Wanderungen durch die Mark Brandenburg
er in einem niedlichen Glo-
ckenhäuschen eine irdene Glocke auf, der er zuvor einen Bronzeanstrich hatte geben lassen. Er wußte
im voraus, daß die vorüberfahrenden Schiffer, in
dem Glauben, es sei Glockengut, innerhalb acht Ta-
gen den Versuch machen würden, die Glocke zu
stehlen. Und siehe da, er hatte sich nicht verrechnet
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und fand nach drei Tagen schon die Scherben. Sol-
che Überlistungen freuten ihn, und man kann
zugeben, daß darin ein Äderchen von der Herzader
seines Vaters sichtbar war. Im übrigen aber war er
unfähig, zu dem Ruhme seines Hauses auch nur ein
Kleinstes hinzuzufügen; er fühlte sich nur als Verwalter dieses Ruhmes, ein Gefühl freilich, das ihm unter Umständen Bedeutung und selbst Würde lieh. Wo er
für sich und seine eigenste Person eintrat, in den privaten Verhältnissen des alltäglichen Lebens, war
er eine wenig erfreuliche Erscheinung: kleinlich, gei-
zig, unschön in fast jeder Beziehung. Von dem Au-
genblick an aber, wo die Dinge einen Charakter an-
nahmen, daß er seine Person von dem Namen Zieten
nicht mehr trennen konnte, wurd er auf kurz oder
lang ein wirklicher Zieten. Er war nicht adlig, aber
gelegentlich aristokratisch. Dies Aristokratische,
wenn geglüht in leidenschaftlicher Erregung, konnte
momentan zu wahrem Adel werden, aber solche
Momente weist sein Leben in nur spärlicher Anzahl
auf. Sein Bestes war die Liebe und Verehrung, mit
der er ein halbes Jahrhundert lang die Schleppe sei-
nes Vaters trug. In diesem Dienste verstieg sich sein
Herz bis zum Poetischen in Gefühl und Ausdruck,
wofür nur ein Beispiel hier sprechen mag. Auf dem mit Rasen überdeckten Kirchenplatz, etwa hundert
Schritte vom Grabe Hans Joachims entfernt erhebt
sich ein hoher, zugespitzter Feldstein mit einer in
den Stein eingelegten Eisenplatte. Und auf ebendie-
ser Eisenplatte stehen in Goldbuchstaben folgende
Worte:
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»Im Jahre 1851, den 23. April, stand an dieser Stelle
das Blüchersche Husarenregiment, um den hier in
Gott ruhenden Helden, den berühmten General der
Kavallerie und Ahnherrn aller Husaren Hans Joachim von Zieten, in Anerkennung seiner hohen Verdienste
durch eine feierliche Parade zu ehren. Ruhe und
Friede seiner Asche! Preis und Ehre seinem Namen!
Er war und bleibt der Preußen Stolz.«
»Ahnherr aller Husaren« – ein Poet hätt es nicht
besser machen können.
1. Von Bernhard Rode rührt auch das große, zur
Verherrlichung des alten Husarengenerals
gemalte Ölbild her, das sich, neben den Bil-
dern anderer Helden des Siebenjährigen Krie-
ges (alle von B. Rode), in der Garnisonkirche
zu Berlin befindet. Die Komposition auch die-
ses Bildes ist Dutzendarbeit und trotz der Prä-
tension, geistvoll sein zu wollen, eigentlich
ohne Geist. Auch hier ein bequemes Operie-
ren mit traditionellen Mittelchen und Arran-
gements. Eine Urne mit dem Reliefbilde Zie-
tens in Front derselben; am Boden ein Löwe ,
der ziemlich friedlich in einer Zietenschen Hu-
saren-Tigerdecke drinsteckt wie ein Kater in
einem Damenmuff; außerdem eine hohe
Frauengestalt, die einen Sternenkranz auf die
Urne drückt – das ist alles. Das Reliefportrait
ist schlecht, nicht einmal ähnlich, aber die U-
rania oder Polyhymnia, die ihm den Sternen-
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kranz bringt, ist in Zeichnung und Farbe um
ein wesentliches besser, als gemeinhin Rod-
esche Figuren (er war ein Meister im Ver-
zeichnen) zu sein pflegen.
2. Friedrich Christian Emil von Zieten, dessen
schon Seite 13 und 14 kurz Erwähnung ge-
schah, war der einzige Sohn Hans Joachims
aus seiner zweiten Ehe mit Hedwig Elisabeth
Albertine von Platen. Dieser letzte Zieten aus
der Wustrauer Linie wurde den
6. Oktober 1765 geboren und starb am
29. Juni 1854. Er war Rittmeister, Landrat des
Ruppiner Kreises und Ritter des Schwarzen
Adlerordens. Wurde gegraft am
15. Oktober 1840. (Aus Hans Joachims erster
Ehe mit Leopoldine Judith von Jürgaß war ei-
ne Tochter geboren worden, die sich später
mit einem Jürgaß auf Ganzer verheiratete.
Vgl. das Kapitel »Ganzer«.)
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Karwe
»Vivat et crescat gens Knesebeckiana
in aeternum.«
I
Unser Weg führt uns heute nach Karwe. Es liegt am
Ostufer des Ruppiner Sees, und ein Wustrauer Fi-
scher fährt uns in einer halben Stunde hinüber. Ein
besonderer Schmuck des Sees an dieser Stelle ist
sein dichter Schilfgürtel, der namentlich in Front des
Karwer Parkes wie ein Wasserwald sich hinzieht und
wohl mehrfach eine Breite von
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