Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Kamp-
fes stehn, den die Erde von uns heischt, haben ihm
zu danken, daß er gesucht und geforscht .
Nachdem wir bis hierher dem Manne gefolgt sind,
dessen Name unzertrennlich von dem Namen
Möglins geworden, wenden wir uns nunmehr wieder
der Stätte zu, wo er gelebt.
Möglin, auch äußerlich genommen, ist, wenn man
den Ausdruck gestatten will, » nur Thaer «, und in diesem Umstande liegt sein Reiz und seine Eigentümlichkeit. Im übrigen wirkt das ganze Dorf fast wie
eine Überraschung . Etwas in der Tiefe gelegen und durch keinen Kirchturm in die Weite hin verraten,
tritt man plötzlich, unter alten Bäumen hindurch, wie
in ein Kamp, eine Niederlassung ein und hat hier,
malerisch gruppiert, alles zusammen, was zur Be-
deutung und zur Poesie des Ortes gehört.
Den Mittelpunkt des Ganzen bildet ein Teich, den
nach rechts hin hohe Schilfwände, nach links hin
hohe Erlenbäume umfassen. Diesseits des Teichs,
neben der Stelle, wo wir uns befinden, steht die alte
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Feldsteinkirche, von einer Linde, die nicht viel jünger sein mag als die Kirche selbst, überschattet. Jenseits
des Teichs, freundlich blinkend im Schmuck eines
angebauten Glashauses, steht das Wohngebäude;
dahinter ein Haus von ähnlicher Größe – die ehema-
lige Akademie. Die Wirtschaftsgebäude, darunter die
berühmte Stammschäferei, verstecken sich zum Teil
hinter den hohen Bäumen, die den engen Kreis des
Bildes: Teich, Kirche, Wohnhaus, Akademie, umzir-
ken.
Persönlichkeiten, von zum Teil hervorragender Stel-
lung in Leben oder Wissenschaft, drängten sich an
dieser Stelle während der letzten funfzig Jahre, und
so darf es nicht wundernehmen, daß jeder Fußbreit
Erde hier seine Erinnerungen hat. Am Südrande des
Teichs, der Kirche zunächst, fällt uns eine Erdpyra-
mide auf, von Blumen überdeckt und terrassenför-
mig sich zuspitzend. Es ist ein Grabhügel. Unter ihm
ruht Albrecht Thaer, und auf den Treppenstufen des
Hügels, der mehr ein Blumengarten als ein Grab ist,
blühen, den Sommer hindurch, viele Hunderte von
Blumen.
Am Westrande des Teichs bemerken wir den zersplit-
terten Stamm eines vom Winde abgebrochenen
Baumes. Das sind die Überbleibsel der »Herzogswei-
de«, die hier stand. Zu den ersten Freunden und
Genossen Thaers, bei seiner Übersiedelung nach
Möglin, gehörte der Herzog von Holstein-Beck, da-
mals ein Mann von nah an funfzig, ein Vertrauter des
Kaisers Paul, wie er vorher ein Freund des Rheins-
berger Prinzen Heinrich gewesen war. Der Herzog
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lebte monatelang als Mögliner Gast, und diese Weide
am Teich war sein bevorzugter Aufenthalt, wo er zu
sitzen und zu sinnen liebte. Es durfte wohl so sein.
Die Zweige des Baumes hingen in den Teich nieder,
das blaugraue Laub war doppelt schön auf einem
Hintergrunde dunkler Erlen, und der an der Wurzel
sieben Fuß dicke Stamm teilte sich höher hinauf in
zwei Stämme. Zwischen diesen hatte der Herzog
seinen Platz. Beim Abschiede schrieb er, in dankba-
rer Erinnerung an die hier verträumten Stunden:
Gedenket auch an dieser Stelle
Des Freundes, der hier oftmals saß
Und bei dem stillen Spiel der Welle
Die weite Welt um sich vergaß.
Es wird sein Geist euch hier umschweben,
Sein Dank an eurer Seite sein;
Hier erst erfaßt' er wahres Leben
Und lernte, schaffend, glücklich sein.
Das Wohngebäude, reich an Erinnerungsstücken aller
Art, an Bildern und Büsten, ist fast ebensosehr ein
Thaer-Museum als ein Wohnhaus. Auf Namhaftma-
chung dieser Erinnerungsstücke, meist Darbringun-
gen von nah und fern, leisten wir hier Verzicht; e-
benso auf eine Schilderung des Akademiegebäudes,
der Lehr- und Wohnzimmer, der Bibliothek und der
naturwissenschaftlichen Sammlungen, die sich darin
vorfinden.
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Wir verweilen nicht bei diesen Dingen, die, trotz ihrer Einfachheit, an die glänzendste Periode der Akademie erinnern, wir treten lieber aus den öden Zim-
mern wieder ins Freie, wo ein zierlicher, in Front des
Gebäudes aufsteigender Obelisk uns ein schönes
Fest zurückruft, das hier gefeiert wurde. Die Inschrift bezeichnet die Art des Festes. Sie lautet: »Zur Erinnerung an das fünfzigjährige Bestehen der landwirt-
schaftlichen Akademie zu Möglin, im Oktober 1856.«
An der andern Seite befindet sich Thaers Reliefbild;
darunter die Namen aller Schüler, die zur Errichtung
dieses Denksteins beitrugen.
Diese Feier, wie sie das halbhundertjährige Bestehen
bezeichnete, bezeichnete doch auch
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