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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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abtraten. Wir überge-
    hen die Jahrhunderte, wo abwechselnd der Küstriner
    Markgraf und der Sonnenburger Heermeister hier
    Landeshoheit übten, und beginnen mit verhältnismä-
    ßig neuer Zeit, mit Hans Adam von Schöning, der,
    nach einem ruhmvollen Türkenzuge, wenigstens vo-
    rübergehend in die Stille seines väterlichen Tamsels
    zurückkehrte und das bis dahin aller Wahrscheinlich-
    keit nach wenig wertvolle Gut in einen prächtigen
    Landsitz umzuschaffen begann.
    Hans Adam von Schöning, bei dessen tatenreichem
    Leben wir weiterhin länger und eingehender zu ver-
    weilen haben werden, machte Tamsel im wesentli-

    1345
    chen zu dem, was es jetzt ist, und wenn Um- und
    Neubauten auch dem Schloß und Park von damals
    eine nach außen hin veränderte Gestalt gegeben
    haben, so ist doch in seiner inneren Einrichtung und
    Ausschmückung gerade noch genug vorhanden, um
    uns ein Bild von dem Reichtum zu geben, der hier
    damals zusammenfloß, als ob es eigens darauf ange-
    kommen wäre, einen Sitz märkischer Schlichtheit in
    einen Sitz voll fürstlicher Pracht umzuwandeln. Grie-
    chische Handwerker, die Hans Adam von seinem
    Siegeszuge mit heimbrachte, füllten das rasch em-
    porwachsende Schloß mit Reliefbildern und Skulptu-
    ren, und alle Hallen und Säle trugen Stuckornamen-
    te, die bis in unsere Tage hinein die Bewunderung
    der Fremden zu sein pflegten. Alle Zimmer waren
    paneeliert, die Wände der Galerie aber glänzten bis
    hoch hinauf im Schmuck einer kostbaren Holzbeklei-
    dung, in deren Tafelwerk die großen, goldumrahmten
    Bilder kunstvoll eingelassen waren. Unter diesen Bil-
    dern befanden sich vor allem die lebensgroßen Port-
    raits Hans Adams und seiner Gemahlin: sie unter Blumen, von ihren Kindern umspielt, er zu Roß, den Feldmarschallsstab in der Rechten und die Füße bis
    hoch hinauf in scharlachrote Gamaschen gesteckt.
    Und vieles von dieser Pracht ist dem Schlosse bis
    diesen Tag erhalten geblieben. Noch hängen Jagd-
    und Blumenstücke von der Hand niederländischer
    Meister in den halb erleuchteten Korridoren; noch
    blitzen die Boiserien der Gemäldegalerie wie in alter
    Zeit, und die Scharlachgamaschen des Feldmar-
    schalls mahnen noch immer an den Sturm auf Ofen,
    wo knietief im Blute gewatet wurde. Nur die Stuck-
    ornamente, die pausbäckigen Engel, die in die Tuba

    1346
    bliesen, und Mars und Minerva, die aufhorchten, als
    hätten sie solche Klänge nie vernommen, nur diese
    Deckenreliefs erfreuen das Auge nicht länger. Wegen
    ihrer Fährlichkeit von Fries und Decke losgelöst, teil-
    ten sie das Schicksal des großen Schöningschen
    Wappensteins, der früher die Front des Schlosses
    krönte und seitdem, herabgenommen und beiseite
    gestellt nur selten noch ein Auge findet, das sich
    durch ihn an alte Zeit und alten Ruhm erinnern läßt.
    Uns aber erinnert er daran, und so erzählen wir zu-nächst die Geschichte Hans Adams, des Erbauers des
    Schlosses.

    Hans Adam von Schöning

    Kaum gebiet ich dem kochenden Blute;
    Gönn ich ihm die Ehre des Worts?
    Oder gehorch ich dem zürnenden Mute?
    Schiller

    Hans Adam von Schöning wurde am 1. Oktober 1641
    zu Tamsel geboren. Sein Vater, ebenfalls ein Hans
    Adam, war Rittmeister in brandenburgischen Diens-
    ten und hatte sich das Jahr vorher mit Marianne von

    1347
    Schapelow auf Wulkow vermählt. Eine andere von
    Schapelow, vielleicht eine Schwester Mariannens,
    heiratete sechs Jahre später, wie bereits an anderer
    Stelle hervorgehoben, den damaligen schwedischen
    Generalmajor Georg von Derfflinger.
    Über die Art, wie Hans Adam seine Kindheit und Ju-
    gend im elterlichen Hause zubrachte, fehlt es an
    Nachrichten. 1658 ging er nach Wittenberg, um die
    Rechte zu studieren, 1659 nach Straßburg,
    1660 nach Paris. Er hatte damit das begonnen, was
    man damals und auch später noch als die »große
    Tour« bezeichnete, den Besuch der Höfe und Haupt-
    städte des westlichen Europa. Nach längerem Ver-
    weilen in Paris, wo der Gesandte Kaspar von Blu-
    menthal seinen brandenburgischen Landsmann am
    Hofe Ludwigs XIV. einführte, begab er sich zunächst
    über Turin und Mailand nach Venedig, besuchte im
    selben Jahre noch Rom, Neapel, Messina und Syra-
    kus, erschien im September 1662 vor dem Groß-
    meister des Malteserordens auf Malta, bat um die
    gern gewährte Ehre, einen Streifzug gegen die Un-
    gläubigen mitmachen zu dürfen, wandte sich dann
    nach glücklicher Rückkehr von Malta nach Spanien,
    von Spanien nach England und kehrte über

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