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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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abwechselnd aus Wand- und Glasflächen
    zusammen: vier Paneelwände, drei Nischenfenster
    und eine Glastür. Die Fensternischen sind sehr tief
    und boten deshalb Raum zur Aufstellung von Pols-
    terbänken, die sich an beiden Seiten entlangziehen.
    An den Paneelwänden stehen altmodische Lehnstühle

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    mit versilberten Beinen und schlechten, dunklen Kattunüberzügen. Über den Lehnstühlen aber, in ziemli-
    cher Höhe, sind Konsolen mit den Büsten Ciceros,
    Voltaires, Diderots und Rousseaus angebracht. In die
    Holzbekleidung ist vielfach Spiegelglas eingelassen,
    während sich zu Häupten der Eingangstür allerlei
    Zeichen des Freimaurerordens befinden und aber-
    mals ein Pesnesches Deckengemälde den Plafond
    bedeckt. Dasselbe zeigt die Ruhe beim Studieren ; ein Genius überreicht der sitzenden Minerva ein
    Buch, auf dessen Blättern man die Namen Horaz und
    Voltaire liest. Das Bild hat verhältnismäßig gelitten
    und kann überhaupt mit der glänzenden Schöpfung
    desselben Meisters im Konzertsaale nicht verglichen
    werden. In der Mitte des Zimmers steht auf vergol-
    deten Rokokofüßen und etwa von der Größe moder-
    ner Damenschreibtische der Arbeitstisch des Prinzen.
    Seine Schreibplatte liegt schräg und kann aufge-
    klappt werden. Sie war ehedem mit rotem Samt ü-
    berzogen, hat aber nicht nur die Farbe, sondern auch
    den ganzen Samtstoff längst verloren. Der Samt wird
    bekanntlich auf eine Unterschicht von festem Zeug
    aufgetragen. Diese Unterschicht war 1853, als ich
    Rheinsberg zum ersten Male besuchte, noch ziemlich
    intakt vorhanden. Seitdem aber haben sich die Dinge
    sehr zum Schlimmeren verändert. Nicht die Hälfte
    mehr existiert von diesem Unterzeug, und man kann
    deutlich sehen, wie die Federmesser, je nach der
    Charakteranlage der Besucher, mal größere, mal
    kleinere Karos herausgeschnitten haben. Ich liebe
    nicht die Kastellane, die einen durch ihren Dienstei-
    fer um die Möglichkeit eines ruhigen Genusses brin-
    gen, aber ebensowenig mag ich jenen das Wort re-

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    den, die voll mißverstandener Nachsicht ein Auge da
    zudrücken, wo sie's aufmachen sollten.

    Wir nehmen zögernd Abschied von diesem interes-
    santen Zimmer, um uns nun den Zimmern des Prin-
    zen Heinrich zuzuwenden. Sie liegen im ersten Stock des corps de logis und bilden eine ununterbrochene
    Reihenfolge. Den Anfang machen die sogenannten
    Prinz-Ferdinands-Zimmer, das heißt diejenigen, die
    Prinz Ferdinand zu bewohnen pflegte, wenn er bei
    seinem älteren Bruder, dem Prinzen Heinrich, zum
    Besuche war. Vielleicht auch residierte der erstge-
    nannte Prinz in der Zeit von 1802 bis 1813 wenigs-
    tens zeitweilig hier und bewohnte dann diese Räume.
    Hinter diesen sogenannten Prinz-Ferdinands-
    Zimmern folgt der Konzertsaal (nicht zu verwechseln
    mit dem kronprinzlichen im linken Hügel), alsdann der sehr gut erhaltene Muschelsaal und endlich das
    Bibliothekzimmer. Neben diesem befindet sich das
    Schlaf- und Sterbezimmer des Prinzen Heinrich . Es ist ein großes, ziemlich dunkles Gemach, durch ein
    Paar Säulen in zwei Hälften geteilt. In der dunkleren
    Hälfte, halb durch die Säulen verdeckt, steht das
    Sterbebett, ein stattlicher, mit schweren Seidenvor-
    hängen reich ausgestatteter Bau. Derartige Staats-
    betten, namentlich wenn alt geworden, machen in
    der Regel einen ängstlichen Eindruck und erfüllen
    uns mit Dank, nicht in ihnen schlafen zu müssen.
    Anders hier, weil sich nichts von Verschossenheit
    zeigt, vielmehr alles frisch und farbig und voll be-

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    weglich lebensvoller Falten. – Um dieses Schlaf- und
    Sterbezimmer her gruppieren sich einige kleinere,
    die nur durch ihre Schildereien interessieren, meist
    Bilder in chinesischer Tusche von der Hand des Prin-
    zen Heinrich selbst. Im großen und ganzen aber
    herrscht Mangel an guten Bildern, und nur einige
    wenige hat man dieser Stelle gelassen. Unter diesen
    sind zwei Bildnisse des jungen Grafen Bogislaw von
    Tauentzien und ein Portrait der ersten Königin, So-
    phie Charlotte, bei weitem die besten.
    Auch die Zimmer im Erdgeschoß sind nicht ohne In-
    teresse. Bilder, Büsten, Ausschmückungsgegenstän-
    de, die sich teils noch aus der Zeit des Prinzen Hein-
    rich her in diesen Zimmern befinden oder aber ver-
    schönerungshalber seitdem ihren Weg aus dem o-
    bern Stock ins untere genommen haben, fesseln hier
    den Beschauer. In einem dieser Räume befinden sich
    beispielsweise die Büsten des Marquis de la Roche-
    Aymon und seiner Gemahlin, daneben

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