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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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litauischen Bauern schlagen die Schweden mit
    Keulen tot und legen die Keulen alsdann auf den er-
    schlagenen Körper.«
    So war die Lage des schwedischen Heeres. Aber wir
    würden irren, wenn wir daraus den Schluß ziehen
    wollten, daß es ein leichtes gewesen wäre, diesem
    Heere zu folgen. Das Folgen selbst, ganz abgesehen
    von Kampf und Krieg, war ein Schrecknis. Die Kälte
    stieg oft auf sechsundzwanzig Grad, vielen erfroren
    ganze Gliedmaßen, niemand hatte Geld, und die we-
    nigen, die noch eine Münze in der Tasche hatten,
    konnten meist nichts dafür erstehen. So näherte
    man sich Telcze, einem Städtchen etwa halben We-
    ges zwischen Tilsit und Riga und nur fünf Meilen
    noch von der kurischen Grenze (damals schwedisch)
    entfernt. Hier beschloß Horn, der ohnehin mit Be-
    schämung wahrgenommen haben mochte, daß der
    verfolgende Gegner um vieles schwächer sei als er
    selbst, das Glück der Waffen noch einmal zu versu-
    chen, und ziemlich unvermutet sahen sich Schöning
    und seine Brandenburger einem plötzlich standhal-
    tenden Gegner gegenüber, den man sich gewöhnt
    hatte auf diesen Schneefeldern zu verfolgen, aber
    nicht zu bekämpfen. Von dem Augenblick ab, wo sich
    Horn zu dem Entschluß eines Widerstandes aufraffte,

    1354
    war die Lage Schönings eine sehr bedrohte. Nicht-
    siegen war gleichbedeutend mit völligem Zugrunde-
    gehen. So kam es zum Gefecht bei Telcze.
    Horn hatte von seinen 16 000 noch etwa 3000 Mann
    übrig, mit ihnen eine ziemliche Anzahl von Geschüt-
    zen; Schöning, da die bittere Kälte viel Menschenle-
    ben gekostet hatte, verfügte über wenig mehr als
    1200 Reiter und Dragoner. Die Aufstellung, die er
    nahm, war kurz folgende: die Reiterei in zwei Tref-
    fen, in Front des Feindes, die Dragoner aber, nach-
    dem sie abgesessen, in ein links und rechts gelege-
    nes Gehölz, um im entscheidenden Momente die
    Schweden in beiden Flanken nehmen zu können.
    Diese glückliche Terrainbenutzung entschied den
    Tag. Oberst von Dewitz, ein Schwiegersohn Derfflin-
    gers, eröffnete den Angriff und warf einige Com-
    pagnien schwedischen Fußvolks über den Haufen;
    aber er drang nicht durch, und die Gegner ihrerseits
    machten jetzt Miene, zum Angriff überzugehen. In
    diesem Augenblicke ließ Schöning die Dragoner auf-
    sitzen und brach von zwei Seiten her mit Ungestüm
    in die vorrückenden Schweden ein. Ein Gemetzel
    begann, da jeder instinktmäßig fühlte, daß fliehen
    verderblicher sei als fechten, und erst die hereinbre-
    chende Nacht machte dem Kampf ein Ende. Keiner
    hatte ein Recht, sich den Sieg zuzuschreiben, aber
    die Schweden zogen sich in der Dunkelheit zurück
    und erklärten sich dadurch für geschlagen. Die Ver-
    luste waren auf beiden Seiten ungeheuer. Die feindli-
    chen Offiziere hatten, während des ganzen Kampfes,
    immer in langer Linie vor der Front ihrer eigenen
    Leute gefochten, und vom schwedischen Leibre-

    1355
    giment war alles tot oder verwundet. Auch Hans A-
    dam war, an der Spitze seiner Dragoner, nur durch
    die Geistesgegenwart eines Rittmeisters gerettet
    worden, der einem schwedischen Reiter das Pistol
    aus der Hand schlug, das dieser eben auf Schöning
    abfeuern wollte. An den zwei folgenden Tagen ließ
    dieser durch kleine Streifcorps die Verfolgung der
    Schweden bis in die Nähe von Riga fortsetzen; dann
    trat er selbst den Rückzug an, um dem, wie schon
    erwähnt, in Königsberg zurückgebliebenen Kurfürs-
    ten wenige Trophäen nur, aber die schwerwiegende
    Nachricht von der gänzlichen Auflösung des schwedi-
    schen Heeres zu bringen.
    Dieser glänzende Zug bis an die kurische Grenze,
    das erste Unternehmen, das Schöning in voller Selb-
    ständigkeit ausgeführt hatte, hob sein Ansehen in
    den Augen des Kurfürsten, der ihm bereits so man-
    nigfache Beweise seiner besondern Gunst gegeben
    hatte, und Hans Adam, der mit sechsunddreißig Jah-
    ren zum Generalmajor ernannt worden war, wurde
    mit zweiundvierzig Jahren Generallieutenant und
    Gouverneur von Berlin, das damals, nach Plänen des
    alten Feldmarschalls Sparr, von fünf Ravelins und
    dreizehn Bastionen eingefaßt durchaus den Charak-
    ter einer Festung hatte.
    Wir verweilen aber nicht bei den Friedensjahren un-
    seres Generallieutenants, sondern begleiten ihn statt
    dessen auf seinem Türkenzuge , bis zur Erstürmung der Festung Ofen.

    1356
    Zwischen Kaiser und Kurfürst war ein Vertrag zu ge-
    genseitiger Hülfeleistung geschlossen worden, und in
    Gemäßheit dieses Vertrages sah sich der

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