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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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vorgelegt werden.
    Eine Ode, an Frau von Wreech gerichtet, eröffnet den Reigen. Man muß es damals mit den Gattungseinteilungen nicht allzu genau genommen haben, denn die Zeilen verhalten sich zu dem Schwung einer wirklichen Ode, wie sich Kotzebues »armer Poet« zum Goetheschen Tasso verhält. Der Prinz erklärt, daß er Frau von Wreech liebe; daß es freilich Menschen gäbe, die da meinten, Liebe sei Schwäche, daß er für sein Teil aber die schwachen Herzen angenehmer fände als die Herzen von Stein. In den mittleren Strophen heißt es dann in leidlich wohlgesetzten Alexandrinern:
     
    Hab' ich zuviel gesagt und ging mein Lied zu weit,
    So wiss', in Bangen nur übt' ich Verwegenheit,
    So denke, daß ich schwieg, als ich zuletzt dich sah,
    Ich schwieg, denn Göttin-gleich, wortraubend standst du da.
     
    Gebiet'rin, die du bist, gestatte mir noch oft
    Geständnis all' des Glücks, drauf meine Seele hofft,
    Geständnis dessen all', was ich bisher bezwungen,
    Darbringungen im Lied all' meiner Huldigungen.
     
    Ein glücklicher Zufall hat uns auch die Reimzeilen aufbewahrt, mit denen Frau von Wreech diese poetische Adresse des Kronprinzen beantwortete. Sie wurden nämlich im Brouillon auf die Rückseite des kronprinzlichen Briefes geschrieben und lauten wie folgt:
     
    Welch' Wunder trug sich zu? Was ist's, das sich begab?
    Es steigt ein Königssohn, ein Prinz zu mir herab,
    Besingt in Liedern mich und fordert mich zum Streit;
    Antworten seinem Lied wär' wie Verwegenheit,
    Ich kann es nicht, nein, nein, verwirrt in jedem Sinn
    Fährt, über was ich schrieb, die Feder wieder hin.
     
    Wohl hab' ich oft gehört, an diesem, jenem Ort,
    Wer nur im Herzen fühlt', dem gibt sich auch das Wort,
    Doch trät ich keck zum Kampf mit dir, Erhabener, ein,
    Müßt' ich an Witz und Wort zuvor dein Echo sein.
     
    Solch' Echo bin ich nicht: all' meiner Seele Schwung
    Entspringt aus einem nur, aus der Bewunderung
    Womit ich vor dir steh'; dein Tun, das in mir lebt,
    Dein Schicksal ist's allein, was mich zu dir erhebt.
     
    Es huldigt mir dein Wort; ich habe des nicht Leid,
    Ist doch huldvolles Wort der Hoheit schönstes Kleid,
    Und du, du botest mehr, der Grazien schöne Hand
    Gestaltete zum Lied, was deine Huld empfand,
    Du gabst mehr Ehre mir, als je mein Herz erfuhr,
    Und all' mein Sein ist Dank und stille Huld'gung nur.
     
    Dies sei genug. Auffallend ist es, daß sich in diesen Versen, die spätere Ruhmesbezeichnung gleichsam antizipierend, bereits der Ausdruck »le grand Frédéric« vorfindet. Das bewundernde Hinaufblicken aber zu diesem grand Frédéric erklärt sich wohl überwiegend aus der erst kurze Zeit zurückliegenden »Küstriner Tragödie«, die den Kronprinzen, vor aller Welt Augen, mit einem Märtyrer- und Glorienschein umkleidet hatte.
    Ich sagte, die Sechsfüßler, die der Kronprinz seinen Briefen beilegte, waren doppelter Art: einerseits Huldigungen gegen Frau von Wreech, andererseits kleine literarische Beilagen, die ein Geplauder, einen Meinungsaustausch, eine espritvolle Kontroverse wachrufen sollten. Begreiflicherweise sind es diese letzteren, denen ich ein besonderes Gewicht beilege, weil sie das ästhetisch-literarische Fundament des Verhältnisses ungleich besser charakterisieren, als jene Huldigungsstrophen.
    Diese literarischen Beilagen bestanden zunächst aus Satiren, ebenfalls in den unvermeidlichen Alexandrinern geschrieben. Er rächt sich in ihnen für alle während seiner Gefangenschaft erlittene Unbill und jeder, der ihn gepeinigt oder auch nur vorübergehend gelangweilt hat, erhält seinen Geißelhieb. Der Gouverneur von Lepel, der Kammerdirektor Hille, die neidische Frau von Wolden, alle ziehen sie noch einmal vorüber, zuletzt die Colonelle Eberts, von der es heißt, »daß sich über ihre Dummheit eine ganze Äneide schreiben ließe.« An Noten, Erläuterungen und Randbemerkungen ist kein Mangel, und in einem Postskriptum erfahren wir, daß die ganze Satire in etwa vierzehn Tagen geschrieben und doch immer noch voller Fehler sei, während alles Gute darin dem Horaz oder Juvenal entstamme. Oder auch dem Boileau.
    So waren die Verspakete, die die kronprinzlichen Briefe nach Tamsel hin begleiteten. Diese selber glichen Aufsätzen und hoben das literarische Interesse weit über das Herzensinteresse hinaus.
    Etwa um die Mitte November, kurz vor seiner völligen Aussöhnung mit dem Vater, schreibt er:
    »Verehrteste Cousine! Des guten Glaubens, daß Sie zu meinen besten Freunden in diesen Gegenden

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