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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Veranlassung, sondern einzig und allein in
    dem allgemeinen Zuge der Zeit suchen, der alleror-
    ten dahin ging, an die Stelle mittelalterlicher, durch-
    aus unausreichend gewordener Stadtbefestigungen
    wirkliche Festungen treten zu lassen.
    Einen Augenblick scheint der Markgraf geschwankt
    zu haben, welche seiner Städte zu bevorzugen sei (so kam beispielsweise Königsberg in der Neumark
    ernstlich in Betracht); aber die Vorteile, die Küstrin
    bot, konnten auf die Dauer nicht übersehen werden.
    Gewährte schon der rechtwinklige Zusammenfluß
    von Oder und Warthe nach zwei Seiten hin einen
    natürlichen Schutz, so wuchs dieser durch die Be-
    schaffenheit des beiden Flüssen vorgelegenen Ter-
    rains. Dieses Terrain war nach Süden und Südosten
    hin ein anderthalb Meilen breiter, mit Schilf und Ge-
    sträuch bewachsener, weder zur Winter- noch Som-

    1268

    merzeit passierbarer Morast, während alles andere
    Vorland aus Wiesengrund bestand, der bei hohem
    Wasserstande völlig überschwemmt wurde. Nur zwei
    Dämme, der Lange und der Kurze Damm, führten
    von Westen und Nordosten her durch diese Küstriner
    Sumpf- und Wasserwildnis, in der nunmehr – etwa
    nach dem Vorbilde von Mantua – eine » Sumpffes-
    tung « anzulegen der italienische Baumeister Giro-mella berufen wurde. Dieser, sehr wahrscheinlich
    durch die Sparsamkeit seines Bauherrn dazu be-
    stimmt, beschränkte sich zunächst auf Herstellung
    von Erd- und Torfwällen, die, fortifikatorisch geglie-
    dert, die Stadt nach vier Seiten hin einzuschließen
    hatten; als sich aber herausstellte, daß die großen
    Frühjahrswasser der Oder und Warthe diese Wälle
    wieder fortspülten, schritt man dazu, dieselben mit
    Mauersteinen zu bekleiden.

    1269
    Schon 1543 waren die Befestigungen so weit gedie-
    hen, daß sie mit Geschützen armiert werden konn-
    ten, aber erst 1557 erfolgte jene vorerwähnte Be-
    kleidung. Bis dahin waren, nach Angabe der Chronis-
    ten, etwa 160 000 Gulden verausgabt worden.
    Die Festung hatte damals (und in ihrem Kernstück
    auch jetzt noch) die Form eines länglichen , unregelmäßigen Vierecks. Dieses Oblong war mit vier Eck-
    bastionen versehen, zwischen denen sich, und zwar
    an den zwei Langseiten des Oblongs, zwei weitere Mittelbastionen erhoben. Im ganzen also sechs. Diese sechs Bastionen hatten anfänglich andere Namen
    als heute. Gegenwärtig heißen sie:
    Eckbastionen.
    Bastion König
    Bastion Königin
    Bastion Kronprinzessin
    Bastion Philipp
    Mittelbastionen.
    Bastion Kronprinz
    Bastion Brandenburg
    Auf Bastion »Kronprinz« erhob sich und erhebt sich
    noch der sogenannte »Hohe Kavalier«, ein besonders
    fester Punkt, der eine vierfache Verteidigung gestat-
    tet. Auf Bastion »Brandenburg« oder in seiner unmit-
    telbaren Nähe vollendete sich die Katte-Tragödie.

    1270

    An den Schmalseiten des länglichen Vierecks befan-
    den sich die zwei Festungstore: das Lange-Damm-
    und das Kurze-Damm-Tor (jetzt Berliner und Zorn-
    dorfer Tor), die den auf den vorgenannten beiden
    Dämmen sich bewegenden Verkehr der Landschaft
    mit der Stadt einzig und allein vermittelten. Auf dem
    Langen-Damm-Tore stand ein Torhäuschen, in des-
    sen einziger Stube Katte seine letzte Nacht vor der
    Hinrichtung zubrachte. Auf vorstehender Zeichnung
    ist das Häuschen mit einem
    bezeichnet.
    Innerhalb der Festungswerke lag die Stadt mit
    Marktplatz, Kirche, Schloß, letzteres hart an den Wall
    gelehnt, und zwar zwischen Bastion König und Basti-
    on Brandenburg. Auf den Wällen selbst befand sich
    alles, was eine Festung an Magazinen, an Gieß- und
    Zeughäusern, an Pulver- und Getreidemühlen erfor-
    derte. Unter seiner Armatur waren auch einzelne aus
    der Küstriner Gießerei hervorgegangene berühmte
    Geschütze, die nach damaliger Sitte besondere Na-
    men hatten. Das eine derselben hieß »Der wilde
    Mann«, ein anderes »Das Rebhuhn«. Dem »wilden
    Mann« war folgende Inschrift gegeben:
    Der Papst , das ist der »wilde Mann«,
    Er hat all' Unglück richtet an,
    Das Gott und Mensch nicht leiden kann.
    Und bei dem »Rebhuhn« heißt es:
    Das Rebhuhn mit seinem Schnabel pickt,

    1271
    Daß mancher drob zu Tod erschrickt.
    So war Festung Küstrin. Sie galt für »unüberwind-
    lich«. Daß sie sich nicht jederzeit als solche bewähr-
    te, lag an anderem als an dem Mangel oder der Un-
    zureichendheit ihrer Befestigungen.
    Dies führt uns, mit Übergehung seiner nicht bedeu-
    tenden Erlebnisse während des Dreißigjährigen Krie-
    ges, auf seine zwei

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