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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Recht-
    haberei den »richtigen Moment« für Barfus vorberei-
    tet hatte, verstand es dieser, ebendiesen richtigen
    Moment zu benutzen. Und zwar einfach dadurch, daß
    er der in seinen Beschwerdeschriften immer anmaß-
    licher werdenden Sprache Schönings einen Ton der
    Devotion gegenüberstellte. Dieser Ton der Devotion
    gegen den Kurfürsten und seine Regierung hatte
    nichts von einer Intrigue an sich, war vielmehr nur
    das einfache Resultat des Schlusses: »Wo Anmaßung
    verletzt hat, wird Devotion doppelt willkommen
    sein.« Und der Erfolg bewies, daß dieser Schluß ein
    richtiger gewesen war.

    1468
    So weit reichten die Gaben unseres Barfus. Als es
    sich aber sechs Jahre später darum handelte, den
    allmächtigen Eberhard Danckelmann, den Günstling
    des Kurfürsten, aus der Gunst seines Herrn zu ent-
    fernen, war es nicht genug, eine sich bietende Situa-
    tion zu benutzen, sondern es kam vielmehr darauf
    an, mittelst einer Reihenfolge kleiner, ineinandergrei-
    fender Szenen erst eine Situation zu schaffen . Dazu war Graf Christoph Dohna der Mann. Er begann folgendes Meisterspiel. Er wußte sich eine Medaille zu
    verschaffen, die Danckelmann kurz vorher zu Ruhm
    und Verherrlichung seiner Familie hatte schlagen
    lassen. Gewölk hing über Berlin; durch das Gewölk
    hindurch aber leuchtete das Siebengestirn Eberhard
    Danckelmanns und seiner sechs Brüder. Inschrift:
    »Intaminatis fulget honoribus.« Christoph Dohna,
    der die Vorliebe des Kurfürsten für Münzen und Me-
    daillen kannte, wußt es derartig einzurichten, daß
    sich im Vorzimmer ein Streit um ebendiese Medaille
    entspann. Als der Kurfürst heraustrat, um nach der
    Ursache des Lärms zu forschen, erzählte ihm Dohna,
    in erkünstelter Verlegenheit, daß es sich um eine
    Medaille handle. »Ich wünsche sie zu sehen.« – »Eu-
    re Kurfürstliche Durchlaucht werden die Medaille
    kennen.« Und damit überreichte sie Dohna. Der Kur-
    fürst betrachtete die sieben Sterne , biß sich, eifersüchtig, wie er war, auf die Lippen und reichte sie
    sichtlich verstimmt zurück. An dieser Szene ging
    Danckelmann zugrunde. Ist es wahr, daß dieser letz-
    tere von der Medaille nichts wußte, dieselbe vielmehr
    hinter seinem Rücken, auf Anstiften seiner Gegner,
    geprägt wurde, so haben wir es hier mit einer ziem-
    lich unwählerisch eingefädelten, aber von Anfang bis

    1469
    Ende klug durchgeführten Intrigue zu tun, die zwar,
    wie schon erzählt, in ihrem glücklichen Ausgang alle
    Ehren auf unsern Feldmarschall ausschüttete, aber
    von dem Glückskinde selbst weder jemals geplant
    noch durchgespielt hätte werden können.
    Wenn wir zum Schlusse Hans Albrecht von Barfus
    mit den hervorragenderen jener brandenburgisch-
    preußischen Kriegsleute vergleichen, die seitdem
    gefolgt sind, so zeigt er mit keinem eine größere
    Verwandtschaft als mit dem »alten Yorck«. Dieselbe
    Tapferkeit, dieselbe soldatische Schroffheit, dieselbe
    Strenge im Dienst und gegen sich selbst. Haß gegen
    französische Sitte, Gleichgültigkeit gegen die Frauen
    und Verachtung gegen Ausschweifung gesellen sich
    als weitere übereinstimmende Züge hinzu. Ebenso
    sind ihre Feldherrngaben nahe verwandt: kalte Ruhe,
    klares Erkennen der Fehler bei Freund und Feind,
    glückliche Benutzung des Moments. Was sie aber vor
    allem miteinander gemein haben, das ist die hohe
    Meinung von sich selbst und, infolge dieser eigenen, wie immer auch berechtigten Wertschätzung, eine
    krankhafte Reizbarkeit gegen alles das, was neben
    oder wohl gar über ihnen stand. Yorck, in seinem
    Verhältnis zu Bülow und später zu Gneisenau, erin-
    nert mehr als einmal an »Schöning und Barfus«.
    Wenn wir Yorck nichtsdestoweniger in einem helleren
    Lichte sehen, so hat das seinen Grund zu nicht un-
    wesentlichem Teile darin, daß wir die »Konvention
    von Tauroggen« dankbarer in Erinnerung tragen als
    den Tag von Szlankamen. Soll aber auch auf die sitt-
    liche Superiorität Yorcks hingewiesen werden, so

    1470
    dürfen wir, ohne dieselbe bestreiten zu wollen, doch
    der Tatsache nicht vergessen, daß es 1813 leichter
    war als hundert Jahre früher, »selbstsuchtslos im
    Dienst einer Idee zu stehen«. Die Charaktere waren
    weniger verschieden, als die Zeiten es waren .
    Mit Hans Albrecht von Barfus starb der letzte jener
    fünf brandenburgischen Feldherrn, die noch die jun-
    gen Tage des Großen Kurfürsten gesehen und die
    ersten Siege Brandenburgs unter seinen Fahnen er-
    fochten hatten: Sparr, Derfflinger,

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