Wanderungen durch die Mark Brandenburg
und auf das Sonnenburger Schloß bringen. Hier gedachte er ihn seine Rache fühlen zu lassen. Als es aber dem kaum gefänglich Eingebrachten glückte, seine Flucht zu bewerkstelligen, richtete sich des Markgrafen Zorn gegen alle diejenigen, die sich zwischen ihn und den angeblich Schuldigen gestellt hatten. Zunächst gegen den Sonnenburger Schloßhauptmann von Winning. Dieser wurde angeklagt, die Flucht begünstigt zu haben, und als von Winning leugnete, ward er auf die Folter gelegt, an deren Folgen er starb. Aber des erzürnten Markgrafen Rachegelüst ging weiter, und als ihm bald darauf die Meldung kam, daß Christoph von Döberitz, ein Schwiegersohn Franz Neumanns, harte Worte gegen ihn gebraucht habe, ließ er demselben den Prozeß machen und ihn hinrichten. Dies das Tatsächliche. Zeitgenössische Geschichtsschreiber haben auch hier die Handlungsweise des Markgrafen erklären, beziehungsweise entschuldigen wollen, einige, weil der Wortbruch seines ehemaligen Kanzlers und Günstlings, andere, weil die landesverräterischen Umtriebe desselben (Auslieferung von Ordensbesitz an den Kaiser) ihn aufs äußerste gereizt hätten, aber was immer auch die Schuld Franz Neumanns selbst, eines mutmaßlich zweideutigen Mannes, gewesen sein möge, die Tortur des von Winning und die Hinrichtung des von Döberitz werden schwerlich jemals gerechtfertigt werden können. Der Groll, sich in seinen Plänen gehemmt, in seinen Interessen geschädigt zu sehen, trübte sein Urteil und riß ihn zu jähzornigen Entscheidungen fort.
All dieser seiner Fehler unerachtet war der Markgraf ein bedeutender Fürst und ein Mann voll mutiger Überzeugung, wovon er, vor eine letzte Entscheidung gestellt, ein vollgültiges und ihm zu ewigem Ruhme gereichendes Zeugnis ablegte. Das war 1548 in Augsburg, als auf dem Reichstage daselbst die für Katholiken und Protestanten bestimmte Vereinigungsformel: das »Augsburger Interim«, zur Vorlage kam. Keinem gefiel die Vorlage. Aber der Kaiser bestand auf ihrer Annahme, und die besiegten protestantischen Fürsten schwiegen und – unterschrieben. Nicht so Markgraf Hans. Er las das Schriftstück; dann erhob er sich und erklärte vor Kaiser und Reich, »daß er dies verführerische Gemisch von Wahrheit und Trug nicht annehmen wolle. Lieber Beil als Feder, lieber Blut als Tinte«, und damit schob er das Schriftstück zurück. Der Kaiser sah ihn zornig an und gebot ihm, den Reichstag zu verlassen, – eine Verbannung, der er gern gehorchte. Und heimgekehrt in seine Stadt Küstrin, schrieb er über die Tür seines Arbeitszimmers:
Hast du Feind' und fehlt dir Glück,
Hab' guten Muth, weich' nicht zurück.
In steter Hoffnung leb' und trag',
Was dir auf Erden begegnen mag.
Um dieser seiner Standhaftigkeit willen ward er damals als ein Hort und Retter jener Glaubensbefreiung angesehen, der er in der Tat sein Leben gewidmet hatte, und dem Urteil eines seiner Biographen wird auch heute noch zuzustimmen sein: »daß sein Einfluß auf das Schicksal des Protestantismus in Deutschland ein sehr bedeutender gewesen sei, viel bedeutender, als selbst unsere märkischen Spezialgeschichten hervorzuheben pflegen«.
In dem neumärkischen Lande aber, das er ein Menschenalter lang regiert, lebt sein Andenken fort bis diesen Tag, freilich nicht in seiner Eigenschaft als Führer und Beschützer der protestantischen Sache! Was er nach dieser Seite hin getan, konnte nicht Wurzel fassen in den Gemütern eines Stammes, von dem in Lob und Tadel gesagt worden ist, »daß er keine Heiligen hervorgebracht, aber auch keine Ketzer verbrannt habe«. Er lebt fort in dem, was diesem tüchtigen, aber durchaus nüchternen Mischvolk zu beiden Seiten der Oder allezeit das Wichtigste war, in Fragen der Ordnung und der Vorsorge, des Häuslichen und des Wirtschaftlichen. Und das spiegelt sich in den Sagen, die bis heute von ihm umgehen. »In den Kasematten von Küstrin«, so heißt es, »steht sein Bett, das hängt in Ketten, und ein altes Mütterchen ist ausdrücklich gehalten, es jeden Tag aufs sorglichste zu machen. Des Morgens aber ist eine Grube darin und eine warme Stelle, als hätte wer darin gelegen.« »Und fremdes Volk«, so plaudert die Sage weiter, »mag er in seiner Stadt nicht leiden, am wenigsten einen Feind. Das hat manche französische Schildwacht erfahren müssen, und ging sie zu nahe am Rande des Wallganges, der zwischen Bastion König und Bastion Brandenburg läuft, so war er bald neben ihr und sprach mit ihr und stieß
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