Wanderungen durch die Mark Brandenburg
eines
Umwegs, um die Außenseite der Mauer und dadurch
zugleich den »Wall« zu gewinnen.
Seine schattigen Gänge führen uns jetzt nach »A-
malthea«.
Hier im Garten ist noch manches, wie's ehedem war.
Allerhand Neubauten entstanden, aber die Einfas-
sung blieb, und die hohen Platanen im Hintergrunde,
die über die Mauer hinweg mit den draußen stehen-
den Bäumen Zwiesprach halten, sind noch lebendige
Zeugen aus den friderizianischen Tagen her.5) Vor
allem existiert noch der »Tempel« selbst. Aber frei-
lich, es sind keine Säulen mehr, die das Kuppeldach
tragen, sondern ein solides Mauerwerk mit Tür und
Fenstern ist an ihre Stelle getreten und bildet ein
mäßig großes Rundzimmer, das eben ausreicht zu
einem Souper zu sechs.
Wir sind die glücklich Geladenen. Der Wein lacht in
den Gläsern, die Girandolen brennen, und vom Gar-
ten her durch die offenstehende Tür treffen Mond-
licht und Abendkühle den froh versammelten Kreis.
Es ist, als wäre die alte Zeit wieder da, und unge-
sucht wird unser Beisammensein zu einer Darstel-
lung aus: »Kronprinz Friedrich in Ruppin«. Unsre Kostüme freilich lassen viel vermissen (denn an was
erinnerten unsere Reiseröcke weniger als an die sil-
bergestickten Uniformen der Offiziere des kronprinz-
lichen Regiments), aber was den Kostümen fehlt,
wird aufgewogen durch die künstlerische Treue der
Coulissen und Requisiten. Die Spiegel mit ihren
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Rähmen in Barock, die Tische mit ihren ausge-
schweiften Füßen, die Atlasgardinen, endlich das die
»Geburt der Venus« darstellende Deckenbild – alles
erinnert an jenes aus prosaischen und poetischen
Elementen so reizvoll und so wunderlich gemischte
Stück Zeit, das sein Kleid in den Schlössern der Lud-
wige, seinen historischen Gehalt aber in den Schlös-
sern der Friedriche empfing. Und dort ist er selbst,
der seinem Jahrhundert den Namen gab. Aus der
Nische hervor leuchtet sein Auge, um ihn her aber,
an den Wandpfeilem entlang, schließt sich ein bunter
Kreis von Zeitgenossen: Prinz Heinrich und Voltaire,
Zieten und Lessing, Gluck und Kant.
Unsere Gläser klingen zusammen.
»Es lebe die alte Zeit.«
Aber draußen schlugen die Nachtigallen, und ihr
Schlagen klang wie ein Protest gegen die »alte Zeit«
und wie ein Loblied auf Leben und Liebe.
1. Amalthea, die Nymphe, welche den Jupiter
mit der Milch einer Ziege emährte, auch diese
Ziege selbst. Also hier etwa Milchwirtschaft,
Meierei .
2. Dieser von Knobelsdorff ist nicht Georg Wen-
zeslaus von K., der berühmte Baumeister und
Freund des Königs, sondern Karl Siegmund
von K. aus dem Hause Bobersberg. Er blieb
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bei Chotusitz (Czaslau). Georg kam allerdings
1735 auf Besuch nach Ruppin, legte den Gar-
ten an und baute den »Tempel«, der auf einer
Kuppel die Statue Apollos trug. Der Besuch
wird aber nur wenige Wochen gedauert ha-
ben. Andererseits wiederum, so kurz dieser
Aufenthalt war, war er doch lang genug, um
G. von K. 1736 von Rom aus schreiben zu
lassen: »Die Instrumentalmusik hier hat mich
noch nie in Verwunderung gesetzt, und ich
wünschte wohl, denen Römern ein Ruppin-
sches Konzert hören zu lassen.«
3. Chevalier Chazot, der während der Rhein-
campagne (1734) im französischen Heere
diente, hatte das Unglück, einen Anverwand-
ten des Herzogs von Bouffiers im Duell zu tö-
ten. Er floh deshalb in das Lager des Prinzen
Eugen, zunächst nicht, um in Dienst zu tre-
ten, sondern nur, um ein Asyl zu finden. Beim
Prinzen Eugen lernte ihn der Kronprinz ken-
nen, dem er später nach Ruppin hin folgte.
4. Bielefeld schreibt allerdings 1754: »Der Prinz
Ferdinand hat in Ruppin, wo sein Regiment
steht, kein passendes Palais gefunden , be-
sonders für den Fall seiner Vermählung. Er
kaufte daher einige Häuser und Gärten, die er
vereinigte und bequem und schön einrichtete.
Der Garten besonders ist freundlich, und alle
Nachtigallen der Gegend scheinen darin zu-
sammenzukommen.« Dies klingt so, als ob
Prinz Ferdinand nicht das Palais bezogen hät-
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te, das sein älterer Bruder als Kronprinz be-
reits innegehabt und das seit 1740 leer stand.
Und in der Tat, möglich ist es, daß ein Prinz-
Ferdinands-Palais eigens erst eingerichtet
wurde, wahrscheinlicher aber erscheint es
mir, daß der Prinz das Palais bezog, das nun
einmal da war. Auch stimmt die Beschreibung
ganz zu der Lokalität, die der Kronprinz be-
wohnt hatte.
5. In ebendiesem Garten hat der Besitzer
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