Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
Falkenrehde haben wir wieder gesammelt.«
»Jawohl, Mutter Sootzmann.«
»Alles im Leben ist Sammeln und Verlieren. Wenn der Mensch in Falkenrehde Kaffee trinkt, hat er gesammelt. Ich habe gesammelt, Herr Inspektor...«
»Jawohl, Mutter Sootzmann«, unterbrach dieser jetzt rascher als vorher, weit er irgendeinen unharmonischen Abschluß befürchten mochte.
Immer dichter inzwischen wurde der Dunstkreis. Die Laterne begann zu blaken, was kaum noch als ein Übelstand gelten konnte, und der »Regierungsbeamte«, gebildet bis zuletzt, sprach über Stickstoffoxyd und zu früh zugemachte Ofenklappen, ein Thema, dessen Zeitgemäßheit nicht zu bezweifeln war.
Ich weiß nicht mehr, was ich antwortete oder ob ich überhaupt antwortete. Ein Kopfweh, das schon die Grenzen des tic douloureux streifte, schlug meine Artigkeit in Banden.
Und so fuhren wir nach Potsdam hinein.
Endlich Luft!
Im Freien begann ich, über die verschiedenen Arten des Grauens zu reflektieren.
Was war die Falkenrehder Gruft gegen diesen Nauener Omnibus und was der »Enthauptete« gegen Mutter Sootzmann, die Norne!
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Zwei »heimlich Enthauptete«
Auch Tröstliches kommt ans Licht der Sonnen.
Romantisch verloren, menschlich gewonnen.
Geschichten von »Enthaupteten«, wie wir sie vorstehend in dem Falkenrehder Kapitel erzählt, am liebsten aber von » heimlich Enthaupteten«, haben hierzuland immer eine Rolle gespielt und sich neben den »Weißen Frauen« und »vergifteten Apfelsinen« in unsren Volkssagen erhalten.
Unter diesen » heimlich Enthaupteten« stehen, noch über den General von Weiler hinaus, Graf Adam Schwarzenberg (gestorben 1640) und General von Einsiedel (gestorben 1745) obenan.
Erst neuere Forschungen haben festgestellt, daß beide Geschichten, wie die Weilersche, bloße Erfindungen sind und jedes eigentlichen Anhalts entbehren. Verdachtgründe lagen vor, und die Gesamtsituation ließ dergleichen als möglich erscheinen.
Dies genügte. Wir beginnen mit dem Graf-Schwarzenberg-Fall und zeigen zuerst, wie das Gerücht entstand, dann, wie es widerlegt wurde.
1. Graf Adam Schwarzenberg
1755 kam Prinz August Wilhelm von Preußen, ältester Bruder Friedrichs des Großen, mit seiner Schwester, der Prinzessin Amalie, nach Spandau. Bei dieser Gelegenheit besahen sich die beiden königlichen Geschwister auch das Innere der Nikolaikirche. Bei der Begräbnistafel des Grafen Schwarzenberg blieb der Prinz erstaunt stehen, indem er zu seiner Umgebung äußerte: »Wie? Ist der Graf nach dem Tode George Wilhelms nicht nach Wien gegangen und dort verstorben? Diese Tafel ist wohl nur zum Schein hier angebracht?« Aller Gegenversicherungen ungeachtet blieb der Prinz auf seiner Meinung bestehen, und um sich vollständig von dem Sachverhalt zu überzeugen, befahl er, das Grab zu öffnen. Nachdem dies geschehen, erhielt der Page von Dequede von dem Prinzen die Weisung, hinabzusteigen und zu sehen, ob sich wirklich ein Leichnam im Gewölbe befinde. Der beherzte Page kam nach einiger Zeit mit dem halb vermoderten Kopfe eines Menschen wieder zum Vorschein. Der Prinz besah den Kopf genau und rief dann unwillig: »Ja, das ist er. Man werfe ihn nur wieder hin!«
Diesem Befehle folgte der Page buchstäblich, und als unmittelbar darauf Kirchendiener und Maurer in die Kirche kamen, um das Grab wieder zu schließen, bemerkten sie, daß der Kopf auf der Brust des Leichnams lag . Daraus entstand das Gerücht, daß Graf Schwarzenberg enthauptet worden sei. 1777 ließ der Prediger des damals zu Spandau in Garnison liegenden Regiments Prinz Heinrich einen Aufsatz drucken, in dem er die Enthauptung bereits als ausgemachte Tatsache hinstellte. Er beschrieb sogar den Ort in der Spandauer Heide, wo die Hinrichtung stattgehabt hätte, und fügte noch hinzu, daß man »im Jahre 1755 bereits den Körper des Grafen ohne Sarg, nur zwischen einigen Brettern liegend, vorgefunden habe«.
Aber durch ebendiesen Aufsatz wurde auch die Anregung gegeben, näher nachzuforschen und das Gerücht auf seine Grundlosigkeit zurückzuführen.
Oberst von Kalckstein, der damalige Kommandeur des Regiments, wollte Gewißheit haben und ließ am 20. August 1777 abermals das Gewölbe öffnen, wobei, außer dem Herrn Obersten, noch folgende Personen zugegen waren: Regimentschirurgus Laube, der Garnisonprediger, Justizrat Lemcke, Adjutant von Bardeleben, Konrektor Dilschmann, Inspektor Schulz und Dr. Heim (der spätre »alte Heim«, damals, von 1776 bis 1783, Arzt und
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