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Wandernde Welten

Titel: Wandernde Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Holland
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in die Wand gegraben hatten. Sie steckte alles in einen Sack, verschnürte den Sack mit einem Stück Seil und trug ihn über das verwüstete Land zu dem einzig stehengebliebenen Baum. Dort band sie den Sack im Geäst fest, damit keine Hunde ihre kleinen Reserven stehlen konnten.
    Bunker war dort, wo sie ihn verlassen hatte. Er war inzwischen aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht. Sein Verband war blutdurchtränkt.
    »Werkzeuge, Feuer«, flüsterte er.
    »Ich habe Angst, dich hier allein zurückzulassen. Es ist noch zu nah beim Tunnel.« Sie wickelte ihn wieder in die Decken. Es waren nur noch drei oder vier Stunden bis Tagesanbruch. Seine Augen waren geschlossen, und sie dachte, er wäre wieder be-wußtlos oder eingeschlafen, doch als sie sich seinen linken Arm um die Schultern legte, stemmte er sich stöhnend auf die Beine, um ihr zu helfen. Sie schleppte ihn über die flache Erhebung des nächsten Hügels und in eine schmale, langgestreckte Schlucht, in deren tiefen Sandboden ihre Füße einsanken.
    Nachdem sie für ihn einen sicheren und bequemen Platz gefunden hatte, lief sie noch einmal zu ihrem bisherigen Versteck zurück. Auf dem Gipfel des Hügels blieb sie plötzlich wie angewurzelt stehen. Oberhalb des Tunneleingangs stand der flache Turm des Hauseingangs. Sie sah ein Licht hinter den Fenstern, und während sie hinüberstarrte, erlosch es wieder. Sie lief zu dem Turm und blickte hinein. Sie sah den Korridor und einen Teil der in die Tiefe führenden Treppe. Das Licht verschwand gerade auf dem Korridor, an dem Jennies Wohnung lag. Vorsichtig stieg sie die Stufen hinab. Zum ersten Mal fiel ihr ein, daß sie völlig nackt war. Ihre bloßen Füße machten nicht das leiseste Geräusch auf dem glatten Plastikbelag der Treppe. Voraus sah sie das Licht einer Taschenlampe. Ihm folgten mehrere Menschen, die so dicht beieinander gingen, daß sie wie eine einzige Masse wirkten. Sie gingen in Jennie Morrisons Wohnung, und Paula verschwand in der danebenliegenden.
    Bei der Razzia hatte jemand ein großes Loch in die Trennwand der beiden Wohnungen gesprengt. Verschmorte Teile der Plastikwand und von einem Regal waren auf dem Boden verstreut.
    »Sie sind weg«, hörte sie jemanden sagen. »Diese Hure hat ihn hinausgeschleppt.«
    »Ich habe doch gesagt, wir wollen sie auch fertigmachen.«
    »Wir werden sie finden.«
    Paula ging in die Hocke und starrte durch das Loch in der Wand in Jennies Wohnung. Der quadratische Einstieg unter dem Spülbecken war off en, und Licht fiel aus dem geheimen Raum. Sie sah Schatten, die sich hin und her bewegten. Sie plünderten den Raum aus. Paula tastete umher, bis sie ein Stück Plastik entdeckt hatte, das sie heben konnte.
    »Diesen Schrank könnten wir als Brennholz verheizen«, sagte jemand. »Ich frage mich, wie sie das Ding hier hereingebracht haben.«
    Paula schleuderte das Plastikstück in das nebenliegende Zimmer.
    »Was war das?« hörte sie jemanden rufen. Paula lief durch den dunklen Raum und sammelte kleine Trümmerstücke auf. Dann hockte sie sich wieder vor das Loch und warf sie nacheinander in Jennies Küche. Sie polterten gegen die Wand um den Einstieg.
    »He! Wer ist da? Was ist los?« Ein Kopf drängte sich durch den Einstieg. Sie warf ein Trümmerstück nach ihm, traf jedoch nicht.
    Der Kopf wurde zurückgezogen.
    »Verschwinde, oder wir schießen!«
    Sie lehnte sich an die Wand des dunklen Raums und lauschte.
    Als nichts mehr geschah, unterhielten sich mehrere Männer flüsternd, und plötzlich schössen drei von ihnen hintereinander aus der Verbindungstür. Ein halbes Dutzend Schüsse dröhnte, und es klang wie Artilleriefeuer in dem engen Raum. Es war ein mehr psychologisch wirksamer Feuerschutz, um den drei oder vier anderen das Entkommen aus dem geheimen Raum zu erleichtern.
    Paula hörte sie aus Jennies Wohnung stürzen und den Korridor entlangrennen.
    Paula wartete eine halbe Minute, dann ging sie in Jennies Wohnung und durch den Einstieg in ihr ehemaliges Quartier. Bunkers Werkzeuge und Geräte, Streichhölzer und ihre Kleidung lagen in wildem Durcheinander auf der Liege. Paula wickelte alles in ihren Wintermantel und schleppte das Bündel durch den Tunnel ins Freie.
    Von ihrem Platz aus konnte sie den ganzen See überblicken. Drei Menschen kamen am Ufer entlang auf sie zu. Es war seltsam, daß die Leute selbst jetzt, wo der See völlig ausgetrocknet und die Oberfläche hart wie Beton war, den Uferweg benutzten und nicht quer über den früheren See gingen.

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