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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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grenzten an ebenso viele Fehler. Sein Scharfblick, in Argwohn und Mißtrauen ausartend, ließ ihn den Spruch:
     
    Unter Tausenden trau einem recht,
    Bis du erkennst ihn treu oder schlecht,
     
    zu seinem Lieblingsspruche wählen, und die Handhabung des Gesetzes trieb er mit einer eisernen Strenge und Unnachsichtigkeit, daß er den Beinamen Severus erhielt und verdiente. Es war zu rühmen, daß er sich beflissen zeigte, das Räuber- und Mordbrennerwesen, das an der Tagesordnung war, mit Stumpf und Stiel auszurotten, aber es war zu streng, zu streng auch aus dem Geiste seiner Zeit heraus, Flucher, die schon wiederholentlich wegen Fluchens bestraft worden waren, schließlich hinrichten zu lassen. Sooft er Todesurteile zu bestätigen hatte, tat er es mit dem Worte: »Auferas malum e medio populi tui«, und wer für Verbrecher zu bitten kam, erhielt einfach die Antwort: »Fiat justitia et pereat mundus.«
    Sein Kardinalfehler war der Geiz, in den seine weise Sparsamkeit beständig ausartete. Wenn sein Kanzler Barthold von Mandelsloh in seidenen Strümpfen vor ihm erschien und er ihm zurief: »Bartholde, ich habe auch seidene Strümpfe, aber ich trage sie nur Sonn- und Festtags«, so mag das als ein humoristisch anklingender Zug lächelnd und dankbar hingenommen werden, wenn er aber, nach Art mancher modernen Adeligen, das Prinzip verfolgte, Rechnungen auf lange Zeit hin unbezahlt zu lassen, so wird ihm dies schwerlich als Zierde angerechnet werden können. Sein Nürnberger Büchsenmacher kannte diese Sonderlichkeit des hohen Herrn und richtete deshalb folgendes Schreiben an ihn: »Guten Tag, Herr Markgraf. Eure Büchse ist fertig. Schickt Ihr mir Geld, so schick' ich Euch die Büchse. Schickt Ihr mir das das Geld
nicht
, so schick' ich auch die Büchse nicht. Hiermit Gott befohlen.«
    Er war von Kopf bis Fuß ein Finanz- und Börsenmann und lieh Geld auf Zinsen. Niedere und hohe, je nachdem. Innerhalb seines eigenen Landes wurde er dabei sehr wahrscheinlich von der nicht unlöblichen Absicht geleitet, Bedrängten Hilfe zu leisten, ohne geradezu schenken zu müssen, nach außen hin aber fielen diese Rücksichtnahmen fort und entschied nichts als der eigene Vorteil. Und diesem Vorteile hing er derart energisch nach, daß es ihn unter Umständen nicht kümmerte, mit seinen sonstigen Rechtsanschauungen in den sichtlichsten Widerspruch zu geraten. Auch darin ganz wie Friedrich Wilhelm I., der kein furchtbareres Verbrechen kannte als Desertion, und dennoch seine Werber beständig anhielt, in fremden Ländern dazu zu verführen. Alles nur um seiner dominierenden Leidenschaft, der Leidenschaft für große Soldaten, ein Genüge zu tun. Markgraf Hans, in sehr ähnlicher Weise, verpflichtete sich, wenn auch unter gewissen Reservationen, gegen ein Jahresgehalt von 5000 Talern in Philipps II. und des katholischen Spaniens Dienste zu treten. Seine dominierende Leidenschaft: der Hang nach dem Gelde, war eben stärker als sein Protestantismus.
    Am häßlichsten erwies sich diese seine Leidenschaft in seinem Verhältnisse zum Johanniterorden, weil sie sich in diesem speziellen Falle bis zur Rachsucht und Grausamkeit steigerte. Es ist unerläßlich, bei diesen Vorgängen, deren Opfer der Herrenmeister Franz Neumann und sein Anhang war, einen Augenblick zu verweilen.
    Franz Neumann war Ende des 15. Jahrhunderts zu Sagan in Schlesien geboren. Er kam nach Krossen, wurde Rektor daselbst und wußte, bei Gelegenheit eines festlichen Redeaktes, den Markgrafen durch glänzende Beredsamkeit derartig hinzureißen, daß er ihn nicht nur zu seinem Küstriner Rat und Kanzler ernannte, sondern auch seine Wahl und Ernennung zum Herrenmeister des hochadeligen Johanniterordens durchsetzte. Eine hohe Stellung, die nie vorher von einem Bürgerlichen bekleidet worden war. Und so läßt sich denn mit einer an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit annehmen, daß alles dies nur auf bestimmte Versprechungen hin erfolgte, die zu halten der kaum ernannte Herrenmeister sofort ein Widerstreben zeigte. Die Herausgabe von Ordensländereien, vielleicht auch viel anderes noch, unterblieb und führte schließlich, bei fortgesetzter Weigerung, zu einer allerheftigsten Erzürnung des Markgrafen. Er begann, dem Herrenmeister – in dem er vielleicht eine bloße Kreatur, gewiß einen durch Amts- und Lehnseid an sich geketteten Diener sah – nach Freiheit und Leben zu trachten, und ließ ihn bei sich bald darbietender Gelegenheit durch einige seiner Mannschaften aufheben

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