Wandernde Welten
ist doch nichts dran.«
Kib griff nach ihr. Sie duckte sich unter seinem Arm durch und erreichte hinter seinem Rücken das ehemalige Büro Sabas.
Auf dem Schreibtisch stand eine Wanne voll Bier, und zwei Männer hatten ihre Gesichter hineingesteckt. Dakkar saß zusammengesunken auf dem Stuhl beim Fenster. Sie dachte an Pedasen.
Dakkars Gesicht war verschwollen und blutig. Er wirkte halb betrunken und sehr niedergeschlagen. Wahrscheinlich hatte er den Sklaven, den er getötet hatte, längst vergessen. Der Gedanke steigerte noch ihre Befriedigung über die Rache, auf die sie jahrelang gewartet hatte. Sie ging durch den kleinen Computerraum, wo drei Männer Bier und Minji-Soße über zwei halbnackte Mädchen aus der Colorado-Bar schütteten.
Schon durch die geschlossene Tür konnte sie in dem Schlafzimmer Männer schreien hören. Ohne anzuklopfen trat sie ein. Bei dem Lärm hätte es sowieso niemand gehört. Ein halbes Dutzend Männer von der Ybix umringten Ketac und feierten seinen Sieg mit lautem Gebrüll. Paula bemerkte niemand. Am Ende der ohrenbetäubenden Gratulation gössen sie einen Eimer Bier über den Kopf des neuen Akellars.
»Paula.« Triefend trat Ketac auf sie zu und drückte ihr einen Bierkrug in die Hand. »Trinken Sie auf meinen Sieg. Es war ein guter Kampf, finden Sie nicht auch?«
»Ich verstehe nichts davon«, sagte sie ausweichend. Sie stand in einer großen Bierlache und trat zum Fenster. Ketac folgte ihr. Schäumendes Bier tropfte von seinem Schnurrbart auf das Hemd.
»Haben Sie den Kreuzblock gesehen? Papa hätte seine Freude daran gehabt.«
»Ja, ich habe es gesehen.« Sie blickte aus dem Fenster. Auf der Straße renkte sich ein alter Mann mit einem Schal über dem Kopf den Hals aus, um durch das nächste Fenster einen Blick auf die Party im Büro werfen zu können. Ketac wandte sich um und rief seinen Männern zu, daß sie gehen sollten.
»Ich wollte Ihre Siegesfeier nicht stören«, sagte Paula.
Er nahm ein Handtuch vom Haken über dem Waschbecken und trocknete sich sein biertriefendes Haar und Gesicht ab. »Wieso meine Siegesfeier? Ohne Ihre Hilfe hätte ich es nie geschafft. Warum haben Sie mir eigentlich geholfen?«
»Weil ich Sie mag.«
»Sie haben sich eine Menge Mühe gegeben, mich in Ihre Schuld zu bringen.«
»Ich brauche jemanden, der in der Kammer für mich eintritt.«
»Sie brauchen einen Mann«, sagte er und hängte das Handtuch über seine Schulter.
»Nicht unbedingt einen Ehemann, wenn Sie das meinen«, sagte sie. »Bekomme ich von Ihnen, was Ehemänner von ihren Frauen bekommen?«
Sie lächelte ihn an. »Schließ die Tür ab.«
Als sie in die Prima Suite zurückkam, fand sie David im Wohnzimmer. Sie war froh, ihn wiederzusehen, aber sie hatte sich daran gewöhnt, ihre Gefühle vor ihm zu verbergen. Sie zog ihren Mantel aus und hängte ihn über eine Stuhllehne.
»Wo bist du gewesen?«
»Ich habe nachgedacht.« Er trat auf sie zu. Sein Haar hing ihm wirr auf die Schultern. »Ich habe mich betrunken. Ich habe...«
Er machte eine kleine Geste mit der rechten Hand. »Es tut mir leid, Mutter. Entschuldige.«
»Wofür willst du dich entschuldigen?« Er stank bestialisch.
Seit der Trauerfeier für Saba hatte er die Kleidung nicht gewechselt.
»Ich habe bisher immer gegen Dinge gekämpft, die ich doch nicht ändern kann. Und vielleicht wollte ich sie auch gar nicht ändern.«
Er streckte ihr seine Hand entgegen, mit der Handfläche nach oben. Eine Geste des Bittens. »Deshalb bitte ich dich um Entschuldigung.«
Sie nickte schweigend. Um ihn nicht berühren zu müssen, versteckte sie die Hände hinter ihrem Rücken. »Ist dir diese Erleuchtung in einer Kneipe gekommen? Warum hast du mir nicht gesagt, wo du bist. Ich hätte deine Hilfe gebraucht.«
»Meine Hilfe? Aber wie...« Er brach ab und richtete sich respektvoll auf, die Arme seitlich ausgestreckt.
Leno stapfte herein und trat auf Paula zu. Sein Gesicht wirkte verärgert. »Sie und Tanoujin haben mich aufs Kreuz gelegt, stimmt's?«
»Ist während der Sitzung noch etwas passiert?« fragte Paula.
»Nichts, was Sie interessieren könnte. Tanoujin will mit Ihnen sprechen.«
Sie trat zum Fenster und blickte ihren Sohn an. Er stand immer noch unbeweglich. Sein Schnurrbart stand wie eine Bürste unter der Nase. Sie fragte sich, was ihm passiert sein mochte, daß er sie plötzlich gern hatte.
»Er will sofort mit Ihnen sprechen«, sagte Leno.
»Ich habe noch zu tun«, sagte sie und stützte sich auf die
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