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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ins Schloß zu übernehmen und uns seinem »Gevatter« vorzustellen.
    Unterwegs warnt er uns in humoristischer Weise vor
    den Bildererklärungen und Namensunterstellungen
    des Alten. »Sehen Sie, meine Herren, er hat eine
    Liste, auf der die Namen sämtlicher Portraits ver-
    zeichnet stehen, aber er nimmt es nicht genau mit
    der Verteilung dieser Namen. Einige Portraits sind fortgenommen und in die Berliner Galerien gebracht
    worden, was unsern Gevatter aber wenig kümmert;

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    er stellt ihnen, nach wie vor, Personen vor, die sich
    gar nicht mehr im Schlosse zu Rheinsberg befinden.
    Prinzeß Amalie namentlich, die schon bei Lebzeiten
    soviel Schweres tragen mußte, muß auch im Tode
    noch allerlei Unbill über sich ergehen lassen, und
    jedes Frauenportrait, das der Wissenschaft der
    Kunstkenner und Antiquare bisher gespottet hat, ist
    sicher, als ›Schwester Friedrichs des Großen‹ ge-
    nannt zu werden. Sie werden sie in Hofkostüm, in
    Phantasiekostüm und in Maskenkostüm kennenler-
    nen; besonders mach ich Sie auf ein Kniestück auf-
    merksam, wo sie in Federhut und schwarzem Muff
    erscheint. Die Kehrseite des Bildes wäre Wohltat ge-
    wesen.«
    Unter solchem Geplauder haben wir die der Stadt zu
    gelegene Rückseite des Schlosses erreicht, passieren den Schloßhof, steigen in ein bereitliegendes Boot
    und fahren bis mitten auf den See hinauf. Nun erst
    machen wir kehrt und haben ein Bild von nicht ge-
    wöhnlicher Schönheit vor uns. Erst der glatte Was-

serspiegel, an seinem Ufer ein Kranz von Schilf und
    Nymphäen, dahinter ansteigend ein frischer Garten-
    rasen und endlich das Schloß selbst, die Fernsicht
    schließend. Nach links hin dehnt sich der See; wohin
    wir blicken, ein Reichtum von Wasser und Wald, die
    Bäume nur manchmal gelichtet, um uns irgendein
    Denkmal auf den stillen Grasplätzen des Parks oder
    eine Marmorfigur oder einen »Tempel« zu zeigen.
    Das Schloß war in alten Tagen ein gotischer Bau mit
    Turm und Giebeldach. Erst zu Anfang des vorigen
    Jahrhunderts trat ein Schloßbau in französischem

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    Geschmack an die Stelle der alten Gotik und nahm
    dreißig Jahre später unter Knobelsdorffs Leitung im
    wesentlichen die Formen an, die er noch jetzt zeigt.
    Eine Beschreibung des Schlosses versuch ich nur in
    allgemeinsten Zügen. Es besteht aus einem Mittel-
    stück (corps de logis) und zwei durch eine Kolonnade
    verbundenen Seitenflügeln. In Front der See. Mehr
    eine Eigentümlichkeit als eine Schönheit bilden ein
    paar abgestumpfte Rundtürme, die sich an die Giebel
    der Seitenflügel anlehnen und deren einem es vor-
    behalten war, zu besonderer Berühmtheit zu gelan-
    gen.
    Langsam nähern wir uns wieder dem Ufer, befestigen
    den Kahn am Wassersteg und schreiten nun plau-
    dernd unsren Weg zurück. Unter der Kolonnade ma-
    chen wir halt und rekapitulieren die Geschichte des Orts. Es ist nötig, sie gegenwärtig zu haben.
    Die Herrschaft Rheinsberg war ein altes Besitztum
    der Bredows. Seit 1618 sind die Hauptdaten folgen-
    de:
    Jobst von Bredow verkauft Rheinsberg an Kuno von
    Lochow, Domherrn zu Magdeburg. 1618.
    Der Große Kurfürst nimmt, nach dem Erlöschen die-
    ser Familie von Lochow, Rheinsberg in Besitz und
    schenkt es dem General Duhamel. 1685.
    General Duhamel verkauft es sofort an den Hofrat de
    Beville.

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    Die Bevilles besitzen es, Vater und Sohn, bis 1734.
    Vom Sohne, dem Oberstlieutenant Heinrich von Beville, kauft es König Friedrich Wilhelm I. und schenkt
    es an den Kronprinzen Friedrich 1734.
    Der Kronprinz (Friedrich der Große), obschon nur
    bis 1740 dort, behält es als Eigentum bis 1744.
    Im Jahre 1744 erhält es Prinz Heinrich von seinem
    Bruder als Geschenk, übersiedelt aber erst 1753
    nach Rheinsberg.1)
    Prinz Heinrich von 1753 bis 1802 († 3. August).
    Prinz Ferdinand von 1802 bis 1813 († 2. Mai).
    Prinz August von 1813 bis 1843 († 19. Juli).
    Seit 1843 ist es wieder königlicher Besitz. –
    Wir nähern uns jetzt von der Kolonnade her dem
    linken Flügel des Schlosses, treten auf einen großen
    Flur und ziehen leise mit der Hand des Bittstellers an
    der Klingel des Kastellans. Er schläft wirklich noch,
    aber seine Frau nimmt unverdrossen das große
    Schlüsselbund von der Wand und schreitet treppauf
    vor uns her.
    Wollt ich dem Leser zumuten, uns auf diesem Gange
    zu folgen, so würd ich ihn nur verwirren; ich begnü-
    ge mich deshalb damit (ohne Rücksicht auf die Rei-
    henfolge, darin wir die Zimmer sahen), in nachste-

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    hendem erst von

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