Wanderungen durch die Mark Brandenburg
dieser Belagerung war apart. Eine Iliade kleineren Stils. Die Metzer, weil ihnen Herr René, König von Provence, Sizilien und Jerusalem, eine Schuld, von 100000 Gulden, aller Mahnungen unerachtet, nicht zahlen wollte, nahmen seiner Gemahlin (Schwester Karls VII. von Frankreich) ihre wertvolle Garderobe weg. Infolge dieses Affronts zogen beide Schwäger, König Karl VII. und König René, vor Metz. Auf seiten der Stadt zeichneten sich alsbald zwei Männer aus: Johann von Vytoul und Jakob Simon. Johann von Vytoul war die Seele der Verteidigung, und ritt unausgesetzt umher, um die Posten zu revidieren, war aber doch gutherzig genug, ein Glöckchen an den Schweif seines Pferdes zu binden, weil er nur ängstigen und anspornen, aber nicht strafen wollte. Nur gegen die Feinde war er unerbittlich, verurteilte die Gefangenen zum Strang, und wies jeden Auswechselungsvorschlag zurück. Ihm zur Seite stand der schon genannte Jakob Simon, Stadtschöffe und Weingutsbesitzer auf dem Banne von Longeville. Er hatte geschworen, daß er, trotz der Belagerung, seine Weinlese draußen halten wollte. Und wirklich begann er ein großes Schiff auszurüsten, indem er es mit Söldnern bewaffnete, die mit Musketen und Armbrüsten bewaffnet waren, und fuhr nunmehr die Mosel aufwärts bis Longeville. Nachdem er dort angelegt, schickte er seine Winzer und Winzerinnen in den ihm zugehörigen Weinberg. Alsbald erschien der Feind, um die jungen Winzerinnen zu entführen; aber im selben Augenblicke wurde der feindliche Trupp vom Schiff her mit Kugeln und Pfeilen überschüttet. Alles floh, und als die Körbe mit Trauben gefüllt waren, kehrte man in die Stadt zurück. An ähnlichen Zügen ist diese berühmt gewordene Belagerung von Metz reich, und gab, in allem malerisch und plastisch, einen hundertfältigen Anreiz zu künstlerischer Behandlung. Unter solcher Anregung entstand auch wohl das Glasbild in Dreilinden.
Die zweite Belagerung war die von 1552; Karl V. war der Belagerer und der Herzog von Guise der Belagerte. Die Belagerung mißlang, infolgedessen König Heinrich II. von Frankreich in Dankbarkeit und zu Ehren des Herzogs eine Medaille prägen ließ, auf der in längerer Inschrift gesagt wurde: »Mars vous a donné une couronne d'herbe. Continuez, il vous rendra les couronnes royales de Jerusalem et de Sicile, qui ont appartenu à vos ancêtres.«
Erinnerungen und Geschenke aus dem Familien- und Freundeskreise: Kunstschätze, Bilder, Porträts
Alles, oder doch fast alles, was ich hier aufzuzählen haben werde, befindet sich im ersten Stock. Ich beginne mit der Gruppe:
Raritäten und Kuriosa
1. Ein Mammutzahn. Briefbeschwerer. In der Dreilindner-Ziegelei beim Ausschachten des Lehms gefunden.
2. Ein aus Hirschgeweihen kunstvoll zusammengesetzter Riesenkronleuchter. Er brennt mit sechsundsechzig Lichtern und erleuchtet, wie schon hervorgehoben, das quadratische Speisezimmer.
3. Drei güldne Humpen, Geschenke der drei Prinzessinnentöchter des Prinzen: Prinzeß Marie, verwitwete Prinzessin Heinrich der Niederlande, gest. 1888 als Prinzessin von Sachsen-Altenburg, Prinzeß Elisabeth, Erbgroßherzogin von Oldenburg, und Prinzeß Luise Margareta, Herzogin von Connaught.
4. Ein aus einem kolossalen Elefantenzahn angefertigter Humpen, zehn Zoll hoch und über fünf Zoll im Durchmesser. Die beiden Henkel ebenfalls von Elefantenzahn, Geschenk des Herzogs von Connaught.
5. Schaufeln von Damwild, Riesenexemplare, die, wie die vorgenannten Humpen, als Tafelaufsätze dienen.
6. Ein Trinkhorn. Abwurf (aber nur die Hälfte davon) eines Vierzehnenders, der 1874 in der Forst von Nassawen, Ostpreußen, gefunden wurde. – Aus diesem Trinkhorn bot der Prinz jedem zum ersten Mal in Dreilinden erscheinenden Gaste den Willkomm-Trunk, auf welchen prinzlichen Gruß hin, der Gast aus eben diesem Trinkhorne Bescheid tun mußte. Von welcher Stelle, will sagen, von welchem Ansetzepunkt aus, darüber entschieden die Rangverhältnisse. Das Trinkhorn hat nämlich drei solcher Ansetzepunkte, zu denen sich, und zwar zwischen Geweihzacken hindurch, die Lippen der Trinkenden mühsam heranfühlen müssen, Engpässe, Defilees, unter denen die Generalsenge die relativ bequemste, die Leutnantsenge dagegen die schwierigste ist. In dieser letzteren stehen die Lippen derartig »gekeilt in drangvoll fürchterlicher Enge«, daß eine vollkommen virtuose Leistung der Aufgabe, die darin besteht, auch nicht einen Tropfen vorbeizuschütten, zu den äußersten Seltenheiten
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