Wanderungen durch die Mark Brandenburg
abtraten. Wir überge-
hen die Jahrhunderte, wo abwechselnd der Küstriner
Markgraf und der Sonnenburger Heermeister hier
Landeshoheit übten, und beginnen mit verhältnismä-
ßig neuer Zeit, mit Hans Adam von Schöning, der,
nach einem ruhmvollen Türkenzuge, wenigstens vo-
rübergehend in die Stille seines väterlichen Tamsels
zurückkehrte und das bis dahin aller Wahrscheinlich-
keit nach wenig wertvolle Gut in einen prächtigen
Landsitz umzuschaffen begann.
Hans Adam von Schöning, bei dessen tatenreichem
Leben wir weiterhin länger und eingehender zu ver-
weilen haben werden, machte Tamsel im wesentli-
1345
chen zu dem, was es jetzt ist, und wenn Um- und
Neubauten auch dem Schloß und Park von damals
eine nach außen hin veränderte Gestalt gegeben
haben, so ist doch in seiner inneren Einrichtung und
Ausschmückung gerade noch genug vorhanden, um
uns ein Bild von dem Reichtum zu geben, der hier
damals zusammenfloß, als ob es eigens darauf ange-
kommen wäre, einen Sitz märkischer Schlichtheit in
einen Sitz voll fürstlicher Pracht umzuwandeln. Grie-
chische Handwerker, die Hans Adam von seinem
Siegeszuge mit heimbrachte, füllten das rasch em-
porwachsende Schloß mit Reliefbildern und Skulptu-
ren, und alle Hallen und Säle trugen Stuckornamen-
te, die bis in unsere Tage hinein die Bewunderung
der Fremden zu sein pflegten. Alle Zimmer waren
paneeliert, die Wände der Galerie aber glänzten bis
hoch hinauf im Schmuck einer kostbaren Holzbeklei-
dung, in deren Tafelwerk die großen, goldumrahmten
Bilder kunstvoll eingelassen waren. Unter diesen Bil-
dern befanden sich vor allem die lebensgroßen Port-
raits Hans Adams und seiner Gemahlin: sie unter Blumen, von ihren Kindern umspielt, er zu Roß, den Feldmarschallsstab in der Rechten und die Füße bis
hoch hinauf in scharlachrote Gamaschen gesteckt.
Und vieles von dieser Pracht ist dem Schlosse bis
diesen Tag erhalten geblieben. Noch hängen Jagd-
und Blumenstücke von der Hand niederländischer
Meister in den halb erleuchteten Korridoren; noch
blitzen die Boiserien der Gemäldegalerie wie in alter
Zeit, und die Scharlachgamaschen des Feldmar-
schalls mahnen noch immer an den Sturm auf Ofen,
wo knietief im Blute gewatet wurde. Nur die Stuck-
ornamente, die pausbäckigen Engel, die in die Tuba
1346
bliesen, und Mars und Minerva, die aufhorchten, als
hätten sie solche Klänge nie vernommen, nur diese
Deckenreliefs erfreuen das Auge nicht länger. Wegen
ihrer Fährlichkeit von Fries und Decke losgelöst, teil-
ten sie das Schicksal des großen Schöningschen
Wappensteins, der früher die Front des Schlosses
krönte und seitdem, herabgenommen und beiseite
gestellt nur selten noch ein Auge findet, das sich
durch ihn an alte Zeit und alten Ruhm erinnern läßt.
Uns aber erinnert er daran, und so erzählen wir zu-nächst die Geschichte Hans Adams, des Erbauers des
Schlosses.
Hans Adam von Schöning
Kaum gebiet ich dem kochenden Blute;
Gönn ich ihm die Ehre des Worts?
Oder gehorch ich dem zürnenden Mute?
Schiller
Hans Adam von Schöning wurde am 1. Oktober 1641
zu Tamsel geboren. Sein Vater, ebenfalls ein Hans
Adam, war Rittmeister in brandenburgischen Diens-
ten und hatte sich das Jahr vorher mit Marianne von
1347
Schapelow auf Wulkow vermählt. Eine andere von
Schapelow, vielleicht eine Schwester Mariannens,
heiratete sechs Jahre später, wie bereits an anderer
Stelle hervorgehoben, den damaligen schwedischen
Generalmajor Georg von Derfflinger.
Über die Art, wie Hans Adam seine Kindheit und Ju-
gend im elterlichen Hause zubrachte, fehlt es an
Nachrichten. 1658 ging er nach Wittenberg, um die
Rechte zu studieren, 1659 nach Straßburg,
1660 nach Paris. Er hatte damit das begonnen, was
man damals und auch später noch als die »große
Tour« bezeichnete, den Besuch der Höfe und Haupt-
städte des westlichen Europa. Nach längerem Ver-
weilen in Paris, wo der Gesandte Kaspar von Blu-
menthal seinen brandenburgischen Landsmann am
Hofe Ludwigs XIV. einführte, begab er sich zunächst
über Turin und Mailand nach Venedig, besuchte im
selben Jahre noch Rom, Neapel, Messina und Syra-
kus, erschien im September 1662 vor dem Groß-
meister des Malteserordens auf Malta, bat um die
gern gewährte Ehre, einen Streifzug gegen die Un-
gläubigen mitmachen zu dürfen, wandte sich dann
nach glücklicher Rückkehr von Malta nach Spanien,
von Spanien nach England und kehrte über
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