Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
Physikus in Spandau).
Den Deckel fand man neben dem Sarge sehr zertreten; der Sarg selbst war mit violettfarbenem Sammet ausgeschlagen und mit goldenen Tressen besetzt; der Leichnam ruhte auf Kissen von weißem Taft. Bekleidet war der Graf mit einer langen spanischen Weste von Silberstoff, an der Seite hatte er einen bereits verrosteten, mit goldener Tresse verzierten Degen, seidene, fleischfarbige Strümpfe bedeckten die Beine, und auf den Füßen trug er schwarzlederne Schuhe mit sehr dicken Sohlen. Ein schwarzsamtner, mit einer goldenen Rundschnur besetzter, niedergeschlagener Hut lag auf dem Körper und neben demselben der Kopf.
Dr. Heim nahm den Kopf in die Hand, um ihn genau zu untersuchen; hierbei fand sich, daß derselbe mit Kräutern angefüllt und einbalsamiert war. Die Knochen waren noch nicht vermodert, und die sieben Halswirbel fanden sich im Sorge sämtlich unverletzt vor . Heim erklärte: »Der Graf ist nicht enthauptet worden, sondern eines natürlichen Todes gestorben.« Auch wurde eine Urkunde darüber ausgestellt, die sich, bis diesen Augenblick, in einem verschlossenen Kasten des Spandauer Kirchenarchivs befindet.
2. General von Einsiedel
Ziemlich um dieselbe Zeit, als in Spandau die Enthauptungssage von Graf Adam Schwarzenberg aufkam, also in den Jahren unmittelbar vor Ausbruch des Siebenjährigen Krieges, hieß es auch in Potsdam, als ob die beiden Nachbarstädte auf diesen Punkt hin eifersüchtig gewesen wären: »General Einsiedel sei heimlich enthauptet worden«. Die Sache machte insofern noch ein gesteigertes Aufsehen, als alles, was den »katholischen Grafen« (Schwarzenberg) anging, um ein Jahrhundert zurücklag, während die Einsiedel -Enthauptung eine Art Tagesereignis war. Lange hielt sich der Glaube daran, bis endlich auch dieser »heimlich Enthauptete« von den Tafeln der Geschichte gestrichen wurde.
Wir geben, wie in dem Schwarzenberg-Fall, zunächst die Umstände, die die Sage entstehen ließen.
Gottfried Emanuel von Einsiedel wurde 1690, wahrscheinlich im Herzogtum Sachsen-Weißenfels, geboren. Er trat 1707 in die preußische Armee, wurde »seiner ansehnlichen Körperlänge wegen« ein Liebling Friedrich Wilhelms I., trat in das rote Leibbataillon (die spätere Riesengarde) und machte den Feldzug gegen die Schweden mit. Er avancierte, vermählte sich mit Margarete von Rochow aus dem Hause Reckahn und erhielt, neben anderen Donationen, im Jahre 1726 das ehemalige Wartenbergsche Haus in Potsdam, nebst angrenzenden Wohngebäuden, zum Geschenk. Auf dieser Stelle errichtete er das Einsiedelsche Haus, das noch existiert und als »Hotel Einsiedler« jedem Potsdam-Besucher bekannt geworden ist. Das Allianzwappen der Familien von Einsiedel und von Rochow über der Tür erinnert noch an den Erbauer. 1)
Die Huld, die von Einsiedel unter Friedrich Wilhelm I. erfahren hatte, verblieb ihm auch unter dessen Nachfolger. Friedrich II. ernannte ihn zum Generalmajor und zum Chef des neu formierten Grenadier-Garde-Bataillons. Mit diesem nahm er an dem Zweiten Schlesischen Kriege teil und erhielt, nach der Einnahme Prags, den Befehl über sämtliche die Garnison dieser Hauptstadt bildende Truppen. Es war ein höchst schwieriges Kommando, die Besatzung zu schwach, um sich auf die Dauer zu halten, dazu völlig unzuverlässig. In der Nacht vor dem Abzuge, der endlich stattfinden mußte, desertierten 500 Mann von den Wachen , während die nicht im Dienst befindlichen Mannschaften, der Sicherheit wegen, in ihre Quartiere eingeschlossen wurden. Während des Abzuges selbst steigerte sich das Übel; jede Minute brachte Verluste, die Geschütze blieben in den grundlosen Wegen stecken, ganze Bataillone lösten sich auf.
General von Einsiedel, als er mit den Überresten seines Corps in Schlesien angekommen war, wurde vor ein Kriegsgericht gestellt. Schuldlos, wie er war, konnte seine Freisprechung kaum ausbleiben. Aber die Gnade des Königs war verscherzt. An dem Feldzuge des nächsten Jahres durfte er nicht teilnehmen; er blieb in Potsdam, wo er am 24. Oktober 1745 starb.
Als wenige Monate später die Grenadiere heimkehrten und das Haus ihres Chefs verödet fanden, hieß es alsbald: er sei heimlich enthauptet. Mit allen Details wurd es erzählt. Der Scharfrichter aus Berlin sei mit verbundenen Augen herübergeholt worden; nachts, im Keller seines eigenen Hauses, habe die Hinrichtung stattgefunden; in ebendiesem Keller sei seine Leiche auch verscharrt worden.
Die Zweifel, die laut zu werden
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