Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
zusammenrückten, um Platz für den letzten zu schaffen. Denn die Pieskowschen gingen eher ein als die Saarowschen. Und der mit dem Kuckfenster habe ganz bös ausgesehn und den Kopf geschüttelt, als ob er's nicht leiden wolle. Denn er sei schon bei Lebzeiten immer sehr stolz gewesen und habe sich nicht gerne beiseite schieben lassen. Es ist natürlich alles Dummheit und ungebildet, aber die Leute machen sich nun mal solche Geschichten.«
»Und tuen auch recht daran. Es liegt doch immer was drin. Und ist denn die Gruft nicht mehr da? Den mit dem Kuckfenster säh ich gerne.«
»Nein, die Gruft ist nicht mehr da, sie haben sie zugeschüttet. Aber hier rechts neben dem Altar, wenn Sie mit Ihrem Stock aufklopfen wollen, da können Sie's noch deutlich hören. Es klingt alles hohl.«
Ich ließ auf diese Weisung hin meinen Stock auch wirklich fallen, und als ich mich überzeugt hatte, daß er recht habe, dankt ich ihm und verließ die Kirche mit dem Hoch- und Vollgefühle, die Löschebrandsche Gruftstelle nicht bloß hypothetisch ermutmaßt, sondern sie mit Hülfe des »hohlen Klanges« über jeden Zweifel hinaus historisch festgestellt zu haben.
Es war nun Zeit, mich nach unsrem Wagen umzusehn, und ich hatt auch nicht lange danach zu suchen. Er hielt drüben an der andern Seite des Kirchplatzes, vor einem sehr niedrigen Hause, von dessen Dache sich das Moos mit der Hand wegfegen ließ. Es war ganz ersichtlich der Krug, auch ein Schild schimmerte herüber, aber die Pferde waren nicht ausgespannt und fraßen einfach aus einer Stehkrippe. Neben der Tür bemerkt ich Moll, und als er mich kommen sah, kam er mir entgegen und lüpfte melancholisch den Hut.
»Ich dachte, Sie wollten ausspannen, Moll.«
»Ich wollt auch. Man bloß es ging nicht. Is das eine Gegend! In Saarow is nichts, das kenn ich, und hier in Pieskow is gar nichts.«
»Aber die Leute werden hier doch einen Stall haben?«
»Is schon richtig. Aber keinen Pferdestall. Alles, was sie haben, is 'ne Ziege un, wenn's hoch kommt, 'ne Kuh. Und wer ein paar Pferde hat, na, der hat auch ein bißchen Acker und krügert nich und hat nich Lust, zu dienern und zu katzenbuckeln und einem groben Knecht einen doppelten Bittern einzuschenken.«
»Ich versteh. Aber wissen Sie, mich friert hier trotz aller Sonne. Kommen Sie, Moll, wir wollen es drin versuchen. Es wird doch wohl warm sein.«
Und so traten wir in die Krugstube.
Drinnen war es auch wirklich warm. Aber außer der dicken Luft rührte sich nichts, trotzdem sich drei Menschen in der Stube befanden. Auf einer Ofenbank, die Füße weit vorgestreckt, saß eine Frau von vierzig oder mehr und hatte beide Hände hoch unter ihre Schürze gelegt, als verberge sie was. Es war aber nur Angewohnheit. Ihr zur Seite rekelte sich ihre vierzehnjährige Tochter, ein hübsches, schlank aufgeschossenes Ding, und beschäftigte sich damit, einen blauen Wollfaden um ihren Zeigefinger herum- und dann wieder abzuwickeln. Am erfreulichsten war das jüngste Mitglied der Familie, das auf einer Hutsche ritt und einem hölzernen Pferde das wenige von Haaren auszog, womit des Bildners Hand es an Hals und Hinterteil ausgestattet hatte.
Mein »Guten Tag« war nicht unfreundlich, aber doch gleichgültig beantwortet worden, und es schien in der Tat nicht, als ob wir weiterkommen sollten. Endlich faßt ich mir ein Herz und sagte: »Die Sonne will auch gar kein Ende nehmen. Ich glaube, Regen wäre gut.«
»I, Sünn is ook goot.«
»O gewiß. Aber alles zu seiner Zeit. Wir haben die Sonne nun schon vier Wochen, und nichts kommt 'raus, und eigentlich müßte doch alles schon in Blüte stehn.«
»Joa. Man blot in Pieskow nich.«
»Aber das klingt ja, liebe Frau, wie wenn hier überhaupt nichts blühte.«
»Na, binoah is et ook so.«
Moll mischte sich hier ins Gespräch und entwickelte seine Lieblingsideen über den Segen des Kapitals und den Unsegen der Kapitalisten. Geld sei gut, das sei keine Frage, ja Geld sei sogar sehr gut. Ohne Geld ging' es eben nicht. Aber die reichen Leute, die bloß reich wären und kein Herz und kein Gewissen hätten und bloß immer reicher werden wollten, die verderben alles und plünderten alles, und eh nicht ein richtiger Edelmann hier wieder ins Pieskowsche käm...
»I wo«, unterbrach ihn die Frau heftig und zog ihre Hände von der Schürze weg. »I wo. Wat salln wi mit 'n Edelmann? Wat is Edelmann! In olle Tiden, na, doa gung dat, un doa wihr dat nich anners. Awers nu? Du mien Jott, de hebben joa alleen nix.
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