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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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einen
    zugespitzten, etwa sechs Fuß hohen Granit-
    stein errichtet, der die Inschrift trägt: »Hier
    überdachte Friedrich der Einzige als Kronprinz
    die Pläne, die er als König zur Ausführung
    brachte.«

    II
    Seitdem das vorstehende Kapitel geschrieben ward, ward auch von andrer Seite her der Versuch gemacht, der darin angeregten Frage näherzutreten. Hauptmann Becher vom Ruppiner Regiment Nr. 24 (zur Zeit Compagnieführer im 3. ostpreußischen Regiment Nr. 4 in Danzig) hat mit Hülfe der umfangreichen Korrespondenz aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts festzustellen gesucht, wie die Ruppiner Tage des Kronprinzen verliefen , und dieser reichen und den Gegenstand vielleicht erschöpfenden Be-cherschen Arbeit ist es, daß ich auszugsweise das Material zu nachstehendem entnommen habe.
    Unterm 13. Juni 1734 wurde seitens des strengen
    Vaters eine Instruktion 1) aufgesetzt, die bestimmt 141
    war, die Lebensweise des »Kronprinzen Liebden« zu
    regeln.
    Darin heißt es:
    »Wenn Er zu Hause speiset, so soll Seine Tafel nicht mehr als von acht Schüsseln sein, jedesmal vier und
    vier, des Abends aber soll weiter nichts als kalter
    Braten gegeben werden. Insonderheit befehlen Seine
    Königliche Majestät, daß an Seiner, des Kronprinzen,
    Tafel nichts gesprochen werde, so wider Gott und
    dessen Allmacht, Weisheit und Gerechtigkeit noch
    wider dessen heiliges Wort läuft; desgleichen denn
    keine groben Scherze noch schmutzige Zoten ge-
    sprochen werden müssen, falls aber sich jemand in
    des Kronprinzen Gegenwart so weit vergäße, so soll
    ihm gesagt werden, que ce ne sont point des dis-
    cours qu'on doit tenir en presence du Prince Royal,
    et qu'il voudrait mieux de parler d'autres affaires.
    Alle Sonntage soll der Kronprinz dem Gottesdienst
    beiwohnen, auch alle Woche zwei- bis dreimal in die
    Betstunde mitgehn.
    Und dieweilen nach dem göttlichen Wort Unzucht , Saufen und Spielen ernstlich verboten ist, wollen sich Seine Königliche Majestät von Dero Kronprinzen
    Liebden dergleichen weder versehen noch vermuten.
    Falls aber doch ein Exzeß stattfinden und des Kronprinzen Liebden (was Gott verhüten wolle) in Sünde
    und Laster verfallen sollte, so befehlen Seine Königli-
    che Majestät denen beiden Generalmajors von Schu-
    lenburg und von Kleist, Ihm darüber sofort gehörige

    142
    Erinnerung zu tun und Ihn aufs höchste zu bitten
    und zu ermahnen, davon abzustehen, zugleich aber
    alles an Seine Königliche Majestät per Estafette zu
    melden. Auch sollen Kronprinzen Liebden nicht Kar-
    ten noch Würfel spielen, auch nicht Paar oder Unpaar
    oder wie die Spiele sonst noch heißen mögen.«
    So einige der wichtigsten Punkte der im ganzen fünfundzwanzig Paragraphen umfassenden Instruktion.
    Worauf der König vorzugsweise Gewicht legte, das
    war Einfachheit und Sparsamkeit, anständiger Ton,
    Kirchlichkeit und Keuschheit.
    Daß der Kronprinz diesem Ideale während seiner
    Ruppiner Tage nachgekommen wäre, wird sich nicht behaupten lassen. Von der Keuschheit gar nicht zu
    reden, ward allwöchentlich mit Sehnsucht auf die
    Delikatessen bringende Hamburger Post gewartet,
    und wie's drittens und letztens mit dem »anständi-
    gen Tone« und der Kirchlichkeit aussah, dafür mag die nachstehende Geschichte zeugen, die Büsching
    erzählt.
    »Einige Male (und zwar immer zur Tafelzeit) war der
    Feldprediger beim Kronprinzen erschienen und hatte
    bei der Gelegenheit im Gespräche mit dem ihn emp-
    fangenden. Adjutanten darauf hingewiesen, ›daß er
    bei dem vorhergehenden Herrn Obersten regelmäßig
    zu Mittag gespeist habe‹. Der Kronprinz ließ ihn aber
    nichtsdestoweniger abweisen und sprach in Gegen-
    wart der Offiziere geringschätzend von ihm. Der
    Feldprediger nahm draus Veranlassung, in seinen
    Predigten auf den Kronprinzen zu sticheln. ›Herodes‹

    143
    (so hieß es in einer dieser Predigten) ›lasse die He-
    rodias vor sich tanzen und ihr hinterher des Johan-
    nes Kopf geben.‹ Herodes war der Kronprinz, Hero-
    dias das lustige Offiziercorps, der Johannes aber be-
    deutete natürlich den nicht zur Tafel geladenen Feld-
    prediger. Um ihn für diese Stichelreden zu strafen,
    begab sich der Kronprinz nächtlicherweile mit einigen
    jungen Offizieren des Regiments in des Feldpredigers
    Wohnung, auf deren Hof eine große Pfütze war. Und
    nun wurden ein paar Scheiben eingeschlagen,
    Schwärmer in die Schlafkammer geworfen und der
    Feldprediger aus dem Bett in den Hof oder mit an-
    dern Worten in die

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