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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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jedoch geschickt herauszureden und versicherte nur immer wieder, daß er das Porträt lediglich als eine Probe seiner Arbeit gezeigt habe, es auch härter als den Tod empfinden würde, wenn er sich davon trennen müsse.
    ›Sie spielen ein großes Spiel‹, schloß ich, ›und ich fürchte sehr, daß ich in allem, was ich Ihnen gesagt habe, nur ein allzu guter Prophet gewesen bin.‹
    ›Wenn ich den Kopf verliere‹, antwortete er, ›so geschieht es um einer schönen Sache willen. Aber der Prinz wird mich nicht im Stich lassen.‹
    »Nach dieser Unterredung« – so schließt die Prinzessin – »trennten wir uns. Es war das letzte Mal, daß ich ihn sah, und ich glaubte damals nicht, daß sich meine Voraussagungen so bald erfüllen würden.«
     
    *
     
    Dies Zwiegespräch fand am 11. August statt. Am 16. ward er verhaftet. Was danach folgte, ist in den voraufgegangenen Abschnitten dieses Kapitels erzählt worden.
    Es erübrigt nur noch die Frage: Welche Dinge sind vorhanden, die den Namen Kattes in der einen oder andern Weise bis diesen Tag festhalten: Baulichkeiten, Hausgerät, Bilder.
    Briefe (wenn nicht das Staatsarchiv einiges davon bei den Akten hat) scheinen originaliter nicht mehr zu existieren; das »Wachtlokal« in der Kaserne des Regiments Gensdarmes ist, wie die Kaserne selbst, längst vom Schauplatz verschwunden, und das Küstriner Torhäuschen, in dem er die Nacht vor seinem Tode zubrachte, wurde neuerdings bei Wegräumung des Tores mit niedergerissen. Auf Schloß Retzin dagegen befindet sich noch eine silberne, das Kattesche Wappen tragende Zuckerdose, die der Gefangene mit in sein Gefängnis genommen haben soll, und drei Bilder sind noch vorhanden – an übrigens sehr verschiedenen Stellen –, die den Anspruch erheben, Bildnisse Hans Hermann von Kattes zu sein.
    Das erste Katteporträt ist königliches Eigentum und befindet sich zu Schloß Charlottenburg in dem, soviel ich weiß, bis diesen Augenblick unberührt erhaltenen Arbeitskabinette König Friedrich Wilhelms IV. Es hing, als ich es vor einer Reihe von Jahren zum ersten Male sah, über der Eingangstür.
    Das zweite Katteporträt ist im Besitz von Gustav zu Putlitz auf Schloß Retzin in der Priegnitz. Er schreibt darüber folgendes: »Kattes Halbschwester war meine Urgroßmutter und aus der Nachlassenschaft einer Tochter derselben (meiner Großtante) kam dieses Bildnis in unser Haus. Ich entsinne mich deutlich noch des Tages, als es mit vielem anderen uralten Hausgerät ausgepackt wurde. Es machte einen großen Eindruck auf mich, trotzdem ich noch ein Kind war, denn ich kannte die Geschichte Kattes, die mir von der alten Tante als eine Familientradition oft erzählt worden war. Das einsame, abgeschlossene und meist ereignislose Leben jener Zeit erhielt die Familiengeschichten durch Generationen hin lebendig und gab ihnen besondere Wichtigkeit.«
    Das dritte Katteporträt befindet sich inmitten anderer Familienporträts aus jener Zeit in dem großen Empfangssaale des Herrenhauses Wust.
    Sind diese Bildnisse zuverlässig? Keines stimmt mit der charakteristischen Personalbeschreibung, die sowohl Pöllnitz wie die Markgräfin von von Katte gegeben haben. »Häßlich, blatternarbig, mit breiten, buschigen Augenbrauen« und infolge davon »finster, melancholisch, unheimlich.« Vergleichen wir damit die Porträts, so zeigen uns dieselben einen eher hübschen als häßlichen, eher fröhlichen als finsteren, eher anheimelnden als unheimlichen jungen Mann. Wenn wir, trotz der daraus entstehenden Zweifel, auf diese Bilder hingewiesen haben, so geschah es, um an einem glänzenden Beispiele zu zeigen, wie viel oder wenig es mit derartigen Echtheitsversicherungen 50 auf sich zu haben pflegt.
    Der Strom der Tradition, solange er ununterbrochen fließt, kann unter Umständen ebenso wertvoll, ja wertvoller sein als das verbürgte Aktenstück. Aber nichts ist seltener als solche Kontinuität der Überlieferung. Und nur einen Tag unterbrochen, bemächtigen sich Willkür und Einbildungskraft des Gegenstandes, und das Chaos der Meinungen beginnt.
     

Der König und die Kattes
     
    Der König hatte für den Sohn nur die Strenge des Gesetzes gehabt; anders für den Vater. Das Füllhorn seiner Gnade war über ihm. Er wußte wohl, was er dem Herzen und Namen desselben an Schmerz und Kränkung angetan hatte, und alle seine Bemühungen – Bemühungen, die sich zeitweilig in die Form von Zartheiten kleideten – gingen zehn Jahre lang unausgesetzt dahin, das

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