Wanderungen durch die Mark Brandenburg
des
Regiments an diesem Entscheidungstage wa-
ren, so groß waren sie in den kleineren, jetzt
halb vergessenen Kämpfen, die noch folgten.
Am 29. Juni traf man in der Nähe von Paris
ein; am 2. Juli hatten unsere Musketierbatail-
lone die Gefechte bei Sèvres und Issy. Diesel-
ben kosteten uns 9 Offiziere und 322 Mann,
jedes dieser Gefechte mehr, als Waterloo ge-
fordert hatte.
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Die Friedensjahre
(von 1815 bis 1848)
Am 2. November 1815 trat das Regiment den Rück-
marsch in die Heimat an; es marschierte über Brüs-
sel, Köln, Braunschweig, Magdeburg nach Breslau
und Neiße. In diesen Garnisonen wurde die Demobi-
lisierung ausgeführt.
1817 trat das Regiment aus dem 6. (schlesischen)
Armeecorps in das 3. (brandenburgische) über und
wurde nach Frankfurt a. O. hin gelegt. In Frankfurt
und Umgegend stand das Regiment drei Jahr und
rückte erst im September 1820 in seine neuen Gar-
nisonen Ruppin und Prenzlau ein.
Die Regimentskommandeure der Vierundzwanziger
waren von 1815 bis 1848 die folgenden: Oberstlieu-
tenant von Laurens bis 1816, Oberst von Romberg
bis 1821, Oberst von Petery bis 1834, Oberst von
Wulffen bis 1838, Oberst Chlebus bis 1844, Oberst
Ehrhardt bis 1848. – 1824 wurde der Erbgroßherzog
Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin Chef des
Regiments, 1842 der Sohn Paul Friedrichs, der jetzt
regierende Großherzog Friedrich Franz.
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Das 24. Regiment im Jahre 1848
und 1849
Am 24. Februar 1848 erfolgte die »Februarrevoluti-
on«, und in weniger als drei Wochen zog das revolu-
tionäre Wetter über ganz Europa hin. Überall fand es
reichlichen Zündstoff, und überall schlug es ein. Auch
bei uns. Es war eben nicht alles so, wie's sein sollte.
Die Zusagen von 1815 waren unerfüllt geblieben, ein
Druck war da, eine Luft, die das freie Atmen hinder-
te. Auch die Besten , wenn sie nicht Unzufriedene waren, waren wenigstens unbefriedigt.
Aus dieser Stimmung heraus erwuchs unser
»18. März«. Ohne den stillen Vorschub, den das ge-
samte Volksgefühl den Krawallern von Fach leistete,
wäre dieser Tag nicht möglich gewesen.
Die junge Freiheit war geboren. Aber sie konnte ih-
ren unmittelbaren Ursprung nicht verleugnen, und
mit jedem Tage wurd es klarer, daß sie von der Gas-
se stammte. Das vielzitierte »Schaumspritzen« eines
freiheitlichen Geistes wurde mehr und mehr unbe-
quem, und die hohe Libertas trug das Kleid des Reh-
bergers. Unser Regiment war es, dem damals die
Aufgabe zufiel, die Ausschreitungen der Hauptstadt
im Zaume zu halten, weniger durch direktes Eingrei-
fen als einfach durch seine Gegenwart. Die Übermü-
tigsten wußten, daß wenigstens ein loyaler Faktor da war, mit dessen 3000 Bajonetten gerechnet sein
wollte.
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Sehr bald nach dem »18. März« waren unsere Vier-
undzwanziger in die Hauptstadt eingerückt und hat-
ten in den Kasernen des 2. Garderegiments und der
Gardeartillerie Quartiere bezogen. Speziell diese Kasernen waren wohl mit Rücksicht auf die nahe gele-
gene »Oranienburger Vorstadt« gewählt worden. Der
Sicherheitsdienst befand sich in den Händen der
Bürgerwehr, und nur einige wichtigere Punkte wur-
den unseren Vierundzwanzigern zugewiesen. Unter
diesen das Zeughaus .
Ebendieses war auch am 14. Juni wieder durch eine
Füsiliercompagnie Vierundzwanziger besetzt worden,
als sich am Nachmittage genannten Tages jene Er-
eignisse vorbereiteten, die unter dem Namen der
»Zeughaussturm« bekannt geworden sind. Ein sehr lehrreiches Kapitel in der Geschichte der Revolutio-nen, zugleich ein treffliches Beispiel dafür, daß Un-
ternehmungen von einer nicht wegzudisputierenden
historischen Bedeutung oft nicht bloß durch die zwei-
felhaftesten, sondern auch geradezu durch die küm-
merlichsten Mittel in Szene gesetzt werden. 100 oder 200 verwegene Bursche, Bursche, die, was auch
kommen möge, nur zu gewinnen haben, rottieren
sich zusammen, und in weniger als einer halben
Stunde sind aus den 200 zwanzigtausend geworden.
Aber diese zwanzigtausend sind au fond nichts als
eine Täuschung. Jeder will sehen und hören und viel-
leicht hinterher ein wenig renommieren, das ist alles;
er denkt nicht daran, Hand anzulegen, wenn's Ernst
wird, er will nicht kämpfen oder sich persönlich Ge-
fahren aussetzen, er will nur mit schreien und mög-
lichst mit unnütz sein, während die andern die Kas-
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tanien aus dem Feuer holen. Diese »andern« aber
sind immer nur wenige. Wer dies im Auge hat,
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