Wanderungen durch die Mark Brandenburg
sprach
bewegt: »Gott segne dich!«
Das ist die Geschichte von der Seeschlacht bei Kar-
we; sie kann es aufnehmen mit manchem großen
Sieg. Wer aber am Ruppiner See zu Haus ist, den
freut es zu sehen, was auf seinem schmalen Ufer-
streifen an Männern gewachsen ist.
Auch wir kommen heute von Wustrau – minder
rasch, aber sicherer als damals der Cornet von Zie-
ten – und nähern uns, ohne unsere Rückzugslinie
gefährdet zu sehen, auf einer der vielen durch den
Schilfwald sich hinziehenden Straßen dem Holzsteg,
an dem die Boote anzulegen pflegen. Und nun sprin-
gen wir ans Ufer und befinden uns in dem Park von
Karwe. Er ist ziemlich groß angelegt, mit vielem Ge-
schmack in einem einfach edlen Stile, das Ganze
vorwiegend eine Schöpfung unseres »Junkers vom
Regiment von Kalckstein«, des am 12. Januar 1848
verstorbenen Feldmarschalls von dem Knesebeck.
Dieser ausgezeichnete Mann wird überhaupt den
Mittelpunkt alles dessen bilden, was ich in weiterem
zu erzählen habe, da er, wie der Hauptträger des
Ruhmes der Familie, so auch zugleich derjenige ist,
der am segensreichsten an dieser Stelle gewirkt und
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den toten Dingen entweder den Stempel seines Geis-
tes aufgedrückt oder ihnen durch irgendeine Bezie-
hung zu seiner Person zu einem poetischen Leben
verholfen hat.
Wir haben den Park seiner Länge nach passiert und
stehen jetzt vor dem Herrenhause. Es ist einer jener
Flügelbauten, wie sie dem vorigen Jahrhundert ei-
gentümlich waren, und erinnert in Form und Farben-
ton an das Radziwillsche Palais in Berlin. Nur ist es
kleiner und ärmer an Rokokoschmuck. Auch das Ei-
sengitter fehlt. Eine hohe Pfauenstange mit einem
Pfauhahn darauf überragt vom Wirtschaftshofe her
das Dach, und der vorgelegene Grasplatz steht in
Blumen; aber trotz dieser Farbenpracht macht alles
einen ernsten und beinah düstern Eindruck und läßt
uns auch ohne praktische Probe glauben, daß das
Karwer Herrenhaus ein Spukhaus sei.
Karwe gehört den Knesebecks in der vierten Genera-
tion. Der Urgroßvater des jetzigen Besitzers kaufte
es im Jahre 1721 von dem Vermögen seiner Frau
und errichtete das Wohnhaus, das wir, wenn auch
verändert und erweitert, auch jetzt noch vor uns
sehen. Die Umstände, die diesen Kauf und Bau be-
gleiteten, sind zu eigentümlicher Art, um hier nicht
erzählt zu werden. Der Urgroßvater Karl Christoph
Johann von dem Knesebeck, zu Wittingen im Hanno-
verschen geboren, trat früh in preußische Kriegs-
dienste. Er war ein großer, starker und stattlicher
Mann, aber arm. Die Regierungszeit Friedrich Wil-
helms I. indes war just die Zeit, wo das Verdienst
des Großseins die Schuld des Armseins in Balance zu
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bringen wußte und gemeinhin noch einen Überschuß
ergab. Karl Christoph Johann war sehr groß, und so erfolgte denn eine Cabinetsordre, worin die reiche
Witwe des Generaladjutanten von Köppen, eine ge-
borne von Bredow, angewiesen wurde, den O-
berstlieutenant von dem Knesebeck zu ehelichen.
Die Hochzeit erfolgte, und Karwe wurde, wie schon
erwähnt, erstanden. Aber die Huldbeweise gegen
den stattlichen Oberstlieutenant hatten hiermit ihr
Ende noch nicht erreicht. Im Kopfe des Königs moch-
te die Vorstellung lebendig werden, daß die reiche
Witwe bis dahin eigentlich alles und die Gnade Seiner
Majestät nur erst sehr wenig getan habe, und so
versprach er denn dem jungen Paare, das neue
Wohnhaus in Karwe einrichten und sogar zum Auf-
bau desselben die Balken und den Kalk liefern zu
wollen. Und wirklich, bald stand das Haus da, und
die zugesagte Möblierung erfolgte mit einer Munifi-
zenz, die bei dem sparsam gewöhnten Könige über-
raschen mußte. Selbst königliche Familienportraits,
zum Teil von der Meisterhand Pesnes, wurden gelie-
fert und in einem Empfangssaale des ersten Stocks
in das Mauerwerk fest eingefügt. Wir werden gleich
sehen, wie wichtig es für den neuen Besitzer von
Karwe war, diese stattliche Bilderreihe nicht aufge-
hängt, sondern eingemauert zu haben. Denn kaum
noch, daß einige Monate ins Land gegangen waren,
als ein großer Planwagen vor dem Knesebeckschen
Hause vorfuhr und den Befehl überbrachte, das
durch königliche Munifizenz erhaltene Ameublement
wieder zurückzuliefern. Es waren nicht die Zeiten,
um solcher Ordre nicht sofort zu gehorchen, und so
versanken denn sämtliche Spiegel, Kommoden und
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Tische, die der gebornen von Bredow bereits lieb und
teuer geworden waren, in die
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