Wanderungen durch die Mark Brandenburg
verhängnisvollen Jahre, traf in den Kantonnements der Befehl ein, in aller Stille nach Caub aufzubrechen. Der Rheinübergang stand also nahe bevor. Die Brigade Hünerbein, der man zur Entschädigung für Wartenburg den Vortritt lassen wollte, sammelte sich und trat in geschlossenen Kolonnen zusammen. Mit und in ihr unser Regiment. Es war sternenklar und scharfer Frost; man hörte das Rollen der Diligence, die nach Koblenz hinabfuhr, das Plätschern von Rheinkähnen, die von Lorchhausen und Lorch herangerudert wurden, das Geräusch des beginnenden Brückenbaues, das Auffahren einer zwölfpfündigen Batterie. Drüben blieb alles still und schien entweder ahnungslos oder aber auf Hinterlist zu sinnen. Endlich – die Spannung war aufs höchste gestiegen – begann von 2 1/2 Uhr ab die Einschiffung der Avantgardeninfanterie auf den herbeigeschafften Kähnen. Den Übergang eröffneten 200 Füsiliere des Brandenburgischen Infanterieregiments, demnächst folgte unser 2. Bataillon, diesem der Rest der Brigade. Das Licht im Douanenhäuschen jenseits brannte. Die Überfahrt währte eine Viertelstunde. Alles blieb still, bis man das verbotswidrige Hurra hörte, mit welchem die Brandenburgischen Füsiliere das linke Rheinufer begrüßten. Gleich darauf fielen die ersten Schüsse aus dem Douanenhäuschen. Während die Füsiliere ein unbedeutendes Tirailleurgefecht zu bestehen hatten, landete auch unser 2. Bataillon, 271 Köpfe stark. Major Graf Brandenburg dirigierte die 6. und 7. Kompanie unter Führung des Hauptmanns Wiegand auf die große Straße nach Bacharach, die 5. und 8. Kompanie unter Kommando des Majors von Blücher aber seitwärts auf die Straße nach Oberwesel, von woher feindliche Detachements herbeigeeilt waren. Die Felsecke auf der Chaussee zwischen dem Douanenhäuschen und Bacharach war das Ziel, welches der Feind mehrere Male mit Nachdruck zu erreichen und zu halten suchte. Selbst Geschütze fuhren auf. Unser 2. Bataillon, dem eine Kompanie des 3. als Soutien nachgesandt wurde, verjagte den in der Verzweiflung kühnen Gegner, nahm Bacharach und setzte sich darin fest, bis es nach einigen Stunden Befehl erhielt, über Steeg nach dem Dorfe Rheinböllen zu marschieren. Als der Feind Bacharach geräumt hatte, erstiegen unser erstes und drittes sowie das erste Bataillon des Brandenburgischen Regiments den Talrand und besetzten das Dorf Henschhausen, wo demnächst die ganze Brigade sich sammelte. Das Ersteigen der Höhen war umso beschwerlicher, als der Morgen inzwischen Glatteis gebracht hatte. Dies veranlaßte ein häufiges Ausgleiten, welches denn auch nicht ohne Folgen blieb: der interimistische Regimentskommandeur Major von Herrmann beschädigte sich durch einen unglücklichen Sturz vom Felsen so sehr, daß er zurückbleiben und später wegen Invalidität seine Verabschiedung nachsuchen mußte.
Der Marsch der Brigade ging nun zunächst auf Saarbrücken, das am 7. Januar erreicht wurde, dann ins Lothringische hinein. Am 11. stand man bei St. Avold, am 18. aber überschritt man bei Pont à Mousson die Mosel und wurde den zur Einschließung von Metz bestimmten Truppen vorläufig zugeteilt. Das 1. Bataillon kam nach Moulins-les-Metz und Longeville, das 2. und 3. Bataillon in der Nähe von Plappeville, Namen, die seitdem wieder in unserem Ohr und Herzen lebendig geworden sind.
Der Aufenthalt vor Metz dauerte nur kurze Zeit, schon am 26. trafen russische Truppen als Ablösung ein. »Die Unseren wurden dadurch von einem Dienst befreit, der, infolge naßkalter Witterung und von Biwaks im halbgeschmolzenen Schnee, zahlreiche Verluste herbeigeführt hatte.« Aufgabe war gewesen, das formidable Metz womöglich einzunehmen, was beim Yorkschen Korps, das bekanntlich eine schonungslose Kritik gegen alle Anordnungen des Blücherschen Hauptquartiers übte, vielleicht nicht ohne Grund die »Champagner-Disposition« genannt wurde.
Am 26. Januar brachen unsere Bataillone auf und marschierten auf St. Mihiel. Von dort aus auf Commerzy, Ligny, St. Dizier, Vitry, also hart an der jetzigen Straßburg-Pariser Eisenbahnlinie hin. Am 3. Februar standen die Brigaden des Yorkschen Korps vor Vitry.
Am folgenden Tage wurde die Bewegung auf Chalons sur Marne fortgesetzt. Die 8. Brigade langte gegen Mittag vor der Festung an, und schon sollte zum Sturm geschritten werden, als General York von jedem Vorgehen derart Abstand nahm und die Stadt mit Granaten zu bewerfen begann.
Bald sah man Feuer aufgehen. Einige Zeit später ließ
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