Wanderungen durch die Mark Brandenburg
abwechselnd aus Wand- und Glasflächen
zusammen: vier Paneelwände, drei Nischenfenster
und eine Glastür. Die Fensternischen sind sehr tief
und boten deshalb Raum zur Aufstellung von Pols-
terbänken, die sich an beiden Seiten entlangziehen.
An den Paneelwänden stehen altmodische Lehnstühle
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mit versilberten Beinen und schlechten, dunklen Kattunüberzügen. Über den Lehnstühlen aber, in ziemli-
cher Höhe, sind Konsolen mit den Büsten Ciceros,
Voltaires, Diderots und Rousseaus angebracht. In die
Holzbekleidung ist vielfach Spiegelglas eingelassen,
während sich zu Häupten der Eingangstür allerlei
Zeichen des Freimaurerordens befinden und aber-
mals ein Pesnesches Deckengemälde den Plafond
bedeckt. Dasselbe zeigt die Ruhe beim Studieren ; ein Genius überreicht der sitzenden Minerva ein
Buch, auf dessen Blättern man die Namen Horaz und
Voltaire liest. Das Bild hat verhältnismäßig gelitten
und kann überhaupt mit der glänzenden Schöpfung
desselben Meisters im Konzertsaale nicht verglichen
werden. In der Mitte des Zimmers steht auf vergol-
deten Rokokofüßen und etwa von der Größe moder-
ner Damenschreibtische der Arbeitstisch des Prinzen.
Seine Schreibplatte liegt schräg und kann aufge-
klappt werden. Sie war ehedem mit rotem Samt ü-
berzogen, hat aber nicht nur die Farbe, sondern auch
den ganzen Samtstoff längst verloren. Der Samt wird
bekanntlich auf eine Unterschicht von festem Zeug
aufgetragen. Diese Unterschicht war 1853, als ich
Rheinsberg zum ersten Male besuchte, noch ziemlich
intakt vorhanden. Seitdem aber haben sich die Dinge
sehr zum Schlimmeren verändert. Nicht die Hälfte
mehr existiert von diesem Unterzeug, und man kann
deutlich sehen, wie die Federmesser, je nach der
Charakteranlage der Besucher, mal größere, mal
kleinere Karos herausgeschnitten haben. Ich liebe
nicht die Kastellane, die einen durch ihren Dienstei-
fer um die Möglichkeit eines ruhigen Genusses brin-
gen, aber ebensowenig mag ich jenen das Wort re-
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den, die voll mißverstandener Nachsicht ein Auge da
zudrücken, wo sie's aufmachen sollten.
Wir nehmen zögernd Abschied von diesem interes-
santen Zimmer, um uns nun den Zimmern des Prin-
zen Heinrich zuzuwenden. Sie liegen im ersten Stock des corps de logis und bilden eine ununterbrochene
Reihenfolge. Den Anfang machen die sogenannten
Prinz-Ferdinands-Zimmer, das heißt diejenigen, die
Prinz Ferdinand zu bewohnen pflegte, wenn er bei
seinem älteren Bruder, dem Prinzen Heinrich, zum
Besuche war. Vielleicht auch residierte der erstge-
nannte Prinz in der Zeit von 1802 bis 1813 wenigs-
tens zeitweilig hier und bewohnte dann diese Räume.
Hinter diesen sogenannten Prinz-Ferdinands-
Zimmern folgt der Konzertsaal (nicht zu verwechseln
mit dem kronprinzlichen im linken Hügel), alsdann der sehr gut erhaltene Muschelsaal und endlich das
Bibliothekzimmer. Neben diesem befindet sich das
Schlaf- und Sterbezimmer des Prinzen Heinrich . Es ist ein großes, ziemlich dunkles Gemach, durch ein
Paar Säulen in zwei Hälften geteilt. In der dunkleren
Hälfte, halb durch die Säulen verdeckt, steht das
Sterbebett, ein stattlicher, mit schweren Seidenvor-
hängen reich ausgestatteter Bau. Derartige Staats-
betten, namentlich wenn alt geworden, machen in
der Regel einen ängstlichen Eindruck und erfüllen
uns mit Dank, nicht in ihnen schlafen zu müssen.
Anders hier, weil sich nichts von Verschossenheit
zeigt, vielmehr alles frisch und farbig und voll be-
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weglich lebensvoller Falten. – Um dieses Schlaf- und
Sterbezimmer her gruppieren sich einige kleinere,
die nur durch ihre Schildereien interessieren, meist
Bilder in chinesischer Tusche von der Hand des Prin-
zen Heinrich selbst. Im großen und ganzen aber
herrscht Mangel an guten Bildern, und nur einige
wenige hat man dieser Stelle gelassen. Unter diesen
sind zwei Bildnisse des jungen Grafen Bogislaw von
Tauentzien und ein Portrait der ersten Königin, So-
phie Charlotte, bei weitem die besten.
Auch die Zimmer im Erdgeschoß sind nicht ohne In-
teresse. Bilder, Büsten, Ausschmückungsgegenstän-
de, die sich teils noch aus der Zeit des Prinzen Hein-
rich her in diesen Zimmern befinden oder aber ver-
schönerungshalber seitdem ihren Weg aus dem o-
bern Stock ins untere genommen haben, fesseln hier
den Beschauer. In einem dieser Räume befinden sich
beispielsweise die Büsten des Marquis de la Roche-
Aymon und seiner Gemahlin, daneben
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