Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Verlegenheiten. Alles war in den
Krieg (auch Thaers drei Söhne), und so kam es, daß
die Lehranstalt, die doch einmal da war, ohne Verlust
weder aufgegeben noch fortgeführt werden konnte.
In Not und Sorge schrieb er seiner damals abwesen-
den Frau: »Wollte Gott, daß ich das Institut nicht
angelegt hätte, denn es ist die Quelle aller Verlegen-
heiten und Sorgen geworden. Aber es ist für unser
Land zu wichtig, und nun es einmal da ist, muß es
bleiben.« Ein Glück, daß es blieb. Mit dem Frieden
kamen gesegnetere Zeiten, und wie Thaer, während
des letzten Jahrzehnts, das ihm noch zu leben und
zu wirken vergönnt war, seinen Ruhm wachsen und
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die verschiedenen Zweige seiner Wirtschaft prospe-
rieren sah, so wuchs auch das »Institut« (seit 1819
» Königliche akademische Lehranstalt des Landbaus «) von Jahr zu Jahr an Ausdehnung und Ansehn. Anfangs hatte Thaer es für das Zweckmäßigste gehal-
ten, das Instituthaus auf den Fuß eines Gast - und Logierhauses zu setzen, damit jeder Akademiker
nach Vermögen, Geschmack und Gewohnheit darin
leben und zehren könne. Allein dies erwies sich bald
als nachteilig für alle Teile. Nur ungern entschloß er
sich endlich dazu, einen gemeinschaftlichen Mittags-
und Abendtisch zu halten. Die Mitglieder des Instituts
waren, nach Thaers ausdrücklicher Bestimmung,
nicht Studenten im gewöhnlichen Universitätssinne.
Am wenigsten waren sie Schüler. Thaer äußerte sich
dahin: »Schulmeister können wir nicht sein, sondern
müssen unsere Zuhörer wie freie vernünftige Männer
betrachten, die nur allein ein lebhafter Trieb zu den
hier zu lehrenden Wissenschaften zu uns geführt.
Kein Zwang. Aber freilich würd es andererseits
schmerzlich für uns sein, wenn wir uns zu der sonst
bewährten Maxime gezwungen sähen: ›Sumimus
pecuniam et mittimus asinum in patriam.‹« – Das
Institut wurde von einer ähnlichen Bedeutung für
unser Land wie die »Forstakademie« in dem benach-
barten Eberswalde. Die große Wirksamkeit jenes hat
darin bestanden, daß mit Hülfe der darin gebildeten
und später zur Selbständigkeit gelangten Männer
eine höhere, umfassendere Ansicht des landwirt-
schaftlichen Betriebes weiter und allgemeiner ver-
breitet worden ist, als jemals durch Schriften hätte geschehen können . Namentlich hat es das siegreiche Vordringen der Thaerschen Prinzipien beschleunigt
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und, um eines speziell hervorzuheben, ein Zurück-
versinken der landwirtschaftlichen Sprache und Aus-
drucksweise in das alte wirre Chaos unmöglich ge-
macht.1)
Wir wenden uns zum Schluß noch einmal der literari-
schen Tätigkeit Thaers zu.
Auch in Möglin, wie Körte sich ausdrückt, war Thaer
ebenso tätig am Schreibtisch wie auf dem Ackerfeld.
In den ersten zehn Jahren seines Aufenthalts in der
neuen Heimat würd es ihm sogar sehr schlimm er-
gangen sein, wenn der Erwerb seiner Feder nicht
dem stockenden Erwerbe des Pfluges zu Hülfe ge-
kommen wäre. Mannigfaches erschien in jenen Jah-
ren von ihm, vor allem jedoch sei hier seines Meis-
terwerkes gedacht, das unter dem Titel » Grundzüge
der rationellen Landwirtschaft « (vier Bände) 1810
bis 1812 veröffentliche wurde. Das Werk, wie alle
Welt jetzt weiß, war epochemachend. Dennoch hätte
er sich schwerlich schon damals zur Herausgabe des-
selben verstanden, wenn nicht die pressende Not, in
der er sich befand, ihm keine Wahl gelassen hätte.
Er beklagte dies oft, denn wie groß die Freude gewe-
sen war, mit der die landwirtschaftliche Welt dieses
Werk begrüßt hatte, ihm selbst genügte es keines-
wegs . Wir können indes auf Thaer und sein berühmtes Werk anwenden, was Luther einst bei Tisch vom
Melanchthon sagte: »Magister Philippus hätte Apolo-
giam Confessionis zu Augsburg nimmermehr ge-
schrieben, wenn er nicht wäre so getrieben und ge-
zwungen worden; er hätte wollen es immer noch
besser machen .« Die »Rationelle Landwirtschaft« hat 1032
verschiedene Auflagen erlebt und ist in verschiedene
Sprachen übersetzt worden; zu einer Umarbeitung
aber ist Thaer nicht gekommen, wie sehr dieselbe
auch innerhalb seiner Wünsche lag. Die anderweiten
Schriften seiner Mögliner Epoche, namentlich ver-
schiedene Bücher und Broschüren über Schafzucht
und Wollproduktion, übergehen wir hier. Es mögen
statt dessen von ihm selbst herrührende Worte hier
Platz finden, die ihn uns, bis in sein hohes Alter hin-
ein, von einer seltenen Frische des
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