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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Unter den Eulenburgs ist anläßlich dieser Geschichte gelegentlich die Frage verhandelt worden, ob es sich nicht gezieme, der Gräfin Brahe, beziehungsweise deren Erben, über diese Dinge Mitteilung zu machen und ihnen den echten Wrangelküraß, der zufällig viele Jahre später als Erbstück an Graf Eulenburg kam, auf Austausch anzubieten. Es ist aber schließlich Abstand davon genommen worden, wohl in Erwägung, daß es als »preußische Kriegslist« zur Rückeroberung eines »doch vielleicht echten« Wrangelküraß angesehen werden könnte.
    An Ereignissen, wie die eben geschilderten, waren die Wrangeltage reich, am reichsten, wenn sie zugleich Inspizierungstage waren. Es gab dann Anekdoten über Anekdoten, in denen der Adjutant oft in aller direktester Weise mitzuspielen hatte.
    Wrangel inspizierte Truppen in Ruppin (auch andere Städte werden genannt) und die Ruppiner hatten ihren Jungfrauenflor in drei Gliedern aufgestellt. Die hübschesten natürlich in der Front. Wrangel küßte die ganze Frontreihe durch und sagte dann, auf den Rest deutend: »Eule, küsse weiter«.
    In der Regel indes war der Adjutant nur Augen-und Ohrenzeuge dessen, was vorfiel. So bei folgender Gelegenheit. Ein Bataillon genügte nicht, auf welche Wahrnehmung hin der Alte spöttisch und zweideutig bemerkte: »Das nächste Jahr, Herr Major, werd' ich Ihnen woll nich wiedersehn.« »Aber Exzellenz sind ja noch so rüstig«, antwortete dieser. Und Wrangel, der Geistesgegenwart liebte, drohte nur lächelnd mit dem Finger und ließ es für diesmal bei dem bloßen Avis bewenden.
    Auf derselben Inspektionsreise, wenn ich nicht irre, sah der Alte, daß ein junger Offizier unvorschriftsmäßige Sporen trug, und gab ihm ohne weiteres vierundzwanzig Stunden Arrest. »Aber Exzellenz tragen ja eben solche.« »Jut, mein Sohn. Da kannst du jleich noch vierundzwanzig Stunden vor mir mit absitzen.«
     
    *
     
    Es waren interessante Jahre, die Wrangeljahre, wichtiger aber im Leben des Grafen wurde doch die Zeit (1867), als er die Bewirtschaftung von Liebenberg antrat. Er erwies sich sofort als ein ebenso tüchtiger wie passionierter Landwirt und hob den ihm zugefallenen großen Besitz weit über das hinaus, was er vorher gewesen war. Auch der »alte Hertefeld« hatte seiner Zeit für einen ausgezeichneten Landwirt gegolten und nicht ohne Grund, aber ausgerüstet mit einer wahren Probier- und Experimentalmanie, war ihm der praktische Gewinn immer nur ein Wünschenswertes, nie die Hauptsache gewesen. Die Hauptsache war ihm das beständige Suchen und Versuchen, und wenn ihm dabei hohe Summen verloren gingen, so hielt ihn das Interesse schadlos, das der Versuch als solcher ihm eingeflößt hatte.
    So der alte Hertefeld.
    Aber mit dieser Form einer mehr oder weniger genialen Agrikultur war es von dem Augenblick an vorbei, wo Graf Philipp Eulenburg die Zügel übernahm und dem »bloßen Experimentieren um des Experimentierens willen« ein für alle mal ein Ende machte. Jeder Neuerung ein gleiches Interesse schenkend wie sein Vorgänger, unterließ er es doch nie, den Wert oder Unwert dieser Neuerungen erst im kleinen festzustellen, und wußte dadurch eine bis dahin mehr theoretisierend-wissenschaftliche Wirtschaftsführung in eine praktisch-wissenschaftliche zu verwandeln. In eine praktisch-wissenschaftliche, der denn auch, anstelle von ehedem meist unsicheren Resultaten, alsbald die gesichertsten zur Seite standen.
    Insonderheit erfuhr der Viehstand eine sich beständig steigernde Pflege, Mastvieh wurde Liebenberger Spezialität, und die Prämiierung dafür eine Selbstverständlichkeit. Wie denn auch wirklich ein mit mehr als zwanzig Preismedaillen angefülltes Schubfach von ebenso vielen Ausstellungssiegen erzählt.
     
6. Kapitel
     
Liebenberg (das gegenwärtige); sein Schloss und seine Bilder, seine Kunst- und Erinnerungsschätze
    Unter dem vielen, was seit 1867 in Liebenberg umgewandelt wurde, war auch das Schloß.
     
    *
     
    Schloß Liebenberg wurde von den Bredows erbaut, die, beinahe zwei Jahrhunderte lang, von 1460 bis 1652, an dieser Stelle saßen. Von diesem ursprünglichen Bredowschlosse sind nur noch die Souterrains übrig, prächtige Kellergewölbe, darin sich bis diesen Tag die Küchen-, Wasch- und Wirtschaftsräume befinden.
    Was ums Jahr 1652, als das verwüstete Liebenberg in den Besitz Jobst Gerhard von Hertefelds kam, an bewohnbaren Oberräumen aus der unmittelbar voraufgegangenen Epoche noch existierte, hat sich im einzelnen nicht

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