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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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kanalartig, ein breiter Teich. Die Bäume zur Rechten des Wassers stehen dicht und dunkel; aber nach links hin lichten sie sich, und durch die Lichtungen hindurch, über weiße Birkenbrücken hinweg, blicken wir weit in das offene Wiesenland hinein.
    Friede ringsum. Auf das Fensterbrett vor mir setzt sich ein Spatz und zwitschert und sieht mich an, als erwarte er sein Morgenbrot von mir. Er pickt die Krumen auf, die ich ihm hingeworfen, und unterwegs seine Flügel ins Wasser tauchend, fliegt er über die Breite des Teiches hin.
    Einzelne Sträucher lachen mit roten Beeren aus dem Unterholz des Parkes hervor; die große Linde, halb herbstlich schon, streut bei jedem Luftzug ein gelbes Blatt auf die Gänge nieder; aber im Fallen zögern einzelne Blätter wieder und raffen sich auf, als überlegten sie, ob sie nicht lieber steigen sollten. Vereinzelte Vogelstimmen singen in den Morgen hinein; sonst alles still: nur das Wasser, nun fast ein Jahrhundert schon, fällt an derselben Stelle melodisch-einförmig über das Wehr, wie ein Ewiges, das die Bilder der Zeitlichkeit umschließt.
     

Gusow
     
    Und das Gold schwamm auf den Feldern
    Und des Segens war kein Ende
    Im gelobten Hamyar.
    Chr. Friedr. Scherenberg
     
    Eine Nachtfahrt hat uns an Rüdersdorf und Müncheberg vorbei bis in das Städtchen Seelow geführt. Wir gönnen uns eine Stunde Rast und fahren nun in nördlicher Richtung bei Morgenlicht und Lerchenjubel in das tief vor uns gelegene Bruch hinein. Halben Weges, ebenda, wo das Plateau abzufallen beginnt und eine Pappelallee ihre Vorposten hoch hinaufschickt, halten wir, um uns an dem Landschaftsbilde zu freuen, das sich jetzt in überraschender Schönheit vor uns ausbreitet. Der Gottessegen berührt hier das Herz mit einem ganz eigentümlichen Zauber, mit einer fromm gestimmten Freude, wie sie die Patriarchen empfinden mochten, wenn sie inmitten menschenleerer Gegenden den gottgeschenkten Segen ihres Hauses und den Reichtum ihrer Herden zählten. Wo die Hand des Menschen in harter, nie rastender Arbeit der ärmlichen Scholle ein paar ärmliche Halme abgewinnt, da kann die Vorstellung in ihm Platz greifen, als sei er es, der diesen armen Segen geschaffen habe; wo aber die Erde hundertfältige Frucht trägt und aus jedem eingestreuten Korne einen Reichtum schafft, da fühlt sich das Menschenherz der Gnade Gottes direkt gegenüber und begibt sich aller Selbstgenügsamkeit. Ein Blick von dieser Seelower Höhe läßt uns in solchen Gottessegen schauen. Die ohnehin dicht gelegenen Dörfer rücken in dem endlosen Kulissenbilde immer dichter zusammen und alles verschmilzt zu einer weitläufig gebauten Riesenstadt, zwischen deren einzelnen Quartieren die Fruchtfelder wie üppige Gärten blühen. Wer hier um die Sommerzeit seines Weges kommt, wenn die Rapsfelder in Blüte stehen und ihr Gold und ihren Duft über das Bruchland hin ausstreuen, der glaubt sich wie durch Zauberschlag in ferne Wunderländer versetzt, von denen er als Kind geträumt und gelesen. Unvergeßlich aber wird der Eindruck für den, den ein glückliches Ungefähr an einem Pfingstheiligabend an diesen Höhenrand führt. Die Feuchte des Bruches liegt dann wie ein Schleier über der Landschaft, alles Friede, Farbe, Duft und der ferne, halb ersterbende Klang von dreißig Kirchtürmen klingt in der Luft zusammen, als läute der Himmel selber die Pfingsten des nächsten Morgens ein.
    Die Pappelallee geleitet uns bergab und macht erst am Fuße des Hügels einem breiten Kastanienwege Platz, der uns bis an den Eingang des Dorfes führt. Dieses Dorf ist Gusow, eines der größten und vornehmsten jener alten Wendendörfer, die, lange vor der Urbarmachung, die sumpfige Niederung des Bruches in weitem Zirkel umspannten. Schon um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, unter Kurfürst Friedrich Eisenzahn, saßen hier die reichbegüterten Schapelows und verblieben im Besitze bis 1649, wo die beiden minderjährigen Söhne des von einem seiner Knechte erschlagenen Maximilian Wilhelm von Schapelow das verschuldete Gut nicht länger zu behaupten vermochten. Gusow kam zu gerichtlicher Versteigerung und wurde von dem bis kurz zuvor in schwedischen Diensten gestandenen Obersten Georg von Derfflinger, der sich schon drei Jahre früher mit einer von Schapelow vermählt hatte, teils sub hasta erstanden, teils freihändig angenommen.
     
Der alte Derfflinger
     
    Die Stettiner hatten sich unterfangen
    Eine Schere ausgehangen
    Dem Feldmarschall nur zum Hohn.
    »Wart, ich will

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