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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Amerika, wenn Du los kämest, weiß niemand etwas davon, und Du stehst so gut als Ehrenmann da, wie jeder andre. Glaube mir, meine einzige Bitte zu Gott ist jetzt Dein Leben, und wenn alle die Gebete erhört werden, welche dafür zum Himmel emporsteigen, so wirst Du gewiß erlöst. Verzweifle nur nicht, stelle Dich wahnsinnig, aber werde es nicht. Kann ich Dir in sonst etwas dienen, so sprich es aus. Alles was ich tun kann, tue ich gewiß mit Freuden. Tu nur keinen übereilten Schritt; Dein Entschluß, nicht auf dem Schaffot zu sterben, ist Dir von Gott eingegeben. Ich könnte nicht leben, wenn ich Dich hinrichten sähe. Dein Adalbert von L.
     
Emil von Arnstedt an Adalbert von L.
    12. Januar 1837. Mein guter lieber Adalbert. Meine Flucht aus dem Kerker, auf die Du hinweist, ist kinderleicht; bedenke aber dann weiter. Ich bin hier entblößt von allen Mitteln, zur Reise braucht man Geld, auch müßt' ich von Kopf bis Fuß anders gekleidet werden. Die Sache ist also kostspielig und ich kann von Dir solches Opfer gar nicht annehmen. Reißen aber alle Stränge, so muß Rat geschafft werden, auch Geld, es mag kommen woher es will, und wenn ich mich dem Satan verschreiben sollte. Ich warte mit Schmerzen auf die Rückkehr meiner Mutter (wahrscheinlich von Berlin, wo sie dem König ein Gnadengesuch überreichen wollte), von der hängt viel ab. Fällt das Resultat glücklich aus, so bleib' ich vernünftig, wo nicht, so werd' ich wahrscheinlich wahnsinnig, und dann fang' ich damit an, daß ich alles kurz und klein schlage. Ich werde meine Rolle schon spielen. Du mußt mir jedesmal schreiben, wann Du meinen Brief erhalten hast und das Datum darauf setzen. Ich schicke Dir Deine Briefe mit; Du hebst sie mir auf, daß, wenn ich sie fordere, Du sie mir geben kannst. Verwahre die von mir geschriebenen so, daß, wenn man bei Dir nachsuchen sollte, man keinen findet. Ich schicke Dir hier einen Brief an meine liebe Kl. mit; ich überlasse es Deinem Gutachten, denselben abzugeben oder nicht. Zugleich liegt hier die Zeichnung zu dem Schlüssel meiner Ketten bei, zur Flucht muß ich sie lösen, habe ich aber den Schlüssel nicht, so muß ich das Schloß zerbrechen, was mich verraten möchte. Kannst Du mir nicht diesen Schlüssel machen lassen? In diesem Falle benachrichtige mich, wenn er fertig ist. Das Weitere sollst Du dann hören... Ach wenn ich Dir doch mit Worten schreiben könnte, welche Freude ich über Deinen Brief empfand! Im Vertrauen auf diesen Brief schreib ich an Klara. Möchte sie mir doch antworten. Sie ist mein Gedanke bei Tag und Nacht. Im Traume umgaukelt sie mich. Liege ich abends so wachend auf meiner Pritsche, so ist es oft, als stände sie vor mir und lächelte mich freundlich an.
     
    Sehnend breit' ich meine Arme
    Nach der Teuren Schattenbild,
    Ach ich kann es nicht erreichen
    Und das Herz bleibt ungestillt.
     
    Wenn Du, lieber Vetter, mir von ihr einen Brief senden könntest, ich würde vielleicht schon aus Liebe wahnsinnig. Es ist doch ein köstlich Ding, daß wir uns so unterhalten können. Ja, ja, die Liebe und die Not sind erfinderisch, und wer weiß wie es stünde, wenn dies nicht wäre. Benachrichtige mich doch offen, was die Leute so über meine Bestrafung sprechen. Ob der Entschluß in mir oder bei Andern gereift ist und ob ich freiwillig oder durch das Los zum Mörder wurde, darüber laß mich schweigen, und auch Du schweige gegen andre. Nun lebe wohl, schreibe bald und sei nicht so kurz mit Deinen Worten; Du schreibst fünf Zeilen und ich Dir immer ellenlange Briefe. Laß ja den Schlüssel machen; siehe Dich aber mit dem Schlosser vor, er muß Dich entweder genau oder gar nicht kennen. Dein Emil
     
III.
    Um die Mitte Januar bricht die Korrespondenz ab, um erst zwei Monate später wieder aufgenommen zu werden. Ob hier Briefe fehlen oder ob einfach die Wachsamkeit eine größere geworden war, läßt sich aus der Korrespondenz selbst nicht entnehmen. Diese wird immer äußerlicher und zum Teil auch zynischer, je näher die Katastrophe rückt, was unerklärlich wäre, wenn man nicht annehmen müßte, die Hoffnung auf Begnadigung habe ihn bis zuletzt begleitet. Ich lasse nun wieder die mit dem 10. März aufs neue beginnenden Briefe sprechen.
     

Adalbert von L. an E. von Arnstedt
     
    10. März 1837. Lieber Arnstedt. Gott sei Dank, endlich mal wieder etwas von Deiner lieben Hand. Meine Freude beim Anblick Deiner letzten Zeilen war unaussprechlich. Du verlangst einen ausführlichen Bericht und ich

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