Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Pots-
dam angekommen war, hatte der König ihn, um
Deutsch zu lernen, zu den Cadets geschickt und spä-
ter zu unserm Regiment. So war er bereits einige
zwanzig Jahre alt geworden. Bei uns hieß er »der
Papa«, und wir fragten ihn wohl zuweilen: wann sei-
ne Frau und Kinder nachkommen würden. Er hatte
Erlaubnis erhalten, den König zu bitten, ihn bald zu
avancieren. Als Friedrich auf die Frage: »Wie heißt
Er?« seinen Namen hörte, sprach er zu ihm ein paar
Worte italienisch, dann französisch, und als Hautevil-
le mit seiner Bitte herausrückte und immer dringen-
der ward, fragte er ihn etwas unwillig in deutscher
Sprache: »ob er denn auch Deutsch könne«, und als
Hauteville deutsch replizierte: »Kann jetzt alles
kommandiere, Ihro Majestät, und bitte untertä-
nigst«, so fiel er ihm in die Rede: »Nun, Herr, beru-
hige Er sich doch, ich werd Ihn ja nicht vergessen«,
61
und in sechs Wochen war Hauteville Lieutenant beim
Grenadierbataillon Meusel. Später hat er ein Füsilier-
bataillon in Schlesien gehabt.
Der dritte hieß Brösicke. Als der König seinen Namen
hörte, sagte er bloß: »Er ist aus der Mark«, und
gleich zum Folgenden:
»Wie heißt Er?« – »Suhm, Ew. Majestät.« – Der Kö-
nig: »Sein Vater ist der Postmeister?« – »Ja,
Ew. Majestät.« Der König: »Wenn Sein Vater nicht
4000 Taler hat, soll er an mich schreiben.« – Der
Vater des Suhm war nämlich schwer blessiert (wenn
ich nicht irre, hatte er beide Beine verloren) und hat-
te die Stelle als Versorgung erhalten. Er war ein Bru-
der des Suhm, mit dem Friedrich in Korrespondenz
war, die gedruckt ist.
Nun kam die Reihe an mich. »Wie heißt Er?« – »Kne-
sebeck, Ew. Majestät.« – »Was ist Sein Vater gewe-
sen?« – »Lieutenant bei Ew. Majestät Garde.« – Der
König: »Ach, der Knesebeck!«, und mit ganz veränderter, teilnehmender Stimme gleich zwei Fragen
hintereinander an mich richtend, fuhr er fort: »Wie
geht es denn Seinem Vater? Schmerzen ihn seine
Blessuren noch?« Mein Vater war nämlich bei Kolin
schwer blessiert und quer durch den Leib und Arm
geschossen. »Grüß Er doch Seinen Vater von mir!«
Und als er sich schon wenden wollte, noch einmal
sich umsehend und den Zeigefinger der rechten
Hand, an welcher der Stock baumelte, emporhebend
und mich noch einmal ansehend, sagte er mit gnädi-
ger Stimme: »Vergeß Er es mir auch nicht!«
62
Ach, seitdem sind fünfundsechzig Jahre verflossen
(so schließt Knesebeck), und ich habe diesen Gruß,
der gleich bestellt wurde, da ich Urlaub dazu erhielt,
und noch weniger den Ton der Stimme vergessen,
mit welchem er gesprochen wurde.
Lob des Krieges1
Es leb der Krieg! Im wilden Kriegerleben,
Da stählet sich der Mut!
Frei kann die Kraft im Kriege nur sich heben;
Der Krieg, der Krieg ist gut.
Den falschen Freund, der listig Treue heuchelt,
Krieg macht ihn offenbar.
In offner Schlacht das blanke Schwert
nicht schmeichelt,
Und jeder Hieb spricht wahr.
Der Krieg ist gut! Er weckt die Kraft der Jugend
Und zieht in seinem Schoß
So manchen Sinn für hohe, wahre Tugend
Zu schönen Taten groß.
Der Krieg ist gut! Er ruft aus feigem Schlummer
Den trägen Weichling auf,
Er lohnt Verdienst, und schafft er manchen Kummer,
Löst er auch manchen auf!
63
Der Krieg ist gut! Im Reiben seiner Kräfte
Ist für die Welt Gewinn.
Der Krieg macht froh, im Wechsel der Geschäfte
Nimmt er die Grillen hin.
Er lehrt die Kunst, das Leben zu verachten,
Wenn es die Pflicht gebeut,
Und immer nur es als ein Gut betrachten,
Das man der Tugend weiht.
Er lehret uns entbehren und genießen,
Er würzt auch schwarzes Brot –
Und wenn durch ihn auch manche Tränen fließen.
Er gibt den schönsten Tod.
Es leb der Krieg! wo hohe Kraft nur sieget,
Nicht Trägheit Lorbeern flicht,
Es leb der Krieg! Unsterblichkeit erflieget,
Wer durch ihn Palmen bricht.
Es leb der Krieg! Nur dem geb er Verderben,
Der frech den Frieden bricht.
Zur Schlacht, zur Schlacht! wir alle lernten sterben
Für Vaterland und Pflicht.
1. Der alte Feldmarschall von dem Knesebeck
hat eine ziemliche Anzahl von Gedichten hin-
terlassen. Eins der seinerzeit populärsten ist
64
das vorstehende. Es stammt aus den Lieute-
nantstagen in Halberstadt (1792).
Radensleben
Es ist so still; die Heide liegt
Im warmen Mittagssonnenstrahle.
Th. Storm
Erst hab ich weniger auf dich geachtet,
Jetzt siehst du mich vor deiner Größe beben,
Seit
Weitere Kostenlose Bücher