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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Verlegenheiten. Alles war in den
    Krieg (auch Thaers drei Söhne), und so kam es, daß
    die Lehranstalt, die doch einmal da war, ohne Verlust
    weder aufgegeben noch fortgeführt werden konnte.
    In Not und Sorge schrieb er seiner damals abwesen-
    den Frau: »Wollte Gott, daß ich das Institut nicht
    angelegt hätte, denn es ist die Quelle aller Verlegen-
    heiten und Sorgen geworden. Aber es ist für unser
    Land zu wichtig, und nun es einmal da ist, muß es
    bleiben.« Ein Glück, daß es blieb. Mit dem Frieden
    kamen gesegnetere Zeiten, und wie Thaer, während
    des letzten Jahrzehnts, das ihm noch zu leben und
    zu wirken vergönnt war, seinen Ruhm wachsen und

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    die verschiedenen Zweige seiner Wirtschaft prospe-
    rieren sah, so wuchs auch das »Institut« (seit 1819
    » Königliche akademische Lehranstalt des Landbaus «) von Jahr zu Jahr an Ausdehnung und Ansehn. Anfangs hatte Thaer es für das Zweckmäßigste gehal-
    ten, das Instituthaus auf den Fuß eines Gast - und Logierhauses zu setzen, damit jeder Akademiker
    nach Vermögen, Geschmack und Gewohnheit darin
    leben und zehren könne. Allein dies erwies sich bald
    als nachteilig für alle Teile. Nur ungern entschloß er
    sich endlich dazu, einen gemeinschaftlichen Mittags-
    und Abendtisch zu halten. Die Mitglieder des Instituts
    waren, nach Thaers ausdrücklicher Bestimmung,
    nicht Studenten im gewöhnlichen Universitätssinne.
    Am wenigsten waren sie Schüler. Thaer äußerte sich
    dahin: »Schulmeister können wir nicht sein, sondern
    müssen unsere Zuhörer wie freie vernünftige Männer
    betrachten, die nur allein ein lebhafter Trieb zu den
    hier zu lehrenden Wissenschaften zu uns geführt.
    Kein Zwang. Aber freilich würd es andererseits
    schmerzlich für uns sein, wenn wir uns zu der sonst
    bewährten Maxime gezwungen sähen: ›Sumimus
    pecuniam et mittimus asinum in patriam.‹« – Das
    Institut wurde von einer ähnlichen Bedeutung für
    unser Land wie die »Forstakademie« in dem benach-
    barten Eberswalde. Die große Wirksamkeit jenes hat
    darin bestanden, daß mit Hülfe der darin gebildeten
    und später zur Selbständigkeit gelangten Männer
    eine höhere, umfassendere Ansicht des landwirt-
    schaftlichen Betriebes weiter und allgemeiner ver-
    breitet worden ist, als jemals durch Schriften hätte geschehen können . Namentlich hat es das siegreiche Vordringen der Thaerschen Prinzipien beschleunigt

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    und, um eines speziell hervorzuheben, ein Zurück-
    versinken der landwirtschaftlichen Sprache und Aus-
    drucksweise in das alte wirre Chaos unmöglich ge-
    macht.1)
    Wir wenden uns zum Schluß noch einmal der literari-
    schen Tätigkeit Thaers zu.
    Auch in Möglin, wie Körte sich ausdrückt, war Thaer
    ebenso tätig am Schreibtisch wie auf dem Ackerfeld.
    In den ersten zehn Jahren seines Aufenthalts in der
    neuen Heimat würd es ihm sogar sehr schlimm er-
    gangen sein, wenn der Erwerb seiner Feder nicht
    dem stockenden Erwerbe des Pfluges zu Hülfe ge-
    kommen wäre. Mannigfaches erschien in jenen Jah-
    ren von ihm, vor allem jedoch sei hier seines Meis-
    terwerkes gedacht, das unter dem Titel » Grundzüge
    der rationellen Landwirtschaft « (vier Bände) 1810
    bis 1812 veröffentliche wurde. Das Werk, wie alle
    Welt jetzt weiß, war epochemachend. Dennoch hätte
    er sich schwerlich schon damals zur Herausgabe des-
    selben verstanden, wenn nicht die pressende Not, in
    der er sich befand, ihm keine Wahl gelassen hätte.
    Er beklagte dies oft, denn wie groß die Freude gewe-
    sen war, mit der die landwirtschaftliche Welt dieses
    Werk begrüßt hatte, ihm selbst genügte es keines-
    wegs . Wir können indes auf Thaer und sein berühmtes Werk anwenden, was Luther einst bei Tisch vom
    Melanchthon sagte: »Magister Philippus hätte Apolo-
    giam Confessionis zu Augsburg nimmermehr ge-
    schrieben, wenn er nicht wäre so getrieben und ge-
    zwungen worden; er hätte wollen es immer noch
    besser machen .« Die »Rationelle Landwirtschaft« hat 1032
    verschiedene Auflagen erlebt und ist in verschiedene
    Sprachen übersetzt worden; zu einer Umarbeitung
    aber ist Thaer nicht gekommen, wie sehr dieselbe
    auch innerhalb seiner Wünsche lag. Die anderweiten
    Schriften seiner Mögliner Epoche, namentlich ver-
    schiedene Bücher und Broschüren über Schafzucht
    und Wollproduktion, übergehen wir hier. Es mögen
    statt dessen von ihm selbst herrührende Worte hier
    Platz finden, die ihn uns, bis in sein hohes Alter hin-
    ein, von einer seltenen Frische des

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