Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
kenne dich noch, als hätt ich dich gestern verlassen;
Kenne das hangende Pfarrhaus noch mit verwittertem Rohrdach.
Wo die treuste der Mütter die erste Nahrung mir schenkte.
Es scheint, daß er den Vater frühzeitig verlor, denn er kam schon um 1775 auf das Schindlersche Waisenhaus nach Berlin, wo der spätere, gleichfalls als Dichter ausgezeichnete Staatsrat Friedrich August von Stägemann, eines uckermärkischen Predigers Sohn, sein Mitschüler war. Ob er, wie dieser, auf dem »Grauen Kloster« oder aber auf einer anderen Schule seine Gymnasialbildung vollendete, konnt ich nicht ersehen. Etwa um 1785 ging er nach Halle, daselbst Theologie zu studieren. Seine Lage muß um jene Zeit eine ziemlich bedrängte gewesen sein, wie die Anfangszeilen einer poetischen Epistel an seinen Freund Christian Heinrich Schultze, Prediger in Döberitz, vermuten lassen. Diese lauten:
Du, mir teuer, seit bei magrer Krume
Und beim Wasserglas der Freundschaft Band
Uns umschlungen an der Saale Strand etc.
Anfangs der neunziger Jahre scheint er die Stellung als Prediger am Berliner Invalidenhause erhalten zu haben. In diese Zeit fällt auch seine Verlobung mit seiner geliebten, in vielen Liedern gefeierten Henriette, mit der er dann 1795 die glücklichste Ehe schloß. 1796 erhielt er die Werneuchner Pfarre. Die Jahre vor und kurz nach seiner Verheiratung bilden auch die Epoche seines frischesten poetischen Schaffens. Die Lieder »An Henriette« gehören selbstverständlich dieser Zeit an, aber auch seine Vorliebe für das Beschreibende zeigte sich schon damals, vor allem der ihn charakterisierende Hang für das Abmalen jener Natur, die ihm vor der Tür lag, die er stündlich um ihre Eigenart befragen konnte. Den Wunsch, seine Werneuchner Pfarre mit einer anderen zu vertauschen, scheint er nie gehabt zu haben. Sein Wesen war Genügsamkeit, Zufriedenheit mit dem Lose, das ihm gefallen. Eine Reihe von Kindern ward ihm geboren; sie waren der Sonnenschein des Hauses. Den jüngsten Knaben, Ulrich, verlor er frühzeitig; kurz vorher oder nachher starb auch die Mutter. Mit ihr begrub er die Freudigkeit seines Herzens. Eine Reihe von Liedern verrät uns, wie tief er ihren Tod beklagte. Später vermählte er sich zum zweiten Male. Seine zweite Gattin überlebte ihn und errichtete ihm das Denkmal, ein gußeisernes Kreuz, auf dem Werneuchner Kirchhof, das, von einem schlichten Holzgitter eingefaßt, folgende Inschrift trägt: »F. W. A. Schmidt, Prediger zu Werneuchen und Freudenberg, geboren den 23. März 1764, gestorben den 26. April 1838.« Rückseite: »Ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.« Ihm zur Seite ruhen, unter überwachsenen Efeuhügeln, seine erste Gattin (Henriette) und sein Lieblingssohn Ulrich.
Diesen kurzen biographischen Notizen laß ich eine Reihe mir zugegangener kleiner Mitteilungen folgen, ohne weitere Zutat von meiner Seite.
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Vergleiche »Fahrland« und »Die Fahrlander Chronik« in Band III der »Wanderungen«. Diese Fahrland-Kapitel wurden später geschrieben als das vorstehende Werneuchner und enthalten allerlei Details über die Schmidt von Werneuchenschen Eltern. ._.
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Den Pfarracker hatte er verpachtet, weil er, wie er sagte, nicht »verbauern« wollte. Aber wenn er auch seine Ehre und seine Aufgabe darin setzte, nicht selbst ein Bauer zu werden, so liebte er doch die Landleute sehr und sprach gern und eingehend mit ihnen. Die Landwirtschaft, als ein Großes und Ganzes, hatte er beiseit getan, aber sein Garten war seine beständige Freude. Er hätte ohne diese tägliche Berührung mit dem Leben der Natur nicht sein können.
Der Garten lag unmittelbar hinter dem Hause, rechts von der Kirchhofsmauer, über die die Grabkreuze hinwegragten, links von Nachbarsgärten eingefaßt; nach hinten zu ging der Blick ins Feld. Schneeball- und Holunderbosquets empfingen den Besucher, der aus der geräumigen Küche mit ihren blank gescheuerten Kesseln in den unmittelbar dahinter gelegenen Garten eintrat. Die besondere Sehenswürdigkeit darin war ein alter Birnbaum, der noch jetzt existiert und schon damals als einer der ältesten in den brandenburgischen Marken galt; der größte Schmuck des Gartens aber waren seine vier Lauben. Drei davon, die dem Hause zunächst lagen, waren Fliederlauben, in denen, je nach der Tageszeit und dem Stand der Sonne, der Besuch empfangen und der Kaffee getrunken wurde, die vierte dagegen, die mehr eine hohe,
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