Wanderungen durch die Mark Brandenburg
geworden ist.
Man passiert, abwechselnd dicht am See hin und mal
wieder sich von ihm entfernend, die herkömmlichen
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Schaustücke solcher Parkanlage: Säulentempel,
künstliche Ruinen, bemooste Steinbänke, Statuen
(darunter einige von großer Schönheit), und gelangt
endlich bis an den sogenannten Freundschaftstem-
pel , der bereits am jenseitigen Ufer des Sees, im Boberow-Walde, gelegen ist. In diesem Freundschaftstempel pflegte der Prinz zu speisen, wenn das
Wetter eine Fahrt über den See zuließ. Es war ein
kleiner Kuppelbau, auf dessen Hauptkuppel noch ein
Kuppelchen saß; über dem Eingang aber ein Fron-
tispice. Frontispice und Kuppeln existieren nicht
mehr; sie drohten mit Einsturz und wurden abgetra-
gen. Aber das Innere des »Tempels« ist noch wohl-
erhalten und besteht aus einem einzigen achteckigen
Zimmer, um das sich, wie die Schale um die Mandel,
ein etwas größerer achteckiger Außenbau legt. Ge-
nauso, wie wenn man eine kleine Schachtel in eine
größere stellt und beide mit einem gemeinschaftli-
chen Deckel überdeckt. In dem achteckigen Einsatz
befinden sich vier türbreite Einschnitte (die Türen
selber fehlen), und mit Hülfe dieser Einschnitte wird
es möglich, die sechzehn Inschriften zu lesen, die
seinerzeit der Innenwand des achteckigen Außen-
baues, und zwar sehr wahrscheinlich vom Prinzen
selber, gegeben wurden. Sie sind abwechselnd zwei
und vier Zeilen lang und beziehen sich auf das Glück
der Freundschaft. Ich zitiere zwei derselben:
Qui vit sans amitié, ne sauroit être heureux,
Quand il auroit pour lui la fortune et les Dieux.
oder
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Pourquoi l'amour est-il donc le poison
Et l'amitié le charme de la vie?
C'est que l'amour est le fils de la folie
Et l'amitié fille de la raison.
So sind sie alle. Kleine Niedlichkeiten ohne tiefere
Bedeutung, und doch an dieser Stelle ebenso an-
sprechend, wie sie als Grab- und Kircheninschriften
uns widerstrebend sind.
Jetzt feiert die junge Welt ihr Möskefest hier, bei welcher Gelegenheit sicherlich alle philosophischen
Betrachtungen über das Glück der Freundschaft un-
terbleiben und die sich »anbahnenden Verhältnisse«
durchaus zugunsten des ewig im Schwunge bleiben-
den »fils de la folie« entschieden werden. Ein Möske-
fest an dieser Stelle bedeutet eine nicht üble Kritik
und Ironie.
Vom Freundschaftstempel aus schreiten wir in den
eigentlichen Park zurück, machen dem wohlerhalte-
nen »Theater im Grünen«, das lebendige Hecken
statt der Coulissen hat, unsern Besuch und gelangen
danach in allerhand schmale Gänge, deren Windun-
gen uns schließlich bis an das Grabmal des Prinzen Heinrich führen. Es besteht aus einer Pyramide von
Backstein, um die sich ein schlichtes Eisengitter
zieht. Der Prinz, in seinem Testamente, hatte die
völlige Vermauerung dieser Pyramide angeordnet;
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man ging aber von dieser Anordnung ab und ließ
einen Eingang offen. Im Jahre 1853 sah ich noch
deutlich den großen Zinksarg stehen, auf dem ein
rostiger Helm lag. Seitdem ist ein brutaler Versuch
gemacht worden, ebendiesen Sarg, in dem man
Schätze vermutete, zu berauben, was nun, nachträg-
lich noch, zur Erfüllung der Testamentsanordnung,
will also sagen zur Vermauerung der Pyramide, ge-
führt hat.
Wo früher der Eingang war, befindet sich jetzt eine
große Steintafel mit der von Prinz Heinrich selbst
verfaßten Grabschrift Sie lautet:
Jetté par sa naissance dans ce tourbillon de vaine
fumée
Que le vulgaire appelle
Gloire et grandeur,
Mais dont le sage connoit le néant;
En proie à tous les maux de l'humanité;
Tourmenté par les passions des autres,
Agité par les siennes;
Souvent exposé à la calomnie;
En butte à l'injustice;
Et accablé même par la perte
De parens chéris,
D'amis sûrs et fidèles;
Mais aussi, souvent consolé par l'amitié;
Heureux dans le recueillement de ses pensées,
Plus heureux
Quand ses services purent être utiles à la patrie
Ou à l'humanité souffrante:
Tel est l'abrégé de la vie de
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Frédéric-Henri-Louis,
Fils de Frédéric-Guillaume, roi de Prusse,
Et de Sophie-Dorothtée,
Fille de George Ier, roi de la Grande-Bretagne.
Passant
Souviens-toi que la perfection n'est point sur la ter-
re.
Si je n'ai pu être le meilleur des hommes,
Je ne suis point au nombre des méchans;
L'éloge ou le blâme
Ne touchent plus celui
Qui repose dans l'éternité;
Mais la douce espérance
Embellit les derniers
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