Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
kreisrunde Blühdornhecke als eine eigentliche Laube war, erhob sich auf einer kleinen Anhöhe am äußersten Ende des Gartens und führte den Namen »Sieh dich um«. In diese Hecke waren kleine Fensteröffnungen eingeschnitten, die nun, je nachdem man seine Wahl traf, die reizendsten Aussichten auf Kirchhof, Gärten oder blühende Felder gestatteten. Rote und weiße Rosen faßten überall die Steige ein, eine der Lauben aber, und zwar die, die sich an die Kirchhofsmauer lehnte, führte deutungsreich den Namen »Henriettens Ruh«.
In diesem Garten arbeiten war unseres Freundes Lust. Mit einer Art von Befriedigung pflegte er sich aufzurichten und seinem Sohne zuzurufen: »Heut tut mir der Rücken weh vom Bücken.« Hühner und Sperlinge vom Garten abzuhalten war die stets gern erfüllte Pflicht der Kinder.
Der Sommer war schön, aber der schönste Monat des Jahres war doch der Dezember. »Das Weihnachtsgefühl, die hohe Vorfreude des Festes in uns zu wecken«, so schrieb mir der Sohn, »verstand er vortrefflich. Er tat es in lockender, die Einbildungskraft anregender Weise, teils durch Töne von Kinderinstrumenten, teils durch Proben von Weihnachtsgebäck, welches von bepelzter Hand durch die knapp geöffnete und im Hui wieder geschlossene Tür in die Kinderstube geworfen wurde. Ließ einmal Knecht Ruprecht gar nichts von sich hören und sehen, so baten wir singend an der hoffnungsreichen Pforte um sein Erscheinen und seine Gaben. Waren wir artig gewesen, so gewährte er; andernfalls prasselten Nußschalen oder faule Äpfel durch die Türöffnung herein.« Den Jubel am Heiligen Abend hat er in einem seiner populärsten Gedichte selbst beschrieben:
Nußknacker stehn mit dickem Kopf
Bei Jud und Schornsteinfeger;
Hier hängt ein Schrank mit Kell und Topf,
Dort hetzt den Hirsch der Jäger.
Hier ruft ein Kuckuck, horch!,
Und dort spaziert ein Storch,
Mit Äpfeln prangt der Taxusbaum
Und blinkt von Gold und Silberschaum.
Zu Pferde paradiert von Blei
Ein Regiment Soldaten;
Ein Sansfaçon sitzt frank und frei
Gekrümmt und münzt Dukaten.
Und alles schmaust und knarrt,
Trompet und Fiedel schnarrt;
Fern stehn die Alten, still erfreut,
Und denken an die alte Zeit.
Das Leben auf der Pfarre war ein ziemlich bewegtes. Mit einigen Predigern in der Umgegend war er von früher her bekannt, und diese besuchte er, wenn er auf geistige Anknüpfungspunkte rechnen konnte; sonst schwerlich. Unter den befreundeten Amtsbrüdern befand sich auch der Propst Gloerfeld in dem benachbarten Bernau. Dieser würdige und allgemein hochgeachtete Geistliche hatte einen schönen Tod. Er war ein großer Gartenfreund, wie die meisten Geistlichen in jener geldarmen Zeit, und empfing dann und wann Besuche von Personen, die seinen schönen Garten sehen wollten. Einmal erschien auch eine junge, durchreisende Dame, und als er sich bücken wollte, um ihr eine Rose zu pflücken, sank er tot zwischen die Blumenbeete nieder.
Schmidts Gedichte geben über den Kreis seiner Bekanntschaft die beste Auskunft. Es lag in der Natur seiner Muse, die einen durchaus häuslichen Charakter hatte und das Leben mehr erheitern als auf seine Höhen treiben wollte, daß er Dinge, die sich in Prosa ebensogut hätten sagen lassen, in Versen abmachte. Beispielsweis Einladungen und Gratulationen. So lernen wir denn beim Lesen seiner Dichtungen auch seine Freunde und Bekannte kennen, und zwar aus Näh und Ferne: Pastor Schultz aus Döberitz im Havelland, Amtsaktuarius Bernhard aus Löhme (unser alter Freund aus dem Gamen-Grund her), Prediger Dapp in Klein-Schöneberg, Rudolf Agrikola, Frau Oberst von Valentini, Maler Heusinger und andere mehr, meist Personen, die mit mehr oder minder Dringlichkeit aufgefordert werden, der Werneuchner Pfarre, »die im Grunde genommen viel hübscher sei als die Berliner Paläste«, ihren Besuch zu machen. Besonders nah stand ihm der Pastor Ahrendts in dem nur eine Meile entfernten Beiersdorf. Mit diesem hatte er zusammen studiert, beide waren in unmittelbarer Aufeinanderfolge Prediger im Berliner Invalidenhause gewesen, beide hatten zu Ende des vorigen Jahrhunderts ihre benachbarten Landpfarren erhalten und verblieben darauf bis zu ihrem Tode, nachdem beide kurz vorher ihr fünfzigjähriges Jubiläum gefeiert hatten, Schmidt 1837, Ahrendts 1838.
Unter den gelegentlich Einsprechenden waren auch einzelne Berliner Geistliche von der strengeren Richtung, wie Held und Hennefuß. Er teilte die Ansichten dieser Herren nicht und hatte dessen kein Hehl,
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