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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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nun über
    Kloster Zellin hinaus; der Fluß wird schmäler, aber
    tiefer, und das Landschaftsbild verändert sich. Der
    Barnim liegt hinter uns, und wir fahren in die Ucker-
    mark hinein, wo sich uns Uferlandschaften erschlie-
    ßen, sehr ähnlich denen, wie sie die Stettiner Umge-
    gend dem Auge bietet. Andere Namen, in nichts
    mehr an die triviale Komik von »Güstebiese« oder
    »Lietzegöricke« erinnernd, tauchen auf – Namen voll
    poetischem Klang und Schimmer: Hohensaaten, Ra-
    duhn und Hohen-Kränig.

    861
    Der Fluß, bis dahin im wesentlichen in einem Bette fließend, fängt an, ein Netz von Kanälen durch die
    Landschaft zu ziehen; hierhin, dorthin windet sich
    der Dampfer, aber eh es uns noch gelungen ist, uns
    in dem malerischen Wirrsal zurechtzufinden, tauchen
    plötzlich weiße Giebelwände, von Türmen und hohen
    Linden überragt, aus dem Landschaftsbilde auf. Noch
    eine Biegung, und das übliche Hoi-ho, das immer
    laut wird, wenn das Schiff sich einer Landungsstelle
    nähert, läßt sich aufs neue vernehmen. Eine alte
    Holzbrücke, mit Hunderten von Menschen besetzt,
    sperrt uns den Weg; ein Fangseil fliegt über unsere
    Köpfe weg, dem Brückengeländer zu; der Dampfer
    legt an. Ein Drängen, ein Grüßen, dazwischen das
    Läuten der Glocke. Vom linken Ufer her aber wirft ein
    weitläuftiger Bau, in Bäumen und Laubgängen halb
    versteckt, sein Spiegelbild in den Fluß. Es ist das alte Markgrafenschloß. Wir sind in Schwedt.

    862
    Das Oderbruch
    1. Wie es in alten Zeiten war

    Wasser, Wasser überall,
    Die Tiefe selbst verfaulte,
    Schlammtiere krabbeln zahllos rings
    Auf schlammiger Moderflut.
    Freiligrath,
    nach Samuel Taylor Coleridge

    Am Westufer der Oder, nach rechts hin vom Flusse
    selber begrenzt, nach links hin von den Abhängen
    des Barnim-Plateaus wie von einem gebogenen Arm
    umfaßt, liegt das Oderbruch . Es ist eine sieben Meilen lange und etwa zwei Meilen breite Niederung,
    die, ihrem Hauptbestandteile nach, in ein hohes und niederes Bruch, das Oberbruch und das Niederbruch, zerfällt. An diese beiden schließt sich noch, nach
    Norden hin, also flußabwärts, das Mittelbruch . Diese Bezeichnung ist schlecht gewählt und wird die Ursache beständiger Verwechselungen. Als »Mittelbruch«
    vermutet man es im Zentrum, zwischen dem Ober-
    und Niederbruch gelegen, während es doch, umge-
    kehrt, am äußersten Flügel des Bruches liegt. Seinen Namen, der besser einem andern Platz machte, hat
    es wahrscheinlich daher, weil es inmitten zweier O-863
    derarme sich ausbreitet. Neueren Arbeiten, nament-
    lich einem vorzüglichen Aufsatze des Geheimen Rat
    Wehrmann, »Die Eindeichung des Oderbruches«,
    entnehme ich, daß man angefangen hat, diese
    schlechte Bezeichnung »Mittelbruch« in amtlichen
    Erlassen wenigstens ganz fallenzulassen. Man spricht
    nur noch von einem Ober - und Niederbruch , und so ist es in der Ordnung.
    Das Bruch ist ein Bauernland, eine Art Dithmar-
    schen1); aber adlige Güter blicken rundum, wie von
    hoher Warte, in das schöne, fruchtbare Bruchland
    hinein. Eine ganze Anzahl dieser auf der Höhe gele-
    genen altadligen Güter werden wir noch in ausführli-
    cheren Schilderungen kennenlernen; nur ihre Namen
    sowie die Namen der alten, zum Teil ausgestorbenen
    Familien, die ihnen im Laufe der Jahrhunderte zu
    Ruhm und Ansehn verhalfen, mögen schon hier eine
    Stelle finden. Auch einem neuen Namen werden wir
    begegnen: Albrecht Thaer. Es wird dem Leser, mit
    bloßer Hülfe dieser Aufzählung, der Reichtum histori-
    schen Lebens entgegentreten, der sich hier, unmit-
    telbar am Rande des Bruchs, auf dem Raum weniger
    Meilen zusammenfindet. Ich folge der Linie von Nord
    nach Süd.
    Hohenfinow: Sparr, Schlick2), Vernezobre.
    Cöthen und Falkenberg: von Jena.
    Freienwalde: Uchtenhagen.
    Ranft: von Marschall.
    Möglin: Albrecht Thaer.
    Batzlow: Barfus.
    Ihlow: Ihlow oder Illo.3)

    864
    Ringenwalde. Bredow.
    Kunersdorf und Friedland: Lestwitz und Itzenplitz.
    Buckow: von Pfuel, von Flemming.
    Quilitz: Prittwitz, Hardenberg.
    Gusow: Derfflinger.
    Friedersdorf: Görtzke, Marwitz.
    Lietzen: Johanniter-Komturei.
    Hohenjesar: Burgsdorf.
    Reitwein: Finckenstein.
    Von allen diesen Punkten, selbst von Buckow aus,
    das am meisten zurückgelegen liegt, ermöglicht sich
    ein Blick in die fruchtbare Tiefe; dabei wechselt der
    Charakter der Landschaft so oft und so anmutig, daß
    jeder, der am Rande des Plateaus, etwa von Freien-
    walde bis Seelow, oder selbst bis Frankfurt hin, diese
    Fahrt zu

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