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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Geschehene vergessen zu machen oder wenigstens nach Kräften auszugleichen. Freilich nur mit halbem Erfolg. Der alte Katte nahm alle diese Gnadenbezeugungen hin und dankte dafür und küßte seines gnädigen Königs Hand; aber die Freude des Daseins war aus seinem Leben gewichen, und eine Reihe von Briefen, die durchzusehen mir gestattet war, gibt in rührender Weise Zeugnis davon.
    Aus der Reihe dieser Briefe will ich in nachstehendem zwei mitteilen, die noch unter dem ersten Eindruck geschrieben, seitens des Generalleutnants an seinen Bruder den Kammerpräsidenten von Katte zu Magdeburg gerichtet wurden. Der erste dieser Briefe an die Gemahlin des Kammerpräsidenten lautet:
     
    »Hochwohlgeborne Frau, Sehr wertheste Frau Schwester! Die betrübten Umstände, darin ich nach Gottes heiligem, unbegreiflichem Willen gesetzet worden bin, sind wohl mit keiner Feder zu beschreiben, und wenn ich nicht auf Gott sähe, so müßte ich vergehen.
    Meine liebe Frau Schwester, consideriren Sie mein Elend. Ist es möglich, es auszustehen! Anfänglich wußte ich nicht, wo ich war. Keine Thräne ist aus meinen Augen gekommen... Bei meiner Frau war Doktor, Priester und Feldscheer. Bedenken Sie das Elend in meinem Hause. Wäre nicht die Herzogin und Prinzessin gekommen, meine Frau wäre uns unter den Händen geblieben. Gott vergelte es ihnen.
    Ich möchte vor Trauer vergehen, wenn ich an meinen Sohn denke. Mein Sohn hat es vergeben; ich muß es auch thun. Man hat dem Könige die Sache größer gemacht; ihr Ende ist noch nicht da. Mein Sohn stehet vor dem gerechten Richter, und tröstet mich sein schönes Ende. Aber Morgens und Abends quälet mich sein Tod. Des Königs gnädige Briefe können ihn mir nicht wiedergeben.
    Mein Sohn hat dem Major von Schack (der mit commandirt gewesen) in seine Schreibtafel seinen letzten Willen diktiret. Unter anderem soll der Kriegsrath Katt seine güldene Tabatière und einen Schimmel mit dem rothen Sattel haben... Ich will so viel als möglich in allem seinen letzten Willen erfüllen. Es ist seine letzte Bitte gewesen: ich wolle doch ja seine Schulden bezahlen, damit niemand über ihn seufze. Da dies nun aus einer noblen Seele kommt, werde ich nach Möglichkeit alles thun.
    Meine liebe Frau Schwester, haben Sie doch Mitleid mit mir. Ich möchte vergehen, wenn ich an meinen Sohn gedenke. Gott hat mir gar zu schweres Kreuz auferlegt. Mein Gott, wie ist mir zu Muthe. Der arme Wurm hat kaum vier Tage Zeit gehabt, sich zu praepariren; aber der barmherzige Gott hat Wunder an ihm erwiesen. Der sei gepreyset! Aber welche harte Wege führt mich mein Gott. Engels-Frau Schwester, grüßen Sie meinen Bruder und schicken Sie mir cito die Namen aller derer, so man es notificiren muß. Ich kenne unsre Freundschaft nicht... Ich bin meine Engels-Frau Schwester anitzo in Thränen ihr getreuer Diener H. H. Katt. Königsberg. 23. Nov. 1730. Nachschrift. Lassen Sie sich doch von Herrn von Platen den Abschiedsbrief zeigen, den das arme Wurm unterwegs im Wirthshause auf Zettelpapier geschrieben hat.«
     
    Der Brief, von dem der alte Generalleutnant hier spricht, ist der, den Katte am 3. November auf seiner Fahrt nach Küstrin im ersten Nachtquartier niederschrieb und den ich an betreffender Stelle mitgeteilt habe. Dem hier Vorstehenden nach scheint es fast, daß der Vater am 23. November das Abschiedsschreiben noch nicht in Händen hatte, wohl aber durch andere briefliche Mitteilungen aus Berlin von seiner Existenz unterrichtet war.
    Der zweite Brief – wie der erste mit Trauerrand – ist vier Wochen später an den Kammerpräsidenten selbst gerichtet.
     
    »Hochwohlgeborener Herr, Werthester Herr Bruder! Ich bin Euch unendlich obligiret für Euer herzlich bezeigtes Mitleiden. Ja mein lieber Bruder, Trost ist mir bey diesen betrübten Umständen höchst nöthig; und obwohl der barmherzige Gott mir viel Gnade gethan und bei meinem schweren Kreuz so viel Tröstliches gegeben hat, so will doch die natürliche Liebe sich noch nicht brechen, kann sich auch so bald nicht geben!
    Ich weiß nicht, wie Gott mir alles solchergestalt zuführet, daß es mir zum Trost und soulagement dienen muß.
    1. Mein lieber Bruder, ist es nicht tröstlich dieses schöne und exempelwürdige Ende?
    2. Ist es nicht tröstlich, daß die Execution in Cüstrin hat geschehen müssen, um allen Leuten begreiflich zu machen, warum er ein sacrifice?!
    3. Ebenso daß das Kriegsgericht ihm nicht das Leben abgesprochen, sondern des Königs Machtspruch.
    4.

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