Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
vielmehr immer das Ganze im Auge und prophezeite auch da noch wirklich und aus eigenstem Antrieb (man könnte sagen: »seine Mittel erlaubten es ihm«), wo das Prophezeien post fact einem Stümper in der Prophetie das bequemere und sichrere Auskunftsmittel gewesen sein würde. [Image: Zurück]
Die Prophezeiung geht von König Friedrich I. gleich auf Friedrich II. über und überspringt also Friedrich Wilhelm I. Man hat daraus einen Beweis für die Unechtheit herleiten wollen, aber ganz mit Unrecht . Der Prophet (so nehmen wir zunächst an) blickte in die Zukunft, er sah wechselnde Gestalten, und den Soldatenkönig sah er nicht . Das geistige Auge – dies müssen wir festhalten – kann Gegenstände ebensogut übersehen wie das leibliche. Ja, es läßt sich aus dem Fehlen König Friedrich Wilhelms I. viel eher, wenigstens mittelbar, ein Beweis für den wirklich prophetischen Gehalt der Weissagung herleiten. Versucht man nämlich, wie einige getan haben, das, was sich auf Friedrich den Großen bezieht, auf Friedrich Wilhelm I. zu deuten, so entsteht ein völliger Nonsens, und werden dadurch alle diejenigen schlagend widerlegt, die beweisen möchten, daß diese Sätze überhaupt dunkle Allgemeinheiten seien, die schließlich, bei einiger Interpretationskunst, auf jeden paßten. Man kann aber leicht die Probe machen, daß dies durchaus nicht zutrifft und daß bestimmte Verse auch nur auf bestimmte Personen passen. ._.
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Kloster Chorin
Den Leib des Fürsten hüllt der Rauch
Von Ampeln und von Weihrauchschwelen,
Und ringsum steigt ein Trauerchor,
Und ein Tedeum steigt empor
Aus hundert und aus tausend Kehlen.
Unter den Töchtern Lehnins war Chorin die bedeutendste, ja, eine Zeitlang schien es, als ob das Tochterkloster den Vorrang über die Mater gewinnen würde. Das war unter den letzten Askaniern. Diese machten Chorin zum Gegenstand ihrer besonderen Gunst und Gnade und beschenkten es nicht nur reich, sondern wählten es auch zu ihrer Begräbnisstätte. Unter den sechs Markgrafen, die hier beigesetzt wurden, ist der letzte zugleich der hervorragendste: Markgraf Waldemar, gestorben 1319. Nach dem Erlöschen der Askanier trat Chorin wieder hinter Lehnin zurück.
Chorin erreicht man am bequemsten von der benachbarten Eisenbahnstation Chorinchen aus, die ziemlich halben Weges zwischen Neustadt-Eberswalde und Angermünde gelegen ist. Ein kurzer Spaziergang führt von der Station aus zum Kloster. Empfehlenswerter aber ist es, in Neustadt bereits die Eisenbahn zu verlassen und in einem offenen Wagen, an Kapellen, Seen und Laubholz vorbei, über ein leicht gewelltes Terrain hin, den Rest des Weges zu machen. Dies Wellenterrain wird auch Ursache, daß Chorin, wenn es endlich vor unseren Blicken auftaucht, völlig wie eine Überraschung wirkt. Erst in dem Augenblicke, wo wir den letzten Höhenzug passiert haben, steigt der prächtige Bau, den die Hügelwand bis dahin deckte, aus der Erde auf und steht nun so frei, so bis zur Sohle sichtbar vor uns wie eine korkgeschnitzte Kirche auf einer Tischplatte. Es kommt dies der architektonischen Wirkung, wie gleich hier hervorgehoben werden mag, sehr zustatten, weniger der malerischen , die für eine Ruine meist wichtiger ist als jene. Wir kommen am Schlusse unseres Aufsatzes auf diesen Punkt zurück.
Kloster Mariensee
Kloster Chorin trat nicht gleich als es selbst ins Dasein, sondern ging vielmehr aus einer früheren, an anderem Orte gelegenen Anlage hervor. Es scheint geboten, auch bei dieser Vorgeschichte, die wenig bekannt ist, zu verweilen.
Kloster Chorin, ehe es diesen seinen Namen annahm, war Kloster Mariensee. Die Stelle, wo letzteres stand, war lange zweifelhaft. Die Urkunden sagten freilich deutlich genug: »auf der Ziegeninsel im Parsteiner See«; aber der Parsteiner See hatte zwei Inseln, von denen – wenigstens in den Nachschlagebüchern – keine mehr den Namen »Ziegeninsel« führte. Die eine hieß, in ebendiesen Büchern, der »Parsteiner Werder«, die andere der »Pehlitzer Werder«.
Nachfragen am Parsteiner See selbst indes, die ich anstellen durfte, haben die Streitfrage schnell entschieden. Der »Pehlitzer Werder« heißt im Volksmund an Ort und Stelle noch immer die Ziegeninsel , und wenn dennoch ein leiser Zweifel bliebe, so würde derselbe durch die Kirchentrümmer beseitigt werden, die, unverkennbar auf eine Klosteranlage deutend, bis diesen Augenblick noch auf dem »Pehlitzer Werder« – in alten Urkunden Insula Caprarum –
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