Wanderungen durch die Mark Brandenburg
ritt dieser heim
und ließ den Sattel mitsamt dem Bartenspieß in sei-
nem Marstall aufbewahren.
Er kam, wie die meisten unserer früheren Hohenzol-
lern, nicht hoch zu Jahren. Allerlei Krankheit trübte
seinen Ausgang, und ein offener Wundschaden am
Fuß, den er gegen den Rat seiner Ärzte zuheilen ließ,
1259
verschlimmerte seine Leiden. Er suchte Heilung, erst
in Hirschberg, dann in Karlsbad, und an letzterem
Orte war es, daß noch viele Jahre später ein Stein
mit der Inschrift »Markgraf Hans von Küstrin« ge-
zeigt wurde. Aber alle diese Quellen verschafften ihm
kaum Linderung, geschweige Besserung, und als er
in der ersten Januarwoche 1571 die Nachricht emp-
fing, daß sein Bruder, der Kurfürst, auf seinem Jagd-
schlosse zu Köpenick plötzlich gestorben sei, mochte
er das Herannahen seines eigenen Endes fühlen.
Eine Ohnmacht überfiel ihn, und als er aus ihr er-
wachte, ließ er seinen Hofprediger und Generalsu-
perintendenten Dr. Cölestinus zu sich rufen. Dieser
kam und setzte sich mit an den Tisch, auf dem Spei-
sen aufgetragen waren, und als das Gebet gespro-
chen, sagte der Markgraf: »Hilf Gott! Wie arme Leute
sind wir! Wär ich doch schier in einer Ohnmacht da-
hingegangen. Ach, was ist das Leben. Dolor et labor.
Lieber Gott, gib, daß wir seliglich sterben.«
Das war am 12. Januar. Die Nacht darauf schied er
aus dieser Zeitlichkeit. Schon fünfzehn Jahre vorher
hatte er sich unter dem Marmoraltar seiner Küstriner
Schloßkirche ein Grabgewölbe herrichten und dem-
selben auch eine Inschrift geben lassen. Und zwar
standen an einer in die Wand eingelassenen Mes-
singtafel die folgenden Worte: »Johannes, Markgraf
zu Brandenburg, ein Sohn Markgraf Joachims I., Kur-
fürsten zu Brandenburg, hat durch Gottes Vorsehung
im Jahre 1536 angefangen, die reine Lehre des E-
vangelii und Wortes Gottes, inhalts Augsburgischer
Konfession, nach prophetischer und apostolischer
Schrift allhier zu Küstrin öffentlich lehren zu lassen, 1260
und ist in solchem Bekenntnis, Er und die Seinigen,
aus Gnaden des Allmächtigen beständig geblieben.
Solus spes mea Christus.«
In dieser Gruft wurde Markgraf Hans in feierlicher
Weise beigesetzt, und die Chronisten geben eine
Beschreibung davon, nicht viel kürzer als die Be-
schreibung seines Lebens. Er war ohne männliche
Deszendenz gestorben, und so fiel die Neumark,
nach einer verhältnismäßig kurzen Trennung von der
Kurmark, wieder an diese zurück.
Es erübrigt uns noch ein Blick auf seinen Charakter,
den anzudeuten schon die vorstehende Schilderung
seines äußeren Lebensganges Gelegenheit bot, wes-
halb einige Aussprüche sich an dieser Stelle wieder-
holen werden. Er war klug und scharfblickend, ein
Mann der Ordnung und des Gesetzes, ein glänzender
Haushalter und ein unermüdlicher Begründer eige-
nen und fremden Wohlstandes. Das machte ihn
volkstümlich. Aber alle diese Tugenden grenzten an
ebenso viele Fehler. Sein Scharfblick, in Argwohn
und Mißtrauen ausartend, ließ ihn den Spruch:
Unter Tausenden trau einem recht,
Bis du erkennst ihn treu oder schlecht,
zu seinem Lieblingsspruche wählen, und die Handha-
bung des Gesetzes trieb er mit einer eisernen Stren-
ge und Unnachsichtigkeit, daß er den Beinamen Se-
verus erhielt und verdiente. Es war zu rühmen, daß
er sich beflissen zeigte, das Räuber- und Mordbren-
1261
nerwesen, das an der Tagesordnung war, mit Stumpf
und Stiel auszurotten, aber es war zu streng, zu
streng auch aus dem Geiste seiner Zeit heraus, Flucher, die schon wiederholentlich wegen Fluchens
bestraft worden waren, schließlich hinrichten zu las-
sen. Sooft er Todesurteile zu bestätigen hatte, tat er
es mit dem Worte: »Auferas malum e medio populi
tui«, und wer für Verbrecher zu bitten kam, erhielt
einfach die Antwort: »Fiat justitia et pereat mun-
dus.«
Sein Kardinalfehler war der Geiz , in den seine weise Sparsamkeit beständig ausartete. Wenn sein Kanzler
Barthold von Mandelsloh in seidenen Strümpfen vor
ihm erschien und er ihm zurief: »Bartholde, ich hab
auch seidene Strümpfe, aber ich trage sie nur sonn-und festtags«, so mag das als ein humoristisch an-
klingender Zug lächelnd und dankbar hingenommen
werden, wenn er aber, nach Art mancher modernen
Adeligen, das Prinzip verfolgte, Rechnungen auf lan-
ge Zeit hin unbezahlt zu lassen, so wird ihm dies
schwerlich als Zierde angerechnet werden können.
Sein Nürnberger Büchsenmacher kannte
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