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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Kamp-
    fes stehn, den die Erde von uns heischt, haben ihm
    zu danken, daß er gesucht und geforscht .

    Nachdem wir bis hierher dem Manne gefolgt sind,
    dessen Name unzertrennlich von dem Namen
    Möglins geworden, wenden wir uns nunmehr wieder
    der Stätte zu, wo er gelebt.
    Möglin, auch äußerlich genommen, ist, wenn man
    den Ausdruck gestatten will, » nur Thaer «, und in diesem Umstande liegt sein Reiz und seine Eigentümlichkeit. Im übrigen wirkt das ganze Dorf fast wie
    eine Überraschung . Etwas in der Tiefe gelegen und durch keinen Kirchturm in die Weite hin verraten,
    tritt man plötzlich, unter alten Bäumen hindurch, wie
    in ein Kamp, eine Niederlassung ein und hat hier,
    malerisch gruppiert, alles zusammen, was zur Be-
    deutung und zur Poesie des Ortes gehört.
    Den Mittelpunkt des Ganzen bildet ein Teich, den
    nach rechts hin hohe Schilfwände, nach links hin
    hohe Erlenbäume umfassen. Diesseits des Teichs,
    neben der Stelle, wo wir uns befinden, steht die alte

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    Feldsteinkirche, von einer Linde, die nicht viel jünger sein mag als die Kirche selbst, überschattet. Jenseits
    des Teichs, freundlich blinkend im Schmuck eines
    angebauten Glashauses, steht das Wohngebäude;
    dahinter ein Haus von ähnlicher Größe – die ehema-
    lige Akademie. Die Wirtschaftsgebäude, darunter die
    berühmte Stammschäferei, verstecken sich zum Teil
    hinter den hohen Bäumen, die den engen Kreis des
    Bildes: Teich, Kirche, Wohnhaus, Akademie, umzir-
    ken.
    Persönlichkeiten, von zum Teil hervorragender Stel-
    lung in Leben oder Wissenschaft, drängten sich an
    dieser Stelle während der letzten funfzig Jahre, und
    so darf es nicht wundernehmen, daß jeder Fußbreit
    Erde hier seine Erinnerungen hat. Am Südrande des
    Teichs, der Kirche zunächst, fällt uns eine Erdpyra-
    mide auf, von Blumen überdeckt und terrassenför-
    mig sich zuspitzend. Es ist ein Grabhügel. Unter ihm
    ruht Albrecht Thaer, und auf den Treppenstufen des
    Hügels, der mehr ein Blumengarten als ein Grab ist,
    blühen, den Sommer hindurch, viele Hunderte von
    Blumen.
    Am Westrande des Teichs bemerken wir den zersplit-
    terten Stamm eines vom Winde abgebrochenen
    Baumes. Das sind die Überbleibsel der »Herzogswei-
    de«, die hier stand. Zu den ersten Freunden und
    Genossen Thaers, bei seiner Übersiedelung nach
    Möglin, gehörte der Herzog von Holstein-Beck, da-
    mals ein Mann von nah an funfzig, ein Vertrauter des
    Kaisers Paul, wie er vorher ein Freund des Rheins-
    berger Prinzen Heinrich gewesen war. Der Herzog

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    lebte monatelang als Mögliner Gast, und diese Weide
    am Teich war sein bevorzugter Aufenthalt, wo er zu
    sitzen und zu sinnen liebte. Es durfte wohl so sein.
    Die Zweige des Baumes hingen in den Teich nieder,
    das blaugraue Laub war doppelt schön auf einem
    Hintergrunde dunkler Erlen, und der an der Wurzel
    sieben Fuß dicke Stamm teilte sich höher hinauf in
    zwei Stämme. Zwischen diesen hatte der Herzog
    seinen Platz. Beim Abschiede schrieb er, in dankba-
    rer Erinnerung an die hier verträumten Stunden:
    Gedenket auch an dieser Stelle
    Des Freundes, der hier oftmals saß
    Und bei dem stillen Spiel der Welle
    Die weite Welt um sich vergaß.
    Es wird sein Geist euch hier umschweben,
    Sein Dank an eurer Seite sein;
    Hier erst erfaßt' er wahres Leben
    Und lernte, schaffend, glücklich sein.
    Das Wohngebäude, reich an Erinnerungsstücken aller
    Art, an Bildern und Büsten, ist fast ebensosehr ein
    Thaer-Museum als ein Wohnhaus. Auf Namhaftma-
    chung dieser Erinnerungsstücke, meist Darbringun-
    gen von nah und fern, leisten wir hier Verzicht; e-
    benso auf eine Schilderung des Akademiegebäudes,
    der Lehr- und Wohnzimmer, der Bibliothek und der
    naturwissenschaftlichen Sammlungen, die sich darin
    vorfinden.

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    Wir verweilen nicht bei diesen Dingen, die, trotz ihrer Einfachheit, an die glänzendste Periode der Akademie erinnern, wir treten lieber aus den öden Zim-
    mern wieder ins Freie, wo ein zierlicher, in Front des
    Gebäudes aufsteigender Obelisk uns ein schönes
    Fest zurückruft, das hier gefeiert wurde. Die Inschrift bezeichnet die Art des Festes. Sie lautet: »Zur Erinnerung an das fünfzigjährige Bestehen der landwirt-
    schaftlichen Akademie zu Möglin, im Oktober 1856.«
    An der andern Seite befindet sich Thaers Reliefbild;
    darunter die Namen aller Schüler, die zur Errichtung
    dieses Denksteins beitrugen.
    Diese Feier, wie sie das halbhundertjährige Bestehen
    bezeichnete, bezeichnete doch auch

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