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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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komplot-
    tieren, au contraire es Seiner Königlichen Majestät
    hätte angeben sollen, so wissen Seine Majestät
    nicht, was vor kahle Raisons das Kriegsrecht ge-
    nommen und ihm das Leben nicht abgesprochen
    hat.«
    Es ist nur eines , was uns in diesem Schreckens-
    schauspiel – denn ein solches bleibt es – widerstrebt
    und widersteht: der König wechselt hier die Rolle mit
    dem Richter. Er läßt das Recht über die Gnade ge-
    hen . Und das soll nicht sein.
    Wenn aber etwas damit versöhnen kann, so ist es
    das , daß er dies im eigenen Herzen empfunden hat.
    Hören wir noch einmal ihn selbst: »Wenn das Kriegs-
    recht dem Katten die Sentenz publizieret, so soll ihm
    gesagt werden, daß es Seiner Königlichen Majestät
    leid täte ; es wäre aber besser, daß er stürbe, als daß die Justiz aus der Welt käme.« Ein großartiges Wort,
    das ich nie gelesen habe (und ich habe es oft gele-
    sen), ohne davon im Innersten erschüttert zu wer-
    den. Wer will nach dem noch von Biegung des Rechtes sprechen!
    Es war ein grades Recht, freilich auch ein scharfes.
    Und das Schwert , das zuletzt diese Schärfe besiegelte – es existiert noch. Die Familie Katte selbst besitzt es , und auf dem alten Katten-Gute Vieritz, eine Meile von Wust, wird es bis diese Stunde aufbewahrt.

    1342
    Dreimal wurd es gebraucht, und drei Namen sind
    eingekritzelt. Der dritte und letzte aber heißt: Hans
    Hermann von Katte.

    1. Wie die Armee über den Fall dachte, darüber
    geben die » Kriegsgerichtsprotokolle «, über
    die ich weiter oben ausführlich gesprochen,
    den besten Aufschluß. Das »Kriegsgericht« als
    Ganzes entschied in seiner Schlußsitzung am
    28. Oktober allerdings für lebenslängliche
    Festungsstrafe. Liest man aber die einzelnen
    Protokolle, will sagen die Separatvota der fünf
    Ranggruppen durch, so ergibt sich, daß eine
    Majorität von neun Stimmen (die Majore, die
    Oberstlieutenants und die Obersten) für Tod
    und eine Minorität von sieben Stimmen (die
    Capitaine und die Generalmajore, dazu der
    Vorsitzende selbst) für lebenslängliche Fes-
    tung stimmten. Der König, als er das Urteil
    schärfte, stieß also nur das Schlußurteil um,
    das unter dem hohen moralischen Ansehen
    der mildesten und vornehmsten: Achaz von
    der Schulenburg, General Graf Schwerin und
    General Graf Dönhoff, sich gebildet hatte, und
    griff auf die vorher dagewesene Majorität der
    Einzelstimmen zurück.

    2. Diese Komplotte waren nichts weniger als
    harmloser Natur und nahmen auf die Lage
    des Königs und des Landes nicht die geringste
    Rücksicht. England (um nur einen Fall he-

    1343
    rauszugreifen) sollte helfen, und der englische
    Legationssekretär Guy Dickens ward ins Ver-
    trauen gezogen. Er übernahm es auch, sei-
    nem Hofe Vorstellungen zu machen, brachte
    jedoch einen Refus zurück, »weil ein Sichein-
    mischen das Feuer an allen Ecken in Europa
    anzünden und die Brouillerien mit England
    nur noch stärker machen würde«. Man er-
    kennt in dieser englischen Antwort sehr gut
    den starken und ernsten politischen Hinter-
    grund, den der ganze Hergang hatte.

    Tamsel

    Hoch ragt aus schattigen Gehegen
    Ein schimmerndes Schloß hervor.
    Chamisso

    I
    Tamsel ist ein reiches, schön gelegenes Dorf, etwa
    eine Wegstunde nordöstlich von Küstrin. Waldhügel,
    deren gewundene Linien mutmaßlich das alte Bett
    der Warthe bezeichnen, schließen es von Norden her
    ein, während nach Süden hin die Landschaft offen
    liegt und die Flußarme in allerlei Windungen sich
    durch das Bruchland ziehen.

    1344
    Die Küstriner hängen mit einer Art Begeisterung an
    Tamsel, und bei bloßer Namensnennung überfliegt
    ein Lächeln ihre Züge, nicht unähnlich jener stillen
    Heiterkeit, mit der echte Berliner, soweit es deren
    noch gibt, den Namen »Charlottenburg« auszuspre-
    chen pflegen. Hier wie dort mischt sich kein Stolz
    über Historisches in dieses Lächeln; es ist vielmehr
    nur der Ausdruck eines plötzlich wiederbelebten
    Wohlgefallens, einer freundlichen Rückerinnerung an
    Park und Schloß, an Wasserpartien und Feuerwerke,
    an allerlei bunte Landschaftsbilder überhaupt, die bei
    dem freundlichen Klange noch einmal an dem inne-
    ren Auge vorüberziehen.
    Und doch ist Tamsel ein historischer Name, wie
    Charlottenburg ein solcher ist. Er hat selbst eine
    Vorgeschichte. Wir verweilen aber nicht bei dieser
    und versuchen nicht festzustellen, wann die Templer
    in seinen Besitz kamen und wann sie diesen ihren
    Besitz an den Johanniterorden

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