schreie, und die Masse setzte sich in Bewegung. Paula seufzte. Sie fuhr mit der Hand über ihr Gesicht. Vielleicht war Bunker noch frei. Das Air-Car war fast wieder in Ordnung. Vielleicht konnte er entkommen.
»Und jetzt werdet ihr Schweine euch nackt ausziehen«, rief die stythische Stimme.
Die Frauen schrien empört. Die Menge hatte sich nach Geschlechtern getrennt und kam ihr jetzt erheblich kleiner vor. Paula setzte sich mit gekreuzten Beinen auf den Boden, die Hände in die Jackenärmel gesteckt, und sah die Frauen unruhig auf und ab gehen. Sie weigerten sich, dem Befehl zu gehorchen, und die Stythen drangen auf sie ein. Sie packten eine der Frauen und rissen ihr die Kleider vom Leib. Dabei lachten sie amüsiert, rissen an ihren Titten und klatschten ihr auf den Hintern. Paula senkte den Blick.
Sie hatte Angst, vergewaltigt zu werden. Die anderen Frauen waren jetzt still.
»Zieht euch aus, oder wir besorgen das.«
»Aber es ist so kalt«, murmelte ein Mädchen hinter Paula.
Sie begannen sich auszuziehen. Die hübschen, weißen Blusen der Marsianerinnen flatterten zu Boden. Ein paar von ihnen versuchten, wenigstens die Unterkleidung anzubehalten, aber die Stythen zwangen sie, auch das letzte Stück auszuziehen. Paula saß reglos, ihre Hände in die Jackenärmel vergraben.
»Tanuk«, rief ein Stythe. »Die hier zieht
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