Wandernde Welten
mitnehmen, ihre wichtigste Fleischquelle.
Von Han Ra und den Leuten, die in den Höhlen hausten, wollte sie nicht stehlen. Sie hatte Angst, daß sie sie erschlagen würden.
Bunker war jetzt wieder etwas kräftiger. Die Wunde in seinem Bauch hatte sich geschlossen, und er würde bald wieder in der Lage sein, ihr zu helfen. Ihre Füße waren kalt. Sie lief den Hang hinab, kroch in das Gebüsch und legte sich neben ihn.
Vor dem hellerwerdenden Himmel wirkten die Zweige, Blätter und Dornen des Gebüschs wie eine ausgeschnittene Silhouette.
Im ersten Morgendämmern schliefen sie ein.
Der Terminal-Hafen des Docks von Manhattan war mit dem Ozean verbunden. Obwohl es hier sehr stark zog, war er voller Menschen. Paula und Bunker kletterten über den zusammengesunkenen Zaun, um hineinzugelangen. Gleich hinter dem Terminal befand sich die Domwand, an der Kondenswasser herablief.
Paula ging zum Sandufer des Hafens. Die drei Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite waren in die Luft gesprengt worden, das flache Wasser lag voller Trümmer.
Bunker zog seine Jacke und die Hose aus, dann auch das Hemd, und warf alles auf einen Haufen in den Sand. Er fühlte die Wassertemperatur erst mit der Hand, trat dann bis zu den Knöcheln hinein und zitterte vor Kälte. Dann sprang er hinein.
Paula nahm seine Sachen auf. Sie ging ein Stück weiter und versuchte, über ein Kai-Geländer gebeugt, den Grund zu sehen.
Blasen stiegen aus dem Wasser und zerplatzten an der Oberfläche. Eine riesige Luftblase stieg auf. Jetzt hatte er den Lukendeckel geöffnet, wußte Paula. Sie wußte nicht, wie tief das Air-Gar lag, das er reparieren wollte, aber seine Lebenserhaltungssysteme waren noch in Ordnung. Er konnte fast neunzig Minuten unten bleiben, bevor er wieder an die Oberfläche kommen mußte, um die Lufttanks zu füllen. Sie ging zurück und schlenderte am flachen Sandstrand entlang, in der Hoffnung, irgendwo eine Schildkröte oder eine Krabbe zu entdecken.
Bunker brachte die Lufttanks des Air-Car nach oben und füllte sie. Es wurde allmählich dunkel. Paula machte ein Feuer und kochte die vier kleinen, grünen Krabben, die sie gefunden hatte.
Bunkers Luftpumpe ratterte. Sie wurde mit Fusions-Zellen betrieben, die sie von den Marsianern gestohlen hatten. Kleine Wellen klatschten an den Strand, ein müder Ersatz für die Wogen des Ozeans, der auf der anderen Seite des Doms lag. Sie nahm die rotgekochten Krabben aus dem Topf und schnitt ihre Schalen mit einem Messer auf.
Sie aßen schweigend. Paula saugte das Fleisch aus den dünnen Beinen der Krabbe. Bunkers grauer Bart wirkte rötlich im Licht der Flammen. Er aß das Krabbenfleisch und wischte seine Finger an der Jacke ab. Irgendwo in der Mitte des Doms heulte eine Sirene auf.
Paula stand auf und löschte das Feuer mit Sand. Dann saßen sie wieder nebeneinander und horchten auf das Jaulen der Sirenen. Der Beschüß begann. Erst ein donnerndes Krachen, dann ein lautloser, blendender Blitz, immer rascher aufeinanderfolgend, bis sie taub und blind wurde und die ganze Welt um sie versank.
Bunker legte einen Arm um ihre Schultern. Sie drückte ihr Gesicht gegen seinen Hals.
Der Erdriß war wie eine klaffende Wunde im Boden eines Canyons. Seine Ränder waren mit Moos bewachsen, und ein toter Baum stand darüber. Paula wickelte das Seil auf, das sie mitgebracht hatte, und kniete sich auf den Boden. Durch den Riß hörte sie den unterirdischen Fluß brausen. Sie beschwerte den Fellbeu-tel mit zwei Steinen und ließ ihn hinab.
Hinter ihr heulten wieder die Sirenen. Wie den ganzen Vormittag, die ganze Nacht hindurch, den ganzen vorhergehenden Tag, ohne daß ein Angriff erfolgt wäre. Sie hatte ein Ende des Seils um das rechte Handgelenk geschlungen, um es nicht zu verlieren, falls ihr primitiver Schöpfeimer in eine Welle oder in Gischt geraten sollte. Langsam ließ sie das Seil durch ihre Hände laufen. Einmal unterbrach sie ihre Tätigkeit kurz, hockte sich auf den Boden und zog die Hosenbeine über ihre halb erfrorenen Füße. Die aufgesprungenen, blutenden Zehen waren ihr wichtiger als der Alarm. Der Felleimer wurde von einer Welle ergriffen, und das Seil rutschte ihr durch die Hände. Sie hielt es fest. Mehr als einmal hatten sie ihr einfaches Schöpfgerät auf diese Weise verloren, und es war schwer zu ersetzen.
Hand über Hand zog sie es jetzt ein, um zu prüfen, ob der Felleimer voll war. Er schien nur halb gefüllt, und Paula ließ ihn wieder hinab. Als das Gewicht sie davon
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