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Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Senat hat sich versammelt: berühmte Maler und Bildhauer; keiner fehlt. Der Saal ist hell erleuchtet und das Licht fällt auf die schönen Blechenschen Zeichnungen, die ringsum an den Ständern und Wandschirmen befestigt sind. Am obern Ende des Ovaltisches aber, dessen grüne Decke mit vielen hundert Goldnägelchen an der Tischplatte befestigt ist sitzt der alte Schadow, die Arme bequem auf die Seitenpolster eines Lehnstuhls gelegt, während seine Füße in hohen Pelzstiefeln stecken und ein mächtiger grüner Augenschirm uns die obere Hälfte seines Gesichtes verbirgt. Es ist heut ein wichtiger Tag: Annahme neuer Schüler, und am entgegengesetzten Saalende steht Professor Stabfuß und kontrolliert alle sich zur Aufnahme Meldenden. Wessen Zeugnisse nicht in Ordnung sind, wer zu jung ist oder zu alt, wird unerbittlich zurückgewiesen, und heitre und verblüffte Gesichter wechseln untereinander ab. Da tritt ein junges Bürschchen ein, ein echtes Berliner Kind, dessen kraus aufrecht stehendes Haar gegen alle Ängstlichkeit in der Welt zu protestieren scheint. Am besten, ich stell ihn vor: Richard Lucae, später selber ein Direktor (der Bauakademie).
    Die Sicherheit seines Auftretens, auf daß nichts verschwiegen werde, hat freilich noch seine besonderen Gründe: Der alte Schadow ist Hausfreund bei des blonden Krauskopfs Eltern, und kein Geburtstag ist seit funfzehn Jahren vergangen, wo nicht die Mutter des eben Eingetretenen, eine heitre thüringische Frau, dem »Herrn Nachbar und Gevatter« einen Quarkfladen als Geburtstagsgeschenk übermittelt hätte. Das Berliner Kind kennt natürlich die Welt; die Macht der Connexion ist ihm kein Geheimnis mehr, und auf Professor Stabfuß' wiederholte Frage nach Zeugnissen und allerhand andern Papieren erklärt er mit äußerster Unbefangenheit, daß er weder Zeugnisse noch andere Papiere habe. Die Ruhe, mit der diese Erklärung abgegeben wird, hat etwas Provokatorisches, und Stabfuß beginnt seinem Ärger Luft zu machen. Richard Lucae repliziert ebenso, der Lärm wird immer größer, und der alte Schadow, dessen schläfrig scheinender Aufmerksamkeit in Wahrheit nichts entgangen ist, ruft endlich über den Tisch hin: »Wat is denn los?«
    Statt aber eine direkte Antwort zu geben, tritt der Professor vom andern Saalende her an den Alten heran, zeigt auf das Jüngelchen, das ihm gefolgt ist, und sagt in gereiztestem Tone: »Herr Direktor, hier ist einer von den Lucaes nebenan; er will in die Gipsklasse; aber nichts ist in Ordnung.«
    »So, so«, brummelt der Alte, hebt den Augenschirm halb in die Höh, mustert den jungen Aspiranten der Gipsklasse und sagt dann: »I, det is ja Richard.«
    Der Angeredete verbeugt sich zustimmend.
    »Höre, Richard, sage doch Muttern, der letzte Kuchen war wieder sehr gut. Aber vergiß 't nich.« 1)
    Die Professoren, längst an Intermezzos dieser und ähnlicher Art gewöhnt, lächeln behaglich vor sich hin, wie wenn sie sagen wollten: »ganz im Stil des Alten«, und nur Stabfuß beißt sich auf die Lippen, denn er ahnt, daß seinem Ansehn eine neue große Niederlage bevorstehe.
    »Na, Richard«, fährt der Alte fort. »Du wist also in de Gipsklasse?«
    »Ja, Herr Direktor.«
    »Haste denn ooch Lust?«
    »Ja, Herr Direktor.«
    »Hast ooch schon gezeechnet?«
    »Ja, Herr Direktor.«
    »Na, denn zeechne mal 'n Ohr; aber aus 'n Kopp . Stabfuß, gehen Se mal Papier her un 'n Bleistift.«
    Der Angeredete gehorcht mit süßsaurem Gesicht.
    »So. Na, nu setzt de dir hier an 'n Disch un zeechenst.« Unser junger Aspirant tut wie befohlen, zeichnet ein Ohr und überreicht es dem neben ihm stehenden Stabfuß. Dieser, in begreiflicherweise höchst kritischer Laune, beginnt zu mäkeln, aber seine Geschicke vollziehen sich unabwendlich.
    »Geben Se mal her«, unterbricht ihn der Alte, klappt den grünen Schirm abermals in die Höh, befühlt und bekuckt das Papier von allen vier Seiten und sagt dann: »Stabfuß, bedenken Se – aus 'n Kopp . Det Ohr is jut. Schreiben Se 'n man in.«
    Und so kam Richard Lucae in die Gipsklasse.
     
    Und so war der alte Schadow, setzen wir hinzu. Ein Zwiespalt ging durch sein Leben: Griechentum und Märkertum hielten sich das Gleichgewicht oder verbanden sich zu einem wunderbar humoristischen Gemisch. Wenn er in den Saal tapste oder das Taschentuch zog (was viel öfter geschah, als schön war), war er ganz der Sohn seines Vaters aus Dorf Saalow, wenn er den Stift in die Hand nahm, war er das Kind einer glücklicheren Zone. Mark

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